Ringtheater, Wien

Das Gebäude der Komischen Oper, das 1873/74 von Emil von Förster (1838–1909) in Wien am Schottenring 7 (1. Bezirk) errichtet wurde, sollte für theatralische Vorstellungen jeder Art und des Balletts dienen und das „leichtere“ Genre beherbergen. Wegen des relativ schmalen Bauplatzes wurde das Theater unverhältnismäßig hoch (sieben Stockwerke Zuschauerraum) gebaut, zudem mit sehr verwinkelten Stiegenaufgängen. Am 17.1.1874 wurde das Theater mit Gioachino Rossinis (1792–1868) Der Barbier von Sevilla eröffnet. Albin Swoboda (1836–1901), der erste Direktor, legte schon nach zwei Monaten die Direktion zurück. In der Folge wechselte die Leitung in kurzen Abständen, zeitweise war das Theater sogar geschlossen. Friedrich Strampfer (1823–1890), der Entdecker von Josefine Gallmeyer (1838–1884), erfolgreicher Direktor des Theaters unter den Tuchlauben, übernahm 1878 die Komische Oper (die er in Ringtheater umbenannte) parallel zu seiner Direktion des Carltheaters in der Leopoldstadt, hatte jedoch auch keinen Erfolg.

Ab 1.6.1881 übernahm Franz Jauner (1831–1900) die Direktion des Theaters. Am Abend des 8.12.1881 unmittelbar vor Beginn der Vorstellung von Jacques Offenbachs (1819–1880) Hoffmanns Erzählungen, brach ein verheerender Brand aus, dem wegen fehlender Brandschutzeinrichtungen, der falschen Reaktionen des schockierten Personals und der daraus resultierenden Panik unter den Zuschauern 384 (nach anderen Quellen 386) Menschen zum Opfer fielen. Diese Katastrophe hatte strenge Brandschutzvorschriften für Theater, z. B. den „eisernen Vorhang“, zur Folge. An der Stelle der abgetragenen Brandruine wurde das sogenannte Sühnhaus errichtet, das 1945 durch einen Bombentreffer schwer beschädigt und 1951 abgetragen wurde. Heute steht dort der Neubau (1969–1974) der Wiener Polizeidirektion. Der Film Sühnhaus (A 2016) erzählt die Geschichte des Grundstücks.

Bruckners Wohnung befand sich zur Zeit des Brandes unmittelbar neben dem Theater, nur durch die schmale Heßgasse getrennt. Er hatte es ursprünglich an diesem Abend besuchen wollen, aber, da ihm das infolge einer kurzfristigen Programmänderung angesetzte Werk nicht zusagte (so berichtete später seine Schwester Rosalia [vgl. Göll.-A. 4/1, S. 684ff.]), davon abgesehen und am hohen Marienfeiertag eine Kirche (Votiv- oder Schottenkirche) besucht. Als er den Gottesdienst verließ, hatte die Katastrophe bereits ihren Höhepunkt erreicht, und nur der Fürsorge zweier Schüler (Josef Vockner und dessen Schwager Richard Schönberger, der dem verstörten Bruckner die Nacht über Gesellschaft leistete) ist es zu verdanken, dass Bruckner sich einigermaßen beruhigte. Das Entsetzen über die große Zahl der Opfer, die Bedrohung seiner Wohnung und seiner darin aufgestapelten Partituren durch Flammen und Funkenflug (die Fensterbretter seiner Wohnung waren bereits angekohlt), besonders aber die Tatsache, dass er selbst nur knapp dem Tod entgangen war, hinterließen in Bruckners Gemüt bleibende Spuren (Persönlichkeit).

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.9.2017

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Abbildungen

Abbildung 1: Franz Jauner, in: Illustrirte Zeitung 4.12.1875, S. 461

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft