Bruckner, Familie

Der Name Bruckner ist in Oberösterreich weit verbreitet und zusammen mit vagen Überlieferungen veranlasste er manche Träger dieses Familiennamens, sich auf eine Verwandtschaft mit dem Komponisten zu beziehen. Bis jetzt wurden hierzu keine positiven Forschungsergebnisse bekannt. Dagegen ließ sich bei einem Volksschullehrer aus dem 19. Jahrhundert eine – jedoch nicht eindeutige – genealogische Verbindung nachweisen. Die Ahnenforschung war lange in Irrtümer verstrickt und erst Ernst Schwanzara beschritt (ab 1932/33) zielführende Wege mit gesicherten Ergebnissen. Von dieser Basis ausgehend lieferten ab ca. 1955 die Autoren Othmar Wessely, Gerhard Hartmann (1913–1983) und Heinz Schöny (1912–2005) Beiträge für einen gewissenhaft erstellten Stammbaum. Die Linie des Bruckner-Stammes führt schon beim Großvater in das niederösterreichische Voralpenbecken und besteht dort bis an die Grenze der Nachweisbarkeit. Die väterlichen Vorfahren vertauschten sehr bald den bäuerlichen Beruf mit dem gewerblichen und bürgerlichen. Die Ahnenreihe der Mutter besteht fast ausnahmslos aus Bürgersleuten und Gewerbetreibenden. Die Ahnentafel Bruckners weist Eintragungen bis zur neunten Generation auf. Die folgenden Ausführungen beginnen mit Bruckners Großeltern.

Bruckners Großeltern väterlicherseits
Josef Bruckner: * 23.11.1749 Oed, Niederösterreich/A, † 21.4.1831 Ansfelden, Oberösterreich/A. Sohn des Bindermeisters und Gastwirts Joseph Pruckhner und seiner Frau Theresia, geb. Berger; die Zwillingsschwester wurde auf den Namen Catharina getauft. Josef B. wechselte vom Beruf des Fassbinders zum Lehrer. Nach einigen Jahren als Schulgehilfe erhielt er die „Lehrbefähigungs-Bestätigung“ (datiert Linz 4.6.1777) und wurde Ansfeldener Schulmeister (wahrscheinlich um 1776) als Nachfolger seines späteren Schwiegervaters Sebastian Kletzer (* 1716 [Ort?], † 18.9.1776). Er versah die von altersher eng miteinander verbundenen Kirchen- und Schuldienste bis zum freiwilligen Rücktritt in beiden Funktionen (datiert mit 25.7.1822) zugunsten seines Sohnes Anton d. Ä. Dazu kam noch die Funktion als herrschaftlicher Amtmann.
Franziska (geb. Kletzer): * 28.2.1752 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 6.9.1809 Ansfelden. Tochter des Lehrers Sebastian Kletzer und seiner Frau Anna Maria, geb. Fellner. Heirat mit Josef B. am 4.8.1777 in Ansfelden.

Die Familie lebte in kleinbürgerlichen, aber beengten Verhältnissen und war von materieller Not des Alltags befreit, denn trotz der schweren Zeiten im Zuge der Napoleonischen Kriege und ihrer Folgewirkungen bestand ein bescheidener Wohlstand. Von den zwölf Kindern überlebten die unzweifelhaft taube, vielleicht später dazu noch erblindete Anna Maria (* 24.11.1784 Ansfelden, † 8.8.1855 Ebelsberg, Oberösterreich/A), welche unverheiratet in Ansfelden bei Vater Josef und Bruder Anton d. Ä. lebte, erst 1852 ist sie im Ortskern von Ebelsberg auf Nr. 7o – im gleichen Haus wie die Witwe und Schwägerin Theresia Bruckner – fassbar; Josepha (* 27.12.1785 Ansfelden, † 17.9.1826 Hörsching, Oberösterreich/A), die am 10.5.1802 den Schulmeister Joseph Weiß (* 27.9.1772 Hörsching, † 8.9.1850 Hörsching; Johann Baptist Weiß) heiratete; sowie Anton d. Ä.

Bruckners Großeltern mütterlicherseits
Johann Ferdinand Helm: * 29.5.1769 Sierninghofen, Oberösterreich/A, † 17.7.1816 Neuzeug, Oberösterreich/A. Sohn des Messermeisters Ferdinand Helm und seiner Frau (Maria Anna) Barbara Glinssner.
Anna Maria (geb. Mayrhofer): * 6.5.1773 Neuzeug, Oberösterreich/A, † 26.4.1811 Neuzeug. Tochter des Gastwirts Gotthard Heinrich Mayrhofer und seiner Frau (Eva Maria) Theresia, geb. Löschnkoll, verw. Kroyss. Heirat mit Johann Ferdinand Helm am 13.5.1793 in Sierning. Der Ehe entstammten die Kinder Franz Seraph (* 21.1.1794), Anna Maria (* 13.2.1797), Ferdinand (* 17.6.1798), Josef (* 28.3.1800), Theresia (* 6.4.1801), Anna Rosalia (* 2.9.1802), Ferdinand de Paula (* 25.1.1804), Aloisius (* 20.2.1805), Johann Tobias (* 25.3.1806), Johannes der Täufer (* 17.5.1807) und Maria Barbara (* 20.11.1808), von denen vier bereits im Kindesalter starben; bei einer weiteren Geburt 1811 starben Mutter und Kind (vgl. die Forschungen von Franz Zamazal in: Bruckner und Steyr, S. 188).

Das Ehepaar Helm verfügte über reichen Besitz an Äckern, Wiesen, Wald, weiters über die Messerer- und Verlegergerechtigkeit sowie eine Gastwirtschaft. Ferdinand war auch Amtsverwalter der Herrschaft Gschwendt in Neuzeug. Bereits beim Tod von Anna Maria (1811) wurde ein hoher Schuldenstand sichtbar, sodass nur ein bescheidener Betrag als Reinvermögen übrig blieb. Mit der erneuten Heirat des Vaters am 16.9.1811 kam für die Kinder die Stiefmutter Rosalia Höller (* ca. 1789) ins Haus, die nach Helms Tod am 8.1.1821 Franz Kröswang (* ca. 1795), Sohn eines Braumeisters aus Stadlkirchen, heiratete, sodass das Helm-Haus in fremde Hände gelangte. Die Helm-Kinder suchten auswärts ihr Aus- und Weiterkommen.

Bruckners Eltern
Anton d. Ä.: * 11.6.1791 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 7.6.1837 Ansfelden.
Nach dem Besuch von drei Klassen des Gymnasiums und der Präparandie in Linz wurde er 1808 Schulgehilfe beim Vater, in dieser Funktion 1814 offiziell angestellt und im Herbst 1822 Schulmeister als unmittelbarer Nachfolger des Vaters. Nach einem erfolglosen Heiratsantrag an Julie Hartung (1802–1860, Tochter des Ansfeldener Chirurgen und Wundarztes Johann Michael Hartung [1765–1811]) mit Brief vom 20.6.1823 (vgl. Zamazal 1982/83, S. 119f.) bildete die Eheschließung mit Theresia Helm am 30.9.1823 in Ansfelden die Grundlage für einen eigenen Hausstand. Die wirtschaftliche Voraussetzung verschaffte das Wirken als Lehrer, Kirchenmusiker, Mesner und Amtmann. Bei der Inspektion durch den Linzer Bischof erntete er anerkennende Worte. Nur zeitweise hatte er zur Unterstützung einen Schulgehilfen. Sein Leben verlief in den für seinen Beruf üblichen Bahnen, war jedoch in späteren Jahren von Krankheit und damit verbundenen finanziellen Sorgen überschattet. Zur Familie in Ansfelden gehörten noch der pensionierte Vater, die Schwester Anna Maria und die eigenen Kinder.

Theresia (geb. Helm): * 6.4.1801 Neuzeug, Oberösterreich/A, † 11.11.1860 Ebelsberg, Oberösterreich/A.
Folgende Stationen ließen sich feststellen: 1817 im Pfarrhof zu Wolfern, 1820 als Wirtschafterin im Hause des verwitweten Onkels Josef Helm, 1822 wieder im Pfarrhof zu Wolfern, wo ihre Tante Rosalia Mayrhofer (* 24.10.1770 Neuzeug, † 25.1.1847 Sierning) als Wirtschafterin tätig war. Hier lernte sie – der Überlieferung nach – den Ansfeldener Lehrerssohn Anton Bruckner d. Ä. kennen. Am 30.9.1823 fand die Hochzeit statt, der Heiratsvertrag datiert mit 18.10.1823. Der Ehe entsprossen in Ansfelden elf Kinder, von denen nur fünf überlebten.

Mutter Theresia Bruckner zog bald nach dem Begräbnis ihres Mannes (9.6.1837) mit den Kindern nach Ebelsberg. Im Haus Nr. 70 (heute Kremsmünsterer Straße 2) fand sie eine Wohnung, später ist sie auch auf Nr. 91, 78 und 23 zu finden. Ab 1849 lebte sie wieder bis zu ihrem Tod auf Nr. 70. Ihr Name ist in Neuzeug durch die Bezeichnung der Straße, die zu ihrem Geburtshaus führt (Theresia Helm-Straße 28) verewigt, und durch die 1984 geweihte neue Orgel in der Pfarrkirche Sierninghofen-Neuzeug (Theresia Bruckner-Orgel). Ihr Grab befindet sich auf dem Ortsfriedhof in Ebelsberg.

Ihre Kinder
(Joseph) Anton: * 4.9.1824 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 11.10.1896 Wien/A. Komponist.

Rosalia („Sali“): * 17.2.1829 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 5.5.1898 Vöcklabruck, Oberösterreich/A.
Sie heiratete am 16.1.1855 in Vöcklabruck den „bürgerlichen Gärtnermeister“ (Stadtgärtner) Johann Nepomuk Hueber. Sie wurde gelegentlich von ihrem Bruder Anton finanziell unterstützt und war Miterbin nach ihm. Ihre Familie, deren Nachkommen die Gärtnerei ununterbrochen bis heute (2020) führen, besuchte der Komponist oft.

Josefa: * 13.3.1830 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 3.7.1874 St. Florian, Oberösterreich/A.
Sie wohnte bis 1856/57 bei ihrer Mutter. Ab 1852 war sie in der „mechanischen Baumwoll Fein Spinnerei“ von Johann Grillmayr in Kleinmünchen (heute Stadtteil von Linz) beschäftigt. Am 7.3.1859 heiratete sie in Ebelsberg den Witwer Georg Wagenbrenner (* 24.5.1825 [Ort?], † 14.1.1873 Ebelsberg), der als Fabriksarbeiter wahrscheinlich in einem Textilbetrieb des Raumes Kleinmünchen-Ebelsberg tätig war. Der Ehe entstammten drei Kinder, die alle kurz nach der Geburt starben. Als Witwe zog sie nach St. Florian, Markt Nr. 27 (Wiener Straße 23), wo sie an Tuberkulose starb.

Ignaz: * 28.7.1833 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 4.1.1913 St. Florian, Oberösterreich/A.
Erhaltenen Briefen zufolge erzielte er nur geringe Schulerfolge. Er starb 1913 im Stift St. Florian, wo er schon früh eine Heimstätte als Gärtner, dann als Kalkant (Blasebalgtreter bei der Orgel) fand und schließlich als Pensionist lebte. Er war Miterbe nach seinem Bruder Anton. 1901 ließ er für die Marienkapelle der St. Florianer Stiftskirche von der Firma Mauracher eine Orgel errichten und veranlasste im selben Jahr, dass seine Schwester Josefa und die in Wien verstorbene Maria Anna am St. Florianer Friedhof eine gemeinsame Ruhestätte bekamen. Auch er wurde in diesem Grab bestattet.

Maria Anna („Nani“): * 27.6.1836 Ansfelden, Oberösterreich/A, † 16.1.1870 Wien/A.
Sie war kränklich und lebte 1837–1854 bei der Mutter unter deren verschiedenen Adressen. Sie führte ab 1866 Bruder Anton zunächst in Linz, dann in Wien bis zu ihrem Tod den Haushalt.

Die Beziehungen Bruckners zu seinen vielen Verwandten und die Anteilnahme an ihrem Schicksal waren ohne Zweifel umfassender und enger, als überliefert. Der Tod seines Cousins und Firmpaten J. B. Weiß in Hörsching ging ihm sehr nahe. Betroffen machte ihn auch der plötzliche Tod seines Cousins Franz Xaver Zachhuber (* 29.11.1819 Sierning, † 21.1.1854 Windischgarsten, Oberösterreich/A; Sohn des Bäckers Michael Zachhuber und Anna Maria, geb. Helm), der in ganz jungen Jahren Vater Bruckner im Schuldienst unterstützte, 1837 die Linzer Präparandie absolvierte und Lehrer in Kirchdorf und Windischgarsten war. Zachhuber starb, wie Bruckner August Göllerich berichtete, „ohne die Sterbsakramente empfangen zu haben“ (Göll.-A. 1, S. 79f.) an Tuberkulose.

Vertreten durch den Steyrer Regens chori Franz Xaver Bayer, übernahm Bruckner die Taufpatenstelle bei einem Sohn des Bäckermeisters Eduard Zachhuber (* 1867) und Aloisia, geb. Heininger (* 1870), der am 10.4.1896 in Wolfern auf den Namen Anton von Padua getauft wurde.

Ein Bindeglied zu den Verwandten in Oed war Mathias Bruckner (* 11.2.1801 Oed bei Amstetten, † 6.8.1837 Steyr), Sohn des Bindermeisters Stephan Bruckner und somit Cousin von Anton Bruckner d. Ä. Er absolvierte 1817 die Lehrerausbildung, wurde Schulgehilfe in Ansfelden (1817/18), Hörsching (1818–1824), Linz (1824–1828) – zusätzlich wirkte er hier beim Linzer Musikverein mit – und Steyr an der k. k. Kreishauptschule (1828–1831), 1831–1837 definitiver Lehrer ebenda. Mit nur 36 Jahren ist er unverheiratet im Ramingbach bei Steyr ertrunken.

Literatur

FRANZ ZAMAZAL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 27.7.2020

Medien

Kategorien

Abbildungen

Abbildung 1: Stammbaum, in: Franz Grasberger, Anton Bruckner. Ausstellung im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek, 29. Mai bis 12. Oktober 1974 (Biblos-Schriften 79). Wien 1974, S. 52f.

Normdaten (GND)

Bruckner, (Joseph) Anton: 118515799

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft