Klavierstücke (WAB 216/1-5)
Nach mehrmonatigem Unterricht begann Otto
Kitzler im August 1862 Bruckner zunächst mit Übungen für Bläserbesetzungen
in die Kunst der Instrumentation einzuführen und auf die Orchesterkomposition
vorzubereiten, was schließlich Anfang Oktober 1862 mit der Instrumentation der
Pathétique abgeschlossen wurde.
Im Abschnitt mit Kompositionsübungen zur Instrumentation im Kitzler-Studienbuch notierte Bruckner
u. a. auch fünf kurze Klavierstücke (S. 225ff.) in zwei- und dreiteiliger Liedform
und direkt anschließend (S. 228, 2–4. System) eine Instrumentation zum fünften Klavierstück in Es‑Dur
(S. 227, 4–6. System) für zwei Klarinetten in B und zwei Fagotte.
Klavierstück in d‑Moll (WAB 216/1)
Kompositionsübung für Klavier
Das Klavierstück in d‑Moll (S. 225,
1‑4. System) steht im 4/4‑Takt. Bruckner notierte 16 Takte, von denen
der letzte, statt auf der Tonika zu schließen, mit einer Fermate auf a eine Zäsur auf
der Dur-Dominate aufweist und danach wieder mit den Noten des Auftakts von T. 1
ansetzt. Dahinter notierte Bruckner „etc.“.
Vermutlich sollen die ersten acht Takte, die mit einer Kadenz auf d schließen,
wiederholt werden, womit es sich hier um eine dreiteilige Liedform handeln würde.
Klavierstück in G‑Dur (WAB 216/2)
Kompositionsübung für Klavier
Das Klavierstück in G‑Dur (S. 225,
5. System,–S. 226, 2. System) steht im 4/4‑Takt und weist eine
zweiteilige Liedform auf. Der 1. Teil besteht aus neun, der 2. Teil aus
acht Takten. Der 2. Teil greift stark auf das Material des ersten zurück,
zitiert in seinem T. 5f. sogar die ersten zwei Takte des 1. Teils wörtlich,
und setzt sich von jenem nur durch die Verwendung von Punktierungen ab.
Klavierstück in B‑Dur (WAB 216/3)
Kompositionsübung für Klavier
Das Klavierstück in B‑Dur (S. 226,
3–5. System) steht im 2/4‑Takt und weist eine dreiteilige Liedform auf. Auf den
ersten, 10 Takte umfassenden Teil folgt ein achttaktiger Mittelteil, nach dem
Bruckner notierte „rep. die ersten 10 Tacte. 3 theilige Liedform.“ sowie
die Datierung „ 2. September 1862.“.
Der Mittelteil ist in zwei viertaktige Abschnitte unterteilt, die mit leichten
Variationen dieselbe rhythmische Gestaltung
aufweisen.
Klavierstück in Es‑Dur (WAB 216/4)
Kompositionsübung für Klavier
Das Klavierstück in Es‑Dur (S. 227,
1–3. System) steht im 2/4‑Takt und weist eine dreiteilige Liedform auf. Auf den
zehntaktigen 1. Teil folgt ein achttaktiger Mittelteil, nach dem der
1. Teil zu wiederholen ist („die ersten 10 Tacte bis Fine.“).
Der 1. Teil weist in T. 1–8 in der linken Hand eine regelmäßige
Achtelbewegung auf, während in der rechten Hand ein repetiertes, bei jedem Durchlauf
in kleinere Notenwerte unterteiltes zweitaktiges rhythmisches Grundmuster die Spannung zur Kadenz hin aufbaut.
Auch der Mittelteil ist von regelmäßigen Achtelbewegungen in der linken Hand geprägt,
die allerdings im Gegensatz zu den einfachen Achteln im 1. Teil akkordisch sind;
auch die Gestaltung der Oberstimme nimmt rhythmisch auf den 1. Teil Bezug.
Klavierstück in Es‑Dur (WAB 216/5)
Kompositionsübung für Klavier
Das Klavierstück in Es‑Dur (S. 227, 4–6. System)
steht im 2/4‑Takt und weist eine zweiteilige Liedform auf. Der 1. Teil schließt
in T. 8 auf der Dominante; der neuntaktige 2. Teil ist rhythmisch bewegter und stärker modulierend gestaltet
als der erste.