Bargehsi (Barghesi, Bargezi, Bargetzi), Familie
Maria Carolina (Karolina, Lina): * 15.4.1827 Chur,
Graubünden/CH, † 25.1.1893 Chur. Kaufmannsfrau und Erzieherin.
Tochter von Johann
Altmann und dessen Frau Flora Neubauer. Früh verwitwet, sie war mit dem Kaufmann
Johannes Georg Barchetzi (Bergetzi, * 18.10.1820 Ems, Graubünden/CH, † 19.10.1846
Ems) verheiratet, ist sie bereits 1850 in Weinhaus bei Wien (heute 18. Bezirk) nachweisbar. 1855 wohnte sie im heutigen 8. Bezirk,
1859 im 4. Bezirk (als Maria Bargezi). Warum Carolina Bargehsi nach Wien kam, ist
unklar. Möglicherweise besteht hier ein Zusammenhang mit anderen Mitgliedern der
Familie Bargehsi, die bereits ab Beginn des 19. Jahrhunderts in Wien nachweisbar sind
(u. a. 1821 Heirat eines aus Ems stammenden Anton Bargetzi in Wien). Wann sie Wien
wieder verließ, ist ebenfalls nicht klar sichtlich. Am 28.4.1864 wurde ihr ein Pass
ausgestellt; 1880 dürfte sie aber noch (oder wieder?) in Wien gelebt haben
(Fremdenkarteiblatt im WStLA), erscheint jedoch nicht im Lehmann-Adressbuch. Ein
endgültiger Weggang aus Wien könnte nach der Verehelichung der älteren Tochter
stattgefunden haben. Auffallend ist auch, dass am 26.8.1882 ein Taufschein über die
Geburt der zweiten Tochter ausgestellt wurde. Carolina Bargehsi starb als Erzieherin
in ihrer Heimatstadt.
Ihre Töchter
Ida Rosa: * 25.5.1850 Weinhaus, Niederösterreich/A (Wien, 18.
Bezirk), † 25.11.1918 Wien/A. Kaufmannsfrau.
Ihre Mutter erscheint im Taufbuch
als katholische Kaufmannswitwe Karolina Bargeri; der Vater ist unbekannt. Sie
heiratete als Ida Rosa Bargezi am 9.10.1881 in Wien (Ziviltrauung) den israelitischen
Kaufmann Louis Freudenthal (* 28.7.1841 Witkowo/Preußen [PL], † 17.6.1917 Wien), der
sich 1895 evangelisch A. B. taufen ließ, wobei seine Frau als Patin fungierte. Ida
Freudenthal war ebenfalls zum evangelischen Glauben konvertiert und hatte zuletzt
eine Pfaidlerei in Wien betrieben.
Bertha: * 7.8.1855 Wien/A, † 27.2.1923 Kirchdorf an der Krems,
Oberösterreich/A. Hausfrau, Sängerin, Pianistin.
Uneheliche Tochter von Carolina
Barghesi und Joseph Schiedermayr, der bei der Taufe am 13.8.1855 persönlich anwesend
war, sich als Vater erklärte und eine entsprechende Eintragung im Taufbuch verlangte.
Die Tochter wurde jedoch nicht durch eine nachfolgende Ehe der Eltern legitimiert.
Bis 1866 dürfte Bertha bei der Mutter gelebt haben, mit Dekret vom 4.5.1866 übernahm
jedoch Karl
Schiedermayr die Vormundschaft und das Kind übersiedelte zu ihm und seiner
Frau Emilie. Joseph Schiedermayr war ca. Ende 1856 in die Linzer Irrenanstalt eingewiesen worden.
Die Familientradition attestierte Bertha eine hohe Musikalität, sie soll das Klavier- und Orgelspiel erlernt (Bronnen, S. 32), „sangesfrisch“ (Linzer Volksblatt 3.1.1897, S. 3) gewesen sein und eine „prächtige Stimme“ (Linzer Tages-Post 26.4.1921, S. 3) gehabt haben. Belegbar ist ihr Studium am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (unter dem Namen „Schiede[r]mayr“, obwohl sie von Karl Schiedermayr nicht adoptiert worden war), wo sie 1871/72 Klavier (Vorschule II) bei Anton Drill (Nebenfächer: Harmonielehre I bei Franz Krenn und Chorschule) studierte. Am 4.7.1872 erfolgte jedoch ihre Entlassung, da sie in Klavier die Note „5“ (= Nicht Genügend) erhalten hatte. Als „Name und Stand des Vaters (Obsorgers)“ ist „Schiedermayr Emilie“ angegeben, die für Berta das Schulgeld von 80 fl in monatlichen Raten erlegte. Bertha wohnte in dieser Zeit in der Ungargasse 17 (3. Bezirk). Am 21.11.1874 heiratete sie den Lehrer Alois Weißgärber. Eine weitere Familienüberlieferung besagt, dass Bruckner mit ihr vierhändig gespielt haben soll und oft in der Ottensheimer Kirche anwesend gewesen sei, wenn von ihr einstudierte Messen aufgeführt wurden (Weißgärber-Fröhlich, S. 26).
Einige der Nachfahren von Alois und Bertha Weißgärber brachten Bruckner als Vater von Bertha Bargehsi ins Spiel; sie soll in einer kurzen Beziehung zwischen Bruckner und Carolina Bargehsi Ende Oktober/Anfang November 1854 (während seines Aufenthalts in Wien) gezeugt worden sein. Diese These wird nach derzeitigem Forschungsstand durch keine Originalquelle erhärtet.
Literatur
- Linzer Volksblatt 3.1.1897, S. 3
- P., Von Wiener Gesangschulen, in: [Linzer] Tages-Post 26.4.1921, S. 3
- Adolph Lehmann (Red.), Allgemeines Adreß-Buch … für … Wien und dessen Umgebung. Wien 1859, S. 27
- Bericht des Conservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien für das Schuljahr 1871–1872. Wien 1872, S. 21 u. 28
- Neue Freie Presse 19.6.1917, S. 12
- Wiener Zeitung 16.1.1920, Amtsblatt, S. 46
- Beatrix Weißgärber-Fröhlich, Vorfahren meines Vaters, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1984/85/86, S. 25f.
- Renate Bronnen, Die Weißgärber-Geschwister. Ein Kapitel aus dem Leben Anton Bruckners?, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1984/85/86, S. 27–52
- Fritz Feichtinger, Der Fall Schiedermayr – und Anton Bruckner, in: OÖ. HeimatblätterOberösterreichische Heimatblätter. Linz 1947ff. 43 (1989) H. 3, S. 212–248
- Bruckner – skizziertRenate Grasberger/Erich Wolfgang Partsch, Bruckner – skizziert. Ein Porträt in ausgewählten Erinnerungen und Anekdoten (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 8). 2., verbesserte Aufl. Wien 1996, S. 257ff.
- Andreas Lindner, Auf den Spuren Bruckners mittels DNA-Analyse, in: ABIL-MitteilungenABIL-Mitteilungen. Hg. v. Anton Bruckner Institut Linz. Linz 2008ff. Nr. 4 (Dezember 2009), S. 5ff.
- Trauungsbuch 1821–1826 der Pfarre St. Josef ob der Laimgrube (Wien VI), fol. 23
- Taufbuch 1839–1865 der Pfarre Weinhaus (Wien XVIII), fol. 59
- Taufbuch 1855 der Pfarre Maria Treu (Wien VIII), fol. 69
- Trauungsbuch-Duplikat 1874 der Pfarre St. Matthias in Linz, [pag. 15]
- Totenregister B der Gemeinde Domat/Ems 1893, Nr. 2
- Taufbuch 1895 der der Evangelischen Gemeinde A. B. Wien I, Reihezahl II
- Sterbebuch 1917 der Evangelischen Gemeinde A. B. Wien I, fol. 23
- Sterbebuch 1918 der Evangelischen Gemeinde A. B. Wien I, fol. 37
- Sterbebuch-Duplikat 1923 der Pfarre Kirchdorf an der Krems, fol. 278
- Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien, Matrikelblatt Bertha Schiede[r]mayr
- www.genteam.at [11.5.2020]
- Mitt. Christian Bargetzi (Domat/Ems, CH; Dezember 2019)