Oberammergau

Ort in Bayern (Landkreis Garmisch-Partenkirchen), in dem seit 1634 auf Grund eines Gelübdes während des Pestjahrs 1633 bis heute ein von über 1.200 Ortsansässigen dargestelltes Passionsspiel (im meist zehnjährigen Abstand, einige zusätzliche Spielzeiten aus besonderen Anlässen) aufgeführt wird. Berühmt ist der Ort auch wegen seiner vermutlich vom nahegelegenen Kloster Ettal beeinflussten Holzschnitztradition, die zur Gründung einer eigenen Schnitzschule führte. Bemerkenswert ist die sogenannte „Lüftlmalerei“ (farbig bemalte Hausfassaden) von hoher Qualität, die häufig Szenen aus der Passion Jesu darstellt. 2019: ca. 5.400 EW.

Das Passionsspiel wurde zunächst mit einem Text aus dem 15. Jahrhundert aufgeführt und 1674 durch Einschub von Teilen eines Weilheimer Passionsspiels von Johann Älbl erweitert. Der Ettaler Benediktiner Ferdinand Rosner (1709–1778) schrieb eine barocke, gereimte Passio nova. Die Spiele wurden – nicht zuletzt wegen des als nicht passend angesehenen Textes – bis 1811 mehrmals verboten. In diesem Jahr wurde erstmals nach der von dem Benediktiner Othmar (eigentl. Georg) Weis (1770–1843) verfassten Textgrundlage Das große Opfer auf Golgotha oder Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu gespielt. Dieser Text wurde noch zweimal (1815 durch Johann Nikolais Unhoch [1762–1832] und 1850 vom Oberammergauer Pfarrer Joseph Alois Daisenberger [1799–1883]) überarbeitet. In dieser Textversion hat Bruckner die Passionsspiele miterlebt.

Heute wird nach einer durch Christian Stückl (* 1961) und Otto Huber in Zusammenarbeit mit dem Theologen Ludwig Mödl (* 1938) überarbeiteten Textvorlage gespielt, in der die umstrittenen Antisemitismen getilgt und die Bezüge zum Alten (Ersten) Testament stärker betont werden.

Etwa ein Drittel der Spieldauer der Passion wird vom musikalischen Anteil eingenommen. Die in den Jahren 2000 und 2010 gespielte Schauspielmusik geht auf Rochus Dedler (1779–1822) mit Überarbeitungen und Ergänzungen von Eugen Papst ([1886–1956]; 1950) und Markus Zwink ([* 1956]; 2000 und 2010) zurück und wird von zahlreichen Mitwirkenden (12 Solisten, 64 Chorsänger und 57 Instrumentalisten) aufgeführt.

Bruckner machte 1880 auf der Anfahrt zu seiner großen Schweizerreise u. a. auch in Oberammergau Station und besuchte die Vorstellungen am 22. und 23.8.1880. In diesen Tagen verliebte er sich in die, eine der „Töchter Jerusalems“ verkörpernde, erst 17-jährige Marie Bartl, um die er auch – vergeblich – warb (Frauen). Von dem bis zum 10.6.1881 andauernden Schriftwechsel zwischen Bruckner, Marie und ihrer Mutter, der Modistin Lina Bartl, sind vier Briefe im Bruckner-Archiv des Stiftes St. Florian erhalten (Briefe I, 800909/1, 800909/2, 801107, 810405).

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 17.8.2020

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft