St. Florian

Marktgemeinde im Bezirk Linz-Land. Benennung nach dem hl. Florian, der 304 nach seinem Martertod in der großen Christenverfolgung Kaiser Diokletians (ca. 240–ca. 312) der Legende nach an der Stelle des heutigen Stiftes begraben wurde. Neben dem berühmten Augustinerchorherrenstift gibt es das Feuerwehrmuseum (im Stiftsmeierhof) und das Freilichtmuseum Sumerauerhof (landestypischer Vierkanthof). 1869: 1.250, 2019: ca. 6.180 EW.

Das Stift St. Florian zählt zu den bedeutendsten barocken Architekturleistungen in Österreich. Das Kirchengebäude, das die Chorherren 1071 von Bischof Altmann von Passau übernahmen und in romanischem Geiste gestalteten, fiel 1235 einem Brand zum Opfer. Erst 1291 konnte die vergrößerte, nunmehr gotische Stiftskirche geweiht werden. Propst Leopold Zehetner (1612–1646) ließ die gotische Kirche barockisieren, doch seit 1686 wurde an ihrer Stelle die heutige Barockkirche und bis 1751 die gesamte barocke Stiftsanlage von Carlo Antonio Carlone (ca. 1635–1708) und Jakob Prandtauer (1660–1726) erbaut. Das Stift selbst erlebte im Barock wieder eine Blütezeit. Den tief in das klösterliche Gefüge eingreifenden Reformen Kaiser Josephs II. (1741–1790) folgte das wissenschaftlich interessierte 19. Jahrhundert. Schwerpunkt war die Geschichtsforschung; man spricht von der „Florianer Historikerschule“. Die Chorherren prägten aber auch das höhere Schulwesen in Linz durch eine Vielzahl von Professoren entscheidend mit. Auch unter den nicht zuletzt wirtschaftlich schwieriger gewordenen Bedingungen, mit denen ein Kloster im beginnenden 21. Jahrhundert konfrontiert ist, versucht das Stift den seit der Gründung bestimmenden Aufgaben nachzukommen. Es beherbergt eine Fülle von Kunstschätzen, u. a. 14 Altdorfer-Altarbilder und 16 sogenannte „Kaiserzimmer“. Die Stiftsbibliothek umfasst 130.000 Bände, 800 Handschriften und 800 Inkunabeln.

Musik spielte im Stift nachweislich eine wichtige Rolle. Die Priestergemeinschaft mit feierlicher Liturgie ist ohne Musik nicht denkbar. Frühe mittelalterliche Handschriften zu Choralgesang und Orgelbau belegen dieses Interesse. Die Klosterschule hatte seit dem Mittelalter einen guten Ruf. Dort erfolgte auch die musikalische Ausbildung der jungen Ordensanwärter. Die Reformen des 15. Jahrhunderts wollten keine „weltliche Musik“ im Kloster gelten lassen. Auf den Gehaltslisten aus der Barockzeit stehen nicht wenige Sänger und Musiker. Die josephinische Zeit suchte vor allem auch bei der Musik Einsparungen durchzusetzen, erst in den 1820er Jahren nahmen sowohl die Kirchenmusik als auch weltliches Musizieren neuen Aufschwung. Aufführungsverzeichnisse und Literatur des Musikarchivs sind beredte Zeugen der Musizierpraxis der Folgezeit. Wichtige Komponisten des Stiftes waren die Chorregenten Franz Joseph Aumann, Ignaz Traumihler, Bernhard Deubler und Franz Xaver Müller sowie die Stiftsorganisten Josef Seiberl und Josef Gruber. Von großer Wichtigkeit waren Besuche von auswärtigen Komponisten, u. a. von Franz Schubert und Michael Haydn, wie auch der Einfluss der Landeshauptstadt Linz.

Bruckners Beziehung zu St. Florian begann nach dem Tod seines Vaters (Bruckner, Familie), als er im Herbst 1837 Sängerknabe wurde und die dritte Volksschulklasse in der Marktschule besuchte. Das im Mittelalter gegründete Sängerknabeninstitut erlebte zu Bruckners Zeit einen Aufschwung. Im Oktober 1824 traf Propst Michael Arneth eine Neuregelung bezüglich der Stiftssängerknaben, die in ihrer alten Struktur den verordneten Sparmaßnahmen Josephs II. zum Opfer gefallen waren. Ihre Erziehung und Ausbildung für Kirchen- und Kammermusik wurde dem St. Florianer Schullehrer und seinem Gehilfen sowie dem Organisten übertragen. Die drei Sängerknaben wohnten damals bei der Familie des Schullehrers, das Stift trug die anfallenden Kosten. Auch Bruckner wohnte – wie die anderen beiden Sängerknaben (Anton Haus und Karl Seiberl) – im Schulhaus bei Familie Bogner. Er war ein guter Schüler: 1838 wurde er im Buch der Ehre und des Fleißes an zweiter, im darauffolgenden Jahr sogar an erster Stelle eingetragen.

Neben dem musikalischen Unterricht bei Michael Bogner, in dem das Repertoire für die jeweiligen Aufführungen eingeübt wurde, waren Franz Raab (Gesang, Violine), Franz Gruber (Violine) sowie im Stift Anton Kattinger (Orgel) weitere Lehrer. Bruckner übte regelmäßig an der sogenannten Werktagsorgel. Sein Wunsch, Lehrer zu werden (den er später mehrmals bereute), erforderte 1840 die Übersiedlung nach Linz (Präparandie). 1845 kehrte er als Lehrer mit 36 Gulden Jahreslohn nach St. Florian zurück. Er hatte täglich vier Stunden zu unterrichten, den Wiederholungsunterricht der Sonntagsschule zu betreuen und Sängerknaben Gesang- und Violinstunden zu geben. Zudem war er ab 1.3.1850, nachdem er bereits längere Zeit zu Orgeldiensten herangezogen worden war, als provisorischer Stiftsorganist angestellt, bis er nach Linz übersiedelte. In einzelnen Prüfungen bildete er sich im Lehrfach weiter.

Gefühle der Einsamkeit, des Nicht-Verstanden-Werdens, auch ein zeitweilig angespanntes Verhältnis zum Stift führten zu einer Krise: „Ich sitze immer arm u[nd] verlassen ganz melangolisch in meinem Kämmerlein.“ (Briefe I, 520319), schrieb er an J. Seiberl nach Eferding, und wenige Monate später an Hofkapellmeister Ignaz Assmayr nach Wien: „Ich habe hier gar keinen Menschen, dem ich mein Herz öffnen dürfte, werde auch in mancher Beziehung verkannt, was mir oft heimlich schwer fällt. Unser Stift behandelt Musik und folglich auch Musiker ganz gleichgültig […]! Ich kann hier nie heiter sein, und darf von Plänen nichts merken lassen.“ (Briefe I, 520730). Diese Klagen entspringen jedoch zu einem großen Teil auch einem für Bruckner typischen Verhaltensmuster (Persönlichkeit), das in ihm die Unzufriedenheit steigerte, sobald er an seinem Wirkungsort alle künstlerischen Möglichkeiten ausgeschöpft hatte.

Der letztgültige Plan hieß eine musikalische Laufbahn einzuschlagen. Dem Rat des Propstes Friedrich Mayer folgend besuchte Bruckner im Juli 1855 Simon Sechter in Wien, bewarb sich (durch Akten bislang nicht gesichert) um eine Organistenstelle in Olmütz und holte Zeugnisse von Assmayr und Robert Führer ein. Am 24.12.1855 übersiedelte er nach Linz, wo er seinen Weg als Musiker respektive als neuer Dom- und Stadtpfarrorganist (in der Nachfolge Wenzel Pranghofers) festigen konnte.

Auch später hielt er den Kontakt mit dem Stift und dessen Chorherren, verbrachte dort immer wieder seinen Urlaub (in einem Ferienzimmer) und besuchte seinen Bruder Ignaz Bruckner.

Ab 1870 sind die zahlreichen Besuche Bruckners im Stift durch Gästebücher und kirchenmusikalische Aufzeichnungen gut dokumentiert. Es gab durchschnittlich zwei bis drei Besuche jährlich, davon meistens einen längeren, vor allem zum Sommerurlaub, der oft den Maria Himmelfahrtstag (15.8.) oder den Augustinustag (28.8.) einschloss, aber auch zu Ostern und Weihnachten. Bruckner spielte sowohl zu den Liturgien der kirchlichen Hochfeste (bzw. an den Kartagen das Harmonium) als auch zu nachmittäglichen Konzerten. Die reiche Ausstattung der großen Orgel mit Grund- und Charakterstimmen (sowohl vor als auch nach dem Umbau durch Matthäus Mauracher d. Ä.) mag seinem Spiel durchaus entgegengekommen sein, zweifellos war sie ihm Quelle der Inspiration. Unter den Improvisationsthemen finden sich auch solche aus den eigenen Symphonien, an denen Bruckner während seiner Besuche arbeitete. Am Ostersonntag 1894 spielte er das letzte Mal in St. Florian.

Am 15.10.1896 fand er, wie er es im Testament erbeten hatte, in der Gruft unterhalb der Orgel seine letzte Ruhestätte. Bald nach seinem Tod wurde für ihn vor den Kaiserzimmern des Stifts ein Gedenkraum mit Erinnerungsstücken eingerichtet. Eine Steinplatte beim Eingang in die Stiftskirche unter der Orgel erinnert ebenfalls an ihn. Das Musikarchiv des Stiftes verwahrt viele Autografe, Abschriften und Briefe Bruckners.

1900 widmete die St. Florianer Liedertafel dem Komponisten eine Gedenktafel, die am alten Schulhaus angebracht wurde. Nach Gründung mehrerer Bruckner-Vereinigungen im In- und Ausland beschlossen im November 1925 in St. Florian Max Auer, Franz Moißl, Felix Maria Gatz, Vinzenz Goller, F. X. Müller, Alois Nikolussi (1890–1965) und der damalige Propst Vinzenz Hartl (1872–1944) die Einrichtung eines Internationalen Bruckner-Bundes (Bruckner-Gesellschaften), die Internationale Bruckner-Gesellschaft als Dachverband der zahlreichen Brucknerverbände wurde schließlich zwei Jahre später ins Leben gerufen. Adolf Hitler hatte den ehrgeizigen Plan, St. Florian mit riesigem Aufwand in ein „Bayreuth Bruckners“ zu verwandeln. Dieser Vermessenheit des Nationalsozialismus und der Verehrung bzw. Instrumentalisierung Bruckners entsprachen auch das 1932 vom Bildhauer Mario Petrucci (1893–1972) entworfene, jedoch nie realisierte, monumentale Bruckner-Denkmal (Denkmalprojekte), sowie die Gründung eines Reichs-Bruckner-Orchesters als ein qualitativ den Berliner oder Wiener Philharmonikern ebenbürtiges Symphonieorchester und des Bruckner-Chores St. Florian, der aus 60 Frauen und Männern zusammengestellt werden sollte. (Beide Ensembles wurden 1944 bzw. 1945 wieder aufgelöst.) An entscheidender Stelle fungierte Heinrich Glasmeier (1892–1945), der Reichsintendant des Großdeutschen Rundfunks und Generalbevollmächtigte für das Bruckner-Stift (vgl. Bruckner-Stift St. Florian). Der Ausbau des Westflügels des Stifts sollte dem gesteigerten Besucherstrom des künftigen Konferenz- und Veranstaltungszentrums gerecht werden.

Nach der Rückkehr der Chorherren in das Stift 1945 galt eine ihrer ersten Sorgen der Bruckner-Orgel. Die Aktivitäten der letzten Jahre in den Bereichen Kirchenmusik, Sängerknaben, Stifts- und Orgelkonzerte fanden weltweites Echo. Augustinus Franz Kropfreiter war 1960–2003 Stiftsorganist und ab 1966 Leiter des Stiftschores. Neben seiner Organistentätigkeit widmete er sich seinem umfangreichen kompositorischen Schaffen. Die alljährlich stattfindenden Brucknertage (Brucknerfeste und -feiern) und das Hörerlebnis Bruckner-Orgel mit Kurzvorführung zählen zum festen Bestandteil der Konzertveranstaltungen.

In Zusammenhang mit St. Florian stehende Werke Bruckners

In der Florianer Zeit entstanden Abschriften, die Bruckner als Organist, Geiger bzw. Sänger für den musikalischen Gebrauch oder als Lernender zum Zweck des musiktheoretischen Selbststudiums anfertigte (Fuge), sowie eine Reihe eigener Kompositionen für Geistliche, Lehrer, Schüler und Mäzene, auf Wunsch eines Freundes, oder als Gebrauchsmusik für die Karwoche und Begräbnisse. Angeregt durch den Orgelunterricht bei Kattinger entstand 1847 die Kompositionsübung Vorspiel und Fuge in c-Moll. Im selben Jahr schrieb er zwei Aequale für das Begräbnis seiner Taufpatin Rosalia Mayrhofer (1770–1847) in Sierning. Für Johann Nepomuk Paulitsch komponierte Bruckner um 1851 Das edle Herz (WAB 65), für I. Traumihler vertonte er 1852 den Hymnus Magnificat. 1854 bzw. 1855 widmete er F. Mayer seine Missa solemnis bzw. die Kantate „Auf, Brüder! auf, und die Saiten zur Hand“. M. Arneth waren Entsagen, „Heil, Vater! Dir zum hohen Feste“, das Duetto, sowie ein Libera (WAB 22) und Vor Arneths Grab zugeeignet. Der Festgesang entstand im Spätherbst 1855 für Jodok Stülz. Mit der Widmung des Männerchores Das Lied vom deutschen Vaterland bedankte sich Bruckner 1845 bei Hans Schläger für dessen Widmung des Chores Kriegslied der Deutschen. Die Geburt, „Ein jubelnd Hoch in Leid und Lust“, „Lebt wohl, ihr Sangesbrüder“ und zwei Totenlieder schrieb er auf Wunsch seines Freundes und Lehrerkollegen J. Seiberl. Seinem Vorgesetzten M. Bogner widmete er Der Lehrerstand, dessen Tochter Aloisia Bogner das Frühlingslied, die Lancier-Quadrille, den Steiermärker und das Lied Der Mondabend. Das Requiem in d-Moll (WAB 39) entstand nach dem Tod des Stiftsbeamten Franz Sailer und wurde an dessen erstem Todestag (1849) in St. Florian uraufgeführt. Zum Namenstag von Theresia Schlager, Frau des St. Florianer Bürgermeisters, komponierte Bruckner 1846 ein Ständchen. Dem von Bruckner gegründeten Florianer Quartett widmete er 1848 das Männerquartett Sternschnuppen. Drei kleine Stücke für Klavier zu vier Händen entstanden für die Klavierschüler Maria und Josef Marböck, die (verschollenen) Irischen Lieder für seine Schülerin Emma O’Hegerty, sowie „Des Dankes Wort sei mir vergönnt“ für deren Vater Charles Graf O’Hegerty. Die Quadrille für Klavier zu vier Händen, die Bruckner Georg Ruckensteiner widmete, entstand wohl für den Klavierunterricht von dessen Tochter Marie. Ein fragmentarisches Kyrie (Messe in Es-Dur), der Psalm 22 sowie der Choral (WAB 17,1–2) „In jener letzten der Nächte“, der vermutlich an Gründonnerstag oder Karfreitag 1848 in St. Florian uraufgeführt wurde, verweisen auf die Studien bei Leopold von Zenetti, die in gelockerter Form bis 1855 betrieben wurden. Mit dem Psalm 114 empfahl sich Bruckner 1852 bei I. Assmayr. Wahrscheinlich für den liturgischen Gebrauch vertonte Bruckner mehrmals den Hymnus Tantum ergo von Thomas von Aquin.

Die Autorschaft des Herz Jesu-Liedes wird in der Forschung angezweifelt (Incerta und Falsa), wenngleich eine autografe Partitur vorliegt. Für den Empfang der Braut von Kaiser Franz Joseph I. in Linz komponierte Bruckner 1854 den Männerchor mit Bläserbegleitung „Laßt Jubeltöne laut erklingen“; der Chor wurde allerdings nicht aufgeführt.

Auch nach seinem Umzug nach Linz bzw. Wien nutzte er die in St. Florian verbrachte Freizeit zum Komponieren. Im Juli 1856 entstand das Ave Maria (WAB 5) – die Widmung an Traumihler erfolgte 1876; im Juli 1857 wurde zum Namenstag von F. Mayer die umgearbeitete Kantate „Auf, Brüder, auf zur frohen Feier“ uraufgeführt. In den späten 1870er Jahren ergänzte er in St. Florian für die Kartage bestimmte Aumann‘sche Chorwerke um Posaunenstimmen (Ecce quomodo, Tenebrae). Auch das Os justi und Alleluja Inveni David schrieb Bruckner für St. Florian, wo die Stücke 1879 uraufgeführt wurden.

Geschichte der St. Florianer Orgeln

Als Sängerknabe spielte Bruckner die vom Wiener Hoforgelbauer Ferdinand Römer (1656–1723) 1691 errichteten Chororgeln und die kleine, von Nikolaus Rummel d. Ä. (ca. 1708–1794) 1747 gebaute Orgel (I/6) in der Marienkapelle, die eine Orgel des Passauer Orgelbauers Leopold Freundt aus dem Jahr 1699 ersetzte. Heute befindet sich in der Marienkapelle eine von Bruckners Bruder Ignaz gestiftete pneumatische Orgel (1903; II/10, Sub- und Superoktavkoppel) von Josef Mauracher.

Propst Matthäus II. Gogl ([1715–1777], reg. 1766–1777) beschloss, eine große Hauptorgel bauen zu lassen, die das kleine Instrument von L. Freundt auf der Westempore ersetzen sollte. Der Vertrag dazu wurde am 24.2.1770 mit Franz Xaver Chrismann geschlossen (ursprünglich geplant mit zwei Manualen und Pedal). Das Gehäuse wurde vom St. Florianer Tischlermeister Johann Christian Jegg (* 20.12.1709 St. Florian, † 1.11.1789 St. Florian) 1771 aufgestellt, das Werk selbst war 1774 fertig, zwei Jahre später als vereinbart. Chrismann hinterließ eine Gebrauchsanweisung (Usus novi Organi Maximi) sowie eine Abschiedskantate (diese ist nicht erhalten), die Regens chori Aumann vertonte. Die Disposition ist erstmals in einem Druck von 1839 überliefert, weshalb auch die Gebrauchsanweisung nur vereinzelt Rückschlüsse erlaubt. Danach besaß die Orgel 74 klingende Register (in 59 Registerzügen zusammengefasst) auf drei Manualen und Pedal (Manualumfang C–f’’’ chromatisch, wahrscheinlich ohne Cis und Dis, 52 Tasten; Pedalumfang C–g chromatisch, 20 Tasten) mit 5.230 Pfeifen. Da die Funktion vor allem durch Windprobleme offenbar noch nicht gewährleistet war, blieb zunächst Chrismanns Mitarbeiter Jakob Prenschiz († 1781) vor Ort. Allerdings waren weitere Arbeiten notwendig (Vertrag vom 1.9.1792), u. a. durch den Ungarn Daniel List (* ca. 1747 [Ort?], † 24.8.1811 St. Florian), der neben der neuen Windanlage in die Chrismann-Orgel außerdem ein neues Werk in die linke Chororgel (Sonntags- bzw. Feiertagsorgel auf der Evangelienseite) einbaute, wofür er einige Register der großen Orgel verwendete (II/P/22). Die Chororgel auf der Epistelseite (II/20; Werktags- bzw. Vesperorgel) wurde zwischen 1781 und 1811 ebenfalls von List und 1836–1838 von Johann Georg Fischer (1769–1850) aus Klosterneuburg durch den Einbau von Registern aus der von Chrismann erbauten großen Orgel erweitert. Der autodidakte Orgelbauer Matthäus Höfer (* 6.9.1789 Niederwaldkirchen, Oberösterreich/A, † 24.5.1852 Niederwaldkirchen) konnte 1839 (nach List und Fischer) für die kommenden Jahrzehnte einen zufriedenstellenden Betrieb des Chrismann-Instruments erreichen. Die ursprünglich vorhandenen Chrismann‘schen Spielregister Tamburoni (Pauken), Uccelletti (Vogelgezwitscher) und Cuculus (Kuckucksruf) wurden spätestens in dieser Zeit entfernt. Zahlreiche Reiseberichte bezeugen Berühmtheit und Klang der Chrismann-Orgel.

Im Hinblick auf das 100-jährige Bestehen der Chrismann-Orgel erfolgte 1873–1875 ein grundlegender Umbau durch Mauracher (IV/P/78, neue Schleifladen bzw. Hängeventilladen im Pedal, nur mehr 4.993 Pfeifen, davon 3.729 alte, Erhöhung des Prospekt-Mittelteils von 8‘ auf 16‘-Höhe). Zur Einweihung spielte auch Bruckner, dem ein gewisser beratender Anteil an diesen Arbeiten zugeschrieben wird, der allerdings archivalisch nicht nachzuweisen ist. Der Spieltisch dieser bis 1886 größten Orgel der Monarchie steht nun in Bruckners Geburtshaus in Ansfelden.

In Zusammenhang mit Bruckners 100. Geburtstag begannen gemeinsam mit den in- und ausländischen Brucknerbünden Planungen für einen neuerlichen Umbau des schwergängigen Werks. Ab dieser Zeit findet sich die Bezeichnung „Bruckner-Orgel“, die vor allem ein monumentales klingendes Denkmal für Bruckner werden sollte. Dieser Name für die große Florianer Orgel erhält sich in diesem Sinn auch für die Zukunft. Der Umbau wurde durch die Firmen Gebrüder Mauracher (Linz) und Dreher & Flamm (Salzburg) unter Verwendung von Kegelladen mit elektropneumatischen Trakturen bewerkstelligt. Das Instrument (IV/P/92, 6.159 Pfeifen, 50 Chrismann-Register) war elektrisch mit den ebenfalls um- bzw. neugebauten Chororgeln verbunden (die Bruckner-Orgel war von den beiden Chororgel-Spieltischen über feste Kombinationen spielbar). Die Ratschläge des bereits 1925 für diese Arbeiten konsultierten Schweizer Organologen Ernst Schiess (1894–1981) wurden nur teilweise berücksichtigt, überdies distanzierten sich auch Franz Schütz (1892–1962) und Franz Schmidt (1874–1939) – seit 1929 Mitglieder des von Goller geleiteten Orgelkomitées – bald von den Plänen. Auch Johann Nepomuk David brachte seine Ideen dazu ein.

Bereits 1942 fasste die damals im Stift ansässige Großdeutsche Rundfunkgesellschaft einen Neubau des sowohl technisch wie klanglich unbefriedigenden Instrumentes ins Auge. Berater war zunächst Thomaskantor Günther Ramin, doch schließlich setzte sich das Konzept des Wiener Orgelbauers und Musikers Josef Mertin (1904–1998) durch. Er intendierte eine stärkere Annäherung an die ursprüngliche Anlage Chrismanns, erweitert durch drei Auxiliarwerke mit ergänzenden Registern. Den Auftrag dazu erhielt 1943 die Firma von Wilhelm Zika d. Ä. (1872–1955). Die Weihe der „rückgeführten“ Bruckner-Orgel (IV/P/103, 7.343 Pfeifen, Schleifladen mit elektropneumatischer Traktur) fand am 1.7.1951 statt. Die letzte Restaurierung (mit Umstellung auf rein elektrische Traktur und Neubau von vier Registern) erfolgte 1994–1996 durch die Firma Kögler (St. Florian). Von den nun 7.386 Pfeifen geht noch immer ein größerer Anteil auf Chrismann zurück, wenngleich das Klangbild der Ästhetik und dem damaligen Verständnis der „Orgelbewegung“ um 1950 entspricht.

St. Florianer Stiftsorganisten tätig in den Jahren
Sigmund Kindlinger 1564
Veit Strauß 1597–1603
Andreas Otto 1603–1614
Andre Kretz 1614
Hans Kirchperger 1615–1622
Stephanus Otto 1625
Johann Kitzinger 1628–1635
Johann Schlander 1635–1637
Johannes Fuesstatt 1638
Bernardus Robertus 1642
Johann Christoph Robertus 1643–1650
Michael Eysl 1655–1659
Georg Langmayr 1668–1679
Dominikus Bartlme 1679–1680
Josef Gramer 1681–1684
Leopold Rahner 1684
Josef Egger 1684–1687
Franz Rodlfellner 1687
Franz Schmidt 1687
Franz Faber 1688 und 1690
Johann Gottfried Kopisi 1688–1690
Johann Melchior Kampfl (Kämpffl, ca. 1670–1727) 1690–1727
Caspar Langdaller 1727–1733
Ferdinand Kampfl 1733–1753
Karl Ruesch (1702–1795) 1754–1795
Franz Hatzinger 1795–1797
Johann Mat(t)hias Kainersdorfer (Keinersdorfer, 1778–1837) 1797–1810
Franz Leutgeb 1810–1811
Ferdinand Rink 1811–1815
Franz Xaver Schäfler (1797–1852) 1815–1816
Anton Kattinger (1798–1852) 1816–1850
Anton Bruckner 1850–1855
Josef Seiberl (1836–1877) 1856–1877
Karl Klick 1877
Josef Gruber (1855–1933) 1878–1903
Franz Xaver Müller (1870–1948) 1903–1906
Johann Franz Haybäck (Hayböck, 1863–1933) 1906–1933
Leo Walter Reichl (1909–1979) 1933–1936
Adolf Trittinger (1899–1971) 1936–1938
Emmerich Warscher 1938–1941
Johannes Krichbaum (1912–1978) 1945–1960
Augustinus Franz Kropfreiter (1936–2003) 1960–2003
Robert Kovács (* 1976) 2003–2006
Klaus Sonnleitner (* 1970) seit 2006
Literatur

ERICH WOLFGANG PARTSCH, KARL REHBERGER, ANDREA SINGER, KLAUS SONNLEITNER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 21.9.2020

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