Schweizerreise

Bruckners Reise in die Schweiz 1880 war als reine Vergnügung geplant: Er hatte sich schon lang gewünscht, den höchsten Berg Europas zu sehen und die Orgeln der Eidgenossen kennenzulernen. Wegen seines Dienstes in der Hofmusikkapelle konnte er erst in der zweiten Augusthälfte 1880 abreisen – sein Pass wurde für den Reisebeginn nach dem 9.8.1880, seine Reisekarte am 13.8.1880 ausgestellt. Er fuhr über St. Florian, wo er eine Woche blieb, und reiste dann am 20.8.1880 nach Oberammergau weiter. Dort besuchte er am 22. und 23.8.1880 das Passionsspiel. Danach fuhr er nach München zurück, von dort weiter nach Lindau (25.8.1880) und dann mit dem Schiff über den Bodensee nach Romanshorn, wo er wieder in die Eisenbahn umstieg und über Winterthur nach Schaffhausen kam. Hier besichtigte er den berühmten Rheinfall. Der Zug brachte ihn dann weiter nach Zürich, von wo aus er am 26.8.1880 nach Pfäffikon weiterfuhr und dann zu Fuß nach Rapperswil am Untersee gelangte und dort Schlosskirche, Burg sowie Burgfried besichtigte. Nachmittags ging es dann per Schiff wieder zurück nach Zürich, wo Bruckner die Stadt (27./28.8.1880: Universität, Polytechnikum, Fraumünster, Peters‑ und Predigerkirche) besichtigte, die Orgel im Großmünster (28.8.1880) spielte und den Organisten Gustav Weber (1845–1887) kennenlernte. Am 29.8.1880 reiste er nach Genf weiter und sah auf der Fahrt die Habsburg. Am 30.8.1880 ging es weiter Richtung Chamonix: Vom Bahnhof Eaux-Vives fuhr er, die französische Grenze überquerend, das Arve-Tal aufwärts nach Chêne – vom Zug aus einen ersten Blick auf den Montblanc werfend –, weiter über die Hochebene nach La Roche und Bonneville bis Chamonix. Der erste Versuch, den Montblanc von La Fléchère aus zu sehen, schlug wegen Schlechtwetters fehl. Bruckner besichtigte stattdessen die Gletschergrotten im Glacier des Bossons und bewunderte dann endlich am 2.9.1880 – bei herrlichem Wetter – von La Fléchère aus das Panorama des Montblanc-Massivs (Berge zwischen 3.000 und 4.800 m Höhe). Seine Sehnsucht nach Höhe und Monumentalität war befriedigt. Er fuhr am 4.9.1880 nach Genf zurück und besuchte ein Orgelkonzert (Orgel von Merklin-Schütze) in St. Pierre. Dabei lernte er den Domorganisten Anton Häring (1825–1888) kennen und übernahm das Orgelkonzert für den nächsten Tag (5.9.1880). Tagsüber besichtigte er die Stadt, überquerte am 6.9.1880 den Genfer See, um die alte Orgel in Lausanne St. François in Gegenwart des Organisten Louis Daniel Delessert kennenzulernen. Über Freiburg im Üechtland, wo er den Organisten Eduard Vogt (1847–1911) in der Cathédrale Saint-Nicolas (Orgel von Aloys Mooser [1770‒1839]) hörte, kam er am 7.9.1880 abends in Bern (Berner Alpen) an, lernte dort tags darauf den Organisten Johann Jakob Mendel (1809–1881) kennen und besichtigte die Stadt (Bundes-Palais, Bärenzwinger, „Zeitglockenturm“). Am 8.9.1880 nachmittags fuhr er weiter (auf der Bahnfahrt lernte er Marie Studer kennen [Frauen]) nach Luzern, wo P. Ambros Meier regelmäßig Orgelkonzerte in der Stiftskirche St. Leodegar im Hof gab und auch Bruckner spielen durfte. Weiter ging es über den Vierwaldstättersee nach Vitznau, von wo aus er mit der Zahnradbahn bis zum Rigi-Kulm fuhr und dort die Nacht im Hotel (9.9.1880) verbrachte, um Sonnenuntergang und ‑aufgang zu erleben. In seinen Taschen-Notizkalender notierte er eine erfreuliche Begegnung mit der Schwester des Hoteliers, Babette Schreiber. Am 10.9.1880 reiste er von Luzern ab, kam am 11.9.1880 in der Früh in München an und fuhr gleich nach Linz weiter.

In seinem „Akademischen Kalender der österreichischen Hochschulen“ für 1880 hielt Bruckner Notizen über diese Reise fest.

Literatur

RENATE GRASBERGER, ANDREA HARRANDT

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 22.9.2017

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft