Skizze in H‑Dur (WAB 109)

Entwurf zum Adagio der Neunten Symphonie, ursprünglich als Skizze zu einer Orgel-Improvisation interpretiert

EZ: vermutlich vor 1890 in Wien
Aut.: G. T. Mandl-Stiftung, Netstal, Schweiz
ED: Willy Andreas/Wilhelm Scholz (Hg.), Die großen Deutschen. Berlin 1936, Bd. 4, S. 144f. (Reinschrift der Skizze Adagio 9. Sinf., Faksimile von T. 1–14); Katalog der Musikautographen-Sammlung Louis Koch. Manuskripte – Briefe – Dokumente von Scarlatti bis Stravinsky. Stuttgart 1953, Nr. 291, S. 277f. (Abschrift von T. 1–9)
NGA: Band XII/6 (Erwin Horn, 1999) und Revisionsbericht (2001)

In dem Katalog der Musikautographen-Sammlung Louis Koch tauchte 1953 unter der Nr. 291 ein „Eigenhändiger Entwurf zu einem Adagio für Orgel (H‑dur)“ von Bruckner auf. Neun Takte Abschrift einer Skizze sind dort von Georg Kinsky (1882–1951) erläutert: „Vermutlich hat Bruckner das Thema nach einer Orgelimprovisation fixiert. Ein Notenblatt von andrer Hand liegt bei; hier sind die ersten 9 Takte voll harmonisiert – mit dem Datum ‚am 20. Mai 1890‘. Der Anonymus ist offenbar August Göllerich.“ Über T. 11 der autografen Skizze stehen untereinander die Angaben „Cornet ½“ und „Echowerk ½“, was zunächst auf die Einrichtung eines Orgelstücks bzw. die Notierung einer Improvisation weist. Letztere Angabe ist aber schwer entzifferbar, da sie mit Noten überschrieben wurde. Dieser Umstand regt zur Vermutung an, die scheinbaren „Registrierangaben“ standen schon auf dem Notenpapier, bevor Bruckner dieses mit Noten beschrieb. Demnach wären die Registernamen nur zufällig an dieser Stelle ohne Bezug auf die Noten. Damit scheint auch die Deutung der Skizze als „Orgelstück“ hinfällig oder zumindest recht vage.

Die ursprüngliche Vermutung wird auch nicht durch die Reinschrift gestützt, die Bruckner von der H‑Dur-Skizze unter dem Titel Adagio 9. Sinf. anfertigte und deren Takte 1–14 1936 in Die großen Deutschen als Faksimile veröffentlicht wurden: „Kompositionsskizze Bruckners für das Adagio der Neunten Symphonie. Eine der frühesten Fassungen des Hauptthemas, vor 1890, Berlin, Staatsbibliothek“. Obwohl diese auf drei Systeme verteilt ist, spricht wenig für einen spezifischen Orgelsatz, noch dazu in der „komplizierten“ Tonart H‑Dur, wie auch der in der Skizze anzutreffende Tonumfang belegt, der über den der damaligen Wiener Orgeln (bis f‘‘‘) mit g‘‘‘–as‘‘‘ hinausgeht. So verwundert es nicht, dass die Reinschrift dem „Krakauer Skizzenkonvolut zur Neunten“ zugezählt wird (Krakauer Skizzen; Neunte Symphonie) respektive sich Struktur-Elemente der Skizze dort wiederfinden, was letztlich auf die Qualität einer Particell-Notation verweist. Zudem vermerkt Max von Oberleithner auf besagter Skizzen-Abschrift mit Harmonie-Bearbeitung vom „20. Mai“ (1890?, die aufgrund der pianistischen Qualität wohl doch nicht August Göllerich zuzuschreiben ist), Bruckner habe dieses Stück komponiert und somit die Thematik eher nicht für eine (oder nach einer) Orgelimprovisation notiert.

Literatur

RAINER BOSS, ERWIN HORN

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 12.5.2017

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Erstdruck

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft