Göllerich, Familie

August (Joseph) d. Ä.: * 2.7.1819 Linz, Oberösterreich/A, † 23.8.1883 Wels, Oberösterreich/A. Deutschnationaler Politiker.

Sohn des k. k. Infanteriehauptmannes Joseph Göllerich und dessen Gattin Elisabeth, geb. Rößlhuber. Die Familie übersiedelte wegen Garnisonswechsel des Vaters 1823 nach Oberitalien, wo Göllerich das Gymnasium in Udine besuchte. Ab 1838 studierte er Jus in Graz und an der Universität Wien. Seine nach Abschluss des Studiums angetretene Beamtenlaufbahn, die ihn nach Wien, Mailand und Linz führte, unterbrach er in den 1850er Jahren für einen Rückzug als Privatier auf ein ererbtes Gut in Vogau bei Straß in der Steiermark. Ab 1860 Gemeindesekretär in Wels, oberösterreichischer Landtagsabgeordneter und Landesausschussmitglied. 1873–1878 Reichsratsabgeordneter. Göllerich hatte neben anderen Positionen die Leitung des Männergesangvereins Wels und führende Positionen beim Oberösterreichisch-Salzburgischen Sängerbund inne.

Seine seit längerem bestehenden Kontakte zu Bruckner werden vor allem durch die 1869 erfolgte Verleihung der Ehrenmitgliedschaft des Männergesangvereins Wels an Bruckner (Ehrungen), die 1877 vorgebrachte Bitte Bruckners um Intervention wegen der Aufführung der Dritten Symphonie und die Komposition des Männerchores Sängerbund (1882) dokumentiert.

Literatur

Sein Sohn
August (eigentl. Augustin Albert Joseph) d. J.: * 2.7.1859 Linz, Oberösterreich/A, † 16.3.1923 Linz. Musikschriftsteller, Pianist.

Als der von Bruckner und dessen Erben autorisierte Biograf (Briefe II, 910511) ist sein Name untrennbar mit dem neunteiligen, von Max Auer zum Teil aus vorhandenen Materialien fortgesetzten Werk Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild verbunden. Aufgewachsen in Wels, genoss Göllerich frühzeitig Klavierunterricht und war bald begeisterter Wagnerianer (Richard Wagner), nach eigenen Angaben aber auch zunächst Anhänger von Robert Schumann und Johannes Brahms. Besuch der Linzer Realschule und anschließend Technikstudium in Wien, parallel dazu musikalische Aktivitäten beim Welser Verein der Musikfreunde. Nach dem Tod des Vaters (1883) und der persönlichen Bekanntschaft mit Franz Liszt, dem er durch die Liszt-Schülerin Antonie Raab (1846–1902) in der Wohnung von Liszts Verwandten im Wiener Schottenhof im April 1884 vorgestellt wurde, wählte er endgültig die Musik als seinen Lebensberuf. Er wurde Schüler und in zunehmendem Maße Sekretär und vertrauter Gesellschafter Liszts in Weimar, Budapest und Rom (mit Unterbrechungen von 1883 bis zu dessen Tod in Bayreuth 1886, den Göllerich aus nächster Nähe miterlebte).

Göllerich wirkte als Pianist in Wien (oft gemeinsam mit August Stradal), unternahm Konzertreisen (u. a. eine fast ein Jahr dauernde Reise mit dem reichen russischen Mäzen Pavel Sorokoumovsky) und war als Musikreferent tätig, so z. B. in der von Engelbert Pernerstorfer (1850–1918) zunächst mit Georg von Schönerer (1842–1921), ab 1883 allein herausgegebenen Zeitung Deutsche Worte sowie im Deutschen Volksblatt, und arbeitete für Nikolaus Österlein (1841–1898) als Lektor.

Als Musikreferent nahm Göllerich eine strikt deutschnationale Haltung ein; vor einem aggressiven Antisemitismus dürfte ihn nach bisheriger Kenntnis dokumentarischer – auch sehr persönlicher – Quellen jedoch das zeitlebens noch nachwirkende weltoffene und kosmopolitische Vorbild Liszts bewahrt haben. (Nach dem Tod ihres Mannes geriet Göllerichs Frau Gisela zunehmend in den Bannkreis der nationalsozialistischen Machthaber und teilte deren Antisemitismus, welche Haltung häufig posthum ihrem – schon 1923 verstorbenen – Mann zugeschrieben wurde.)

Mit Empfehlung Cosima Wagners übernahm Göllerich die Direktion der Ramann-Volkmannschen Musikschule in Nürnberg (1890).

1889 verlobte er sich mit der Liszt-Schülerin Gisela von Pászthory, geb. Voigt von Leitersberg (1858–1946), die er erst 1893 nach Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten (Gisela war geschieden und gehörte der Unitarischen Glaubensrichtung an, der sich auch Göllerich später anschloss) heiraten konnte. Sie brachte drei musikalisch sehr begabte Kinder (Gisela, Palma und Casimir) aus erster Ehe mit und gebar ihrem zweiten Mann weitere zwei Kinder, August und Erika. Gisela war eine überaus tatkräftige und willensstarke Frau und dürfte den sensiblen, melancholischen August stark beeinflusst haben.

Vermutlich auch die neuen so dominanten familiären Verpflichtungen ließen Göllerich auf seine ursprünglich wohl erhoffte internationale Karriere verzichten und er konzentrierte sich auf das Linzer Musikleben. Auf die Bestellung zum Musikdirektor des Linzer Musikvereins und Schuldirektor der Musikvereinsschule mit 1.10.1896 folgte ein konsequenter Ausbau des Unterrichts. Er selbst entfaltete in Linz eine rege Tätigkeit als gesuchter Pädagoge, Konzertpianist, Liedbegleiter, Kammermusiker, Schriftsteller und Dirigent. Doch noch einmal versuchte er, einen größeren Wirkungskreis zu erobern: So reihte er sich in die Schar der Bewerber um die Nachfolge von Hofkapellmeister Johann Nepomuk Fuchs (1842–1899) in Wien ein und unternahm ein Probedirigat vor Operndirektor Gustav Mahler am 9.2.1899 (Giacomo Meyerbeers Die Afrikanerin).

Bis 1900 hatte Göllerich die Leitung des Männergesang-Vereins „Sängerbund“, dann des mit diesem fusionierten „Sängerbundes Frohsinn“ (Liedertafel „Frohsinn“) inne. Auf seine Initiative ermöglichte die Stadtgemeinde Linz 1898–1922 eine Serie von zehn vielbeachteten Bruckner-Konzerten großen Stils, in denen, ergänzt durch weitere Musikvereinskonzerte, neben großen und kleineren Chorwerken alle Symphonien und Messen Bruckners aufgeführt wurden (Bruckner-Stiftungen).

Die persönlichen Kontakte zu Bruckner begannen 1869 in Wels – „Da traf mich zum ersten Male seines Auges Strahl.“ (Göll.-A. 1, S. 9) – und wurden seit 1877 in Wien fortgesetzt. Zu ihrer Intensivierung trugen der (durch die Reisen zum Unterricht bei Liszt allerdings nicht konsequente) Besuch der Universitätsvorlesungen Bruckners (Lehrtätigkeit), eine engere menschliche und künstlerische Bindung und ein Briefwechsel (Briefe) bei.

Die Pläne zur Abfassung einer Bruckner-Biografie mit eingehender Darstellung der Lebens- und Schaffensgeschichte begleiteten Göllerich lange Jahre zunächst nur als Projekt, da seine Bemühungen vorerst dem Aufführen aller großen Werke Bruckners und dem sorgfältigen Sammeln von Informationen galten, er zuerst seine Bücher über Liszt (1888, 1908) und Ludwig van Beethoven (1903) herausbrachte, und schließlich die Wirren und die Not des Ersten Weltkriegs und der Jahre danach den Druck des ersten Bandes der Bruckner-Biografie so verzögerten, dass er 14 Tage vor dem Erscheinen des ersten Bandes (der jedoch noch das Impressum 1922 trägt) verstarb. Einen wesentlichen Bestandteil seines Schaffens bilden die zahlreichen Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge, meistens zum Thema Liszt und Bruckner, sowie die umfangreichen Einführungen zu Konzerten des Linzer Musikvereins. In seinen Veröffentlichungen hat Göllerich in gutem Glauben viele Angaben und Berichte – zum Teil ohne Nennung von Quellen – übernommen, die heute nicht mehr ungeprüft zitiert werden sollten.

Schriften
  • Zur Charakteristik der Gestalten im Ring des Nibelungen. Bayreuth 1895/96
  • Richard Wagners Bühnenfestspiel. Der Ring des Nibelungen. Leipzig 1897
  • Liszt. Zweiter Teil (Erster Teil von Ludwig Nohl). Moskau 1887–Leipzig 1888
  • Beethoven. Berlin 1903
  • Franz Liszt. Erinnerungen (mit Verzeichnis sämtlicher Werke). Berlin 1908
  • Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild. Bd. 1. Regensburg 1922 (Bde. 2–4 weitergeführt von Max Auer bis 1937)
Literatur

ELISABETH MAIER, FRANZ ZAMAZAL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 16.5.2019

Medien

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Abbildungen

Abbildung 1: August Göllerich d. J. (ÖNB, Musiksammlung, F28.Goellerich.410)

Abbildung 2: August Göllerich d. J. im Kreise von Liszt-Schülern in Bayreuth (ÖNB, Musiksammlung, F28.Goellerich.426)

Abbildung 3: Gisela Göllerich, in: Neue Zeitschrift für Musik 103 (1936) H. 6, S. 664/4

Normdaten (GND)

Göllerich, August (Joseph) d. Ä.: 136043925

Göllerich, August (eigentl. Augustin Albert Joseph) d. J.: 118695762

Göllerich, Gisela (geb. Voigt von Leitersberg): 128303417

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft