Rudolf (Franz Karl Josef), Erzherzog von Österreich, Kronprinz

* 21.8.1858 Laxenburg, Niederösterreich/A, † 30.1.1889 Mayerling, Niederösterreich/A. Erzherzog und Kronprinz.

Als einziger Sohn Kaiser Franz Josephs I. und seiner Gemahlin Elisabeth genoss er eine ausgezeichnete Bildung bei „liberalen“ Lehrern (u. a. bei Moritz Alois von Becker und Adolf Exner), die ihn später oft in Konflikte mit dem konservativen Hof brachte. Rudolf hatte weitgefächerte wissenschaftliche Interessen. Auf seine Anregung erschien das 24‑bändige Werk Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild (Wien 1889–1904). Kaiser Franz Joseph I. verbot ihm jedoch weitere naturwissenschaftliche Studien und zwang ihn in eine Militärkarriere. Ohne Wissen seines Vaters betätigte sich Rudolf als Journalist (u. a. im Neuen Wiener Tagblatt) und hatte Kontakt zu liberalen Kreisen, denen auch zahlreiche jüdische Mitbürger angehörten. Dies zog dem Kronprinzen die Feindschaft der Antisemiten zu, sein Antiklerikalismus jene der Kirche, seine Bevorzugung des Bürgertums die Verachtung des Adels. Wie das Kaiserpaar war auch der Kronprinz der Volksmusik verbunden. Er dürfte vermutlich durch seinen Cousin, König Ludwig II. von Bayern, Kontakt mit der Musik Richard Wagners bekommen haben (Hamann 1978, S. 105; Biba Teil 1, S. 356f.; Bled, S. 51). 1881 hatte er sich mit Stephanie von Belgien (1864–1945) vermählt, die ihm ein einziges Kind, Elisabeth (1883–1963), gebar; die Ehe war ausgesprochen unglücklich.

Nach der Thronbesteigung des deutschen Kaisers Wilhelm II. fürchtete Rudolf den Ausbruch eines neuen deutsch-französischen Konfliktes und ein Hineingezogenwerden Österreich-Ungarns. Rudolf versuchte deshalb eine Annäherung an Frankreich. In diese politisch brisante Situation fielen auch schwere physische und psychische Erkrankungen (Gonorrhoe, Augen- und Gelenksentzündung, Depressionen), sodass sich Rudolf seit Herbst 1888 mit dem Gedanken an Selbstmord trug. Da seine damalige Geliebte Mizzi Caspar (1864–1907) nicht mit ihm in den Tod gehen wollte (sondern vielmehr vergeblich versuchte, die Suizidgefährdung des Kronprinzen dem Hof zu melden), nahm Rudolf die in ihn schwärmerisch verliebte Marie Alexandrine Freiin von Vetsera (1871–1889), genannt Mary, mit der er im Herbst 1888 eine Affäre begonnen hatte, mit in den Tod. Er erschoss Mary und sich am 30.1.1889 im Jagdschloss Mayerling.

Rudolfs Tod war der Anlass zu Vertuschungsaktionen seitens des Hofes einerseits und wilden Spekulationen andererseits. Kaum eine Woche nach dem Tod Rudolfs (nach Eckstein; einem Brief Josef Schalks an seinen Bruder Franz zufolge allerdings erst am 1.3.1889, Briefe II, 890303) machte Bruckner mit Friedrich Eckstein eine Schlittenpartie nach Heiligenkreuz und Mayerling, um – wie es seine Art war (Persönlichkeit) – dem Ort des tragischen Geschehens näherzukommen: „War es doch kaum eine Woche her, daß sich alle diese furchtbaren Dinge zugetragen hatten, die Bruckner die ganze Zeit über mit tiefem Schrecken erfüllt hatten. Nun begann er wieder einmal, wohl zum hundertsten Male, mit mir über diese Ereignisse zu reden und mich um meine Absicht zu befragen. Schließlich eröffnete er mir, der eigentliche Zweck der heutigen Schlittenfahrt sei für ihn nicht so sehr das Bedürfnis, endlich wieder einmal in frischer Luft zu sein und die Winterlandschaft zu genießen, als vielmehr sein unstillbares, übermächtiges Verlangen, den Schauplatz aller dieser Greuel zu besuchen, die Örtlichkeiten genau kennenzulernen und womöglich von einzelnen der dort lebenden Persönlichkeiten Näheres über den Hergang dieser ungeheuerlichen Ereignisse zu erfahren.“ (Eckstein, S. 163). Auch seine drängenden Fragen an den Abt des Stiftes Heiligenkreuz (Heinrich Grünbeck, Abt von 1879–1902) konnten ihm keine nähere Aufklärung über den Ablauf der Ereignisse verschaffen.

Schriften
  • Fünfzehn Tage auf der Donau. Wien 1878
  • Der österreichische Adel und sein constitutioneller Beruf. Mahnruf an die aristokratische Jugend. München 1878
  • Gesammelte ornithologische und jagdliche Skizzen. Wien 1884
  • Eine Orientreise vom Jahre 1881. Wien 1885
  • Jagden und Beobachtungen. Wien 1887
Literatur
  • Brigitte Hamann, Rudolf – Kronprinz und Rebell. Wien–München 1978
  • Friedrich Eckstein, „Alte unnennbare Tage“. Erinnerungen aus siebzig Lehr- und Wanderjahren. Wien 1988, bes. S. 161–166
  • Brigitte Hamann (Hg.), Majestät, ich warne Sie … Geheime und private Schriften. Wien 1979
  • Otto Biba, Musik, in: Das Zeitalter Franz Josephs. Niederösterreichische Landesausstellung, Schloß Grafenegg. Teil 1: Von der Revolution zur Gründerzeit. 1848–1880. Wien 1984, S. 352–359; Teil 2: 1880–1916. Glanz und Elend. Wien 1987, S. 222–231
  • Briefe IIAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. II. 1887–1896 (NGA XXIV/2). Wien 2003
  • Jean-Paul Bled, Kronprinz Rudolf. Wien–Köln–Weimar 2006
  • Brigitte Hamann, Art. „Rudolf, Franz Karl Josef Erzhg. von Österr., Kronprinz“, in: www.biographien.ac.at [23.4.2019]

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 23.4.2019

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Abbildungen

Abbildung 1: An der Schönen Blauen Donau 2 (1887) H. 15, S. 360/1

Abbildung 2: An der Schönen Blauen Donau 2 (1887) H. 23, S. 552/1

Normdaten (GND)

Rudolf (Franz Karl Josef), Erzherzog von Österreich, Kronprinz: 118603698

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft