Buhz, Ida

* 25.1.1873 Berlin/D, † 24.12.1959 Berlin. Verlobte Bruckners.

Ida Buhz kommt unter den von Bruckner verehrten, meist sehr jungen Frauen und Mädchen eine besondere Rolle zu, da er sich mit ihr in den letzten Tagen des Mai oder ersten des Juni 1891 während seines ersten Aufenthaltes in Berlin verlobt hatte.

Sie war die Tochter des Schustermeisters Leberecht Hermann Wilhelm Buhz und seiner Ehefrau Friederike Marie Luise, geb. Janke, hatte die Pflichtschule in Berlin besucht und war schon sehr früh „in Stellung“ gegangen. Ab Jänner 1891 arbeitete sie im Hotel „Kaiserhof“ in Berlin als Stubenmädchen, wo sie Bruckner kurz nach seiner Ankunft am 27.5.1891 kennen lernte. Ida war von gewinnendem Äußeren, scheint über eine gut durchschnittliche Bildung verfügt zu haben, wie man aus ihren Briefen an Bruckner entnehmen kann, konnte Klavier spielen und hatte offenbar ein natürliches Empfinden für Kunst. In den sehr widersprüchlichen, teilweise sehr kritischen, geringschätzigen, ja verleumderischen Berichten und Erinnerungen von Bruckners jungen Freunden und Interpreten (so etwa bei Siegfried Ochs) ist kein einziger konkreter Faux pas des Mädchens überliefert. Dennoch scheint sich Bruckner in seinem gewohnten Milieu für Ida geniert zu haben.

Aus der Verlobung wurde bekanntlich keine Ehe: Bruckner dürfte in Ida – wie schon so oft zuvor – lediglich die Verkörperung seines weiblichen Ideals gesehen und den Zustand der Verliebtheit an sich gesucht haben. Er sah sich auch weiterhin (und gleichzeitig) nach anderen hübschen Mädchen als mögliche Heiratskandidatinnen um und renommierte in fast pubertärer Weise mit seiner Eroberung: „Erst gestern wieder ein Brief von einem Bürgerfräulein Berlins (18 Jahre alt.) Die will mich um jeden Preis haben! zum Lachen!“ (Briefe II, 911120/2, an Karl Waldeck).

Ida wiederum konnte sich zu der von Bruckner offenbar als Bedingung angesprochenen Konversion zum Katholizismus nicht entschließen, da sie ihrer evangelischen Konfession treu bleiben wollte. Sie arbeitete u. a. in der von Adolf Stoecker (1835–1909) im Jahre 1877 gegründeten und am 16.11.1891 als juristische Person anerkannten Evangelischen Stadtmission mit, die u. a. das „Christliche Hospiz“ betrieb. Hier wurde Ida 1892 auch formell angestellt. (Dass es Bruckner war, der Ida zum Schutz ihrer Tugend in dieser durch das religiöse Umfeld behüteteren Anstellung unterbringen wollte, gehört zu den von der frühen Bruckner-Biografik gepflegten fiktionalen Darstellungen.)

Auch bei Bruckners zweitem Berliner Aufenthalt im Jänner 1894 war die Verbindung zu Ida (bis zu ihrem letzten nachweisbaren Brief vom 21.7.1894 an Bruckner, Briefe II, 940721) noch aufrecht; spätere – auch briefliche – Kontakte sind nicht bekannt.

Bis vor wenigen Jahren war man (so auch die Autorin noch im Bruckner-Handbuch 1996) überzeugt, Ida sei unverheiratet geblieben und nach Bruckners Tod Diakonisse (Mitglied einer evangelischen Schwesterngemeinschaft) geworden. Durch neuerdings zugänglich gewordene Dokumente, die sich im Nachlass Leopold Nowaks fanden, hat sich diese Annahme ebenfalls als biografisch-literarischer Topos erwiesen: Ida heiratete nach dem Tod Bruckners und ihres Vaters am 29.3.1898 in Berlin den Oberkellner Richard Bernhard Heinrich Brass (* 7.2.1868 Soest, Nordrhein-Westfalen/D). Die Ehe blieb kinderlos und verlief unglücklich, wohl auch deshalb, da sich Ida zunehmend in die Erinnerungen an ihren „lieben Herrn Professor Bruckner“ flüchtete, was ihren Ehemann zu Eifersuchtsszenen hinriss.

Nach außen hin hat Ida über ihre frühere Beziehung zu Bruckner zeitlebens konsequent geschwiegen, wohl auch auf Grund der früheren verleumderischen Unterstellungen. Ihre einzige Vertraute war ihre Nichte Elisabeth Buhz, die nach dem Tod Idas (im Städtischen Krankenhaus Berlin wegen einer Lungenentzündung und Altersschwäche) im ausdrücklichen Auftrag der Verstorbenen die von dieser bis zuletzt aufbewahrten Erinnerungsstücke (u. a. Fotografien, eine Visitenkarte Bruckners, Zeitungsausschnitte, das Programm des Bruckner-Konzertes am 8.1.1894 etc.) an Nowak sandte, der das Material – vermutlich aus Pietät, wie er sie verstand – vor der Öffentlichkeit verbarg. Aus dem Begleitschreiben der E. Buhz geht hervor, dass Ida sich bewusst vom ehemaligen Bruckner-Umkreis und von Bruckners Verwandtschaft fernhielt, um nicht in den Verdacht zu kommen, finanzielle Ansprüche stellen zu wollen. Die in ihrem Besitz befindlichen Bruckner-Briefe hat Ida in ihren späten Jahren (um 1947) während eines ehelichen Streites verbrannt. Dass Idas Ehe mit Bruckner nicht zustande kam, begründete ihre Nichte wie folgt: „Wenn ich im Alter häufig mit ihr über die Angelegenheit sprach, warum sie damals nicht anders gehandelt habe, sagte sie mir, der Glaube war ausschlaggebend und der große Altersunterschied.“ (Maier, S. 27).

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 25.9.2019

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Abbildungen

Abbildung 1: Ida Buhz, um 1892 (ÖNB, Musiksammlung, F206.Buhz.1)

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft