Adagio Nr. 2 (1876) in Es‑Dur (zu WAB 103)

2 Fl., 2 Ob., 2 Klar., 2 Fg., 4 Hr., 3 Trp., 3 Pos., Pk., Str.

„Bewegt, quasi Andante, feierlich“

EZ: vermutlich Herbst 1876
UA: 23.5.1980 in Wien, Musikvereinssaal (Wiener Philharmoniker; Claudio Abbado)
Aut.: Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (A.173, Partiturfragment; XIII.26428, Stimmenfragment, As. mit autografen Eintragungen); ÖNB‑MS (Mus.Hs.19475, Partiturfragment)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Zu Band III/1 (Leopold Nowak, 1980) und Revisionsbericht (Thomas Röder, 1997)

Bei dem von seinem Entdecker und ersten Herausgeber Nowak im Titel so genannten „Adagio Nr. 2, 1876“ handelt es sich um den 2. Satz der 1873 entstandenen Dritten Symphonie. Die Symphonie wurde 1876/77 überarbeitet (Röder 1997, S. 22), zum Adagio findet sich der Eintrag „Okt. 1876 neu“ (ÖNB‑MS, Mus.Hs.6013, T. 232). In dieser Form plante Bruckner das Werk aufführen zu lassen. Folgt man dem Befund, den das Manuskript der 2. Fassung der Dritten bietet, die der Uraufführung im Dezember 1877 zugrunde lag, so war jedoch spätestens Mitte Oktober 1877 das Adagio Nr. 2 obsolet. Bruckner entfernte einen ganzen Formteil und formulierte den Anfang des Satzes sowie v. a. dessen gesamte Schlusspartie (vom Buchstaben K an) völlig neu. Es deutet alles darauf hin, dass Bruckner hiermit auf eine Kritik des designierten Uraufführungsdirigenten Johann Herbeck reagierte, der Ende September 1877 die Novitätenprobe der Wiener Philharmoniker leitete. Denn die Umarbeitung des ursprünglichen Adagio zum Adagio Nr. 2 führte zu Streicherfigurationen im Schlussteil, deren Akkordkaskaden gegenüber den Mikrosynkopen der Erstfassung nur weniges an Vereinfachung brachten. Die Umarbeitung zur endgültigen 2. Fassung erfolgte rasch, innerhalb eines Monats, und da das Stimmenmaterial bereits ausgeschrieben war, mussten hier die betreffenden Passagen mit dem neuen Notentext überklebt werden. Das Fragment des Stimmensatzes von 1876/77 – bis auf den Kontrabass fehlen die Streicherstimmen, außerdem die 1. und 2. Oboe, die Tenor-Posaune und die Pauken – enthält überdies auch wichtige gestrichene und abgeänderte Passagen im Finale.

Das Adagio Nr. 2 war ursprünglich und nicht zuletzt durch die „rhythmische Regulierung“ (Rhythmik; Metrik, metrische Ziffern) von 1876 um elf Takte länger als das Adagio der 1. Fassung geraten. Zur Uraufführung kürzte Bruckner v. a. eine zusätzlich und mitten im Verlauf eintretende Wiederkehr des 1. Themas.

Der Satz ist von seiner Formanlage und seinen Satzcharakteren her noch der 1. Fassung zuzuordnen. Seine separate Publikation motivierte gelegentlich zu Konzertaufführungen und Schallplatteneinspielungen. Eine Wiederherstellung des authentischen Kontexts würde aber zumindest die Rekonstruktion des Finales nötig machen.

Literatur

THOMAS RÖDER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 29.6.2017

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft