Rotter, Ludwig
* 6.9.1810 Wien/A, † 5.4.1895 Wien. Organist und Komponist.
Nach mehreren Jahren als Klavierlehrer und ‑begleiter sowie als Organist wurde Rotter Mitte der 1830er Jahre Organist an den Wiener Kirchen Am Hof und an der Universitätskirche (beide 1. Bezirk). 1842–1848 wirkte er als Lehrer an der Kirchenmusikschule bei St. Anna, wo u. a. Johann Herbeck zu seinen Schülern zählte. 1845–1864 war er in der Nachfolge Josef Drechslers (1782–1852) als Regens chori an der Universitätskirche und ebenfalls 1845–1876 als Kapellmeister an der Kirche Am Hof tätig. 1858 wurde er Exspektant der Hofmusikkapelle und am 10.9.1862 Nachfolger Gottfried Preyers als wirklicher Hoforganist, 1867 als Nachfolger Simon Sechters Erster Hoforganist und somit Kollege von Rudolf Bibl und Bruckner. Seit 19.12.1870 war Rotter auch (Titular‑)Vizehofkapellmeister. Da seine Schwerhörigkeit ständig zunahm, wurde er an der Hofmusikkapelle 1877 außer Dienst gestellt (sein Nachfolger wurde Pius Richter). Er war Ehrenmitglied des Kirchenmusikvereins in Wien und des Mozarteums in Salzburg. Seine Kompositionen (fast ausnahmslos Kirchenwerke) waren außerordentlich beliebt und standen mit 797 Aufführungen in den Jahren 1867–1896 (das sind 42,55 %der insgesamt aufgeführten Werke; Bruckner: 40 Aufführungen, das sind 2,1 %!) weit an der Spitze des Repertoires. 1880 wurde Rotter in Anerkennung seiner Verdienste mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph‑Ordens ausgezeichnet.
Seine Zeitgenossen schätzten an Rotter, dass er „die ihm reichlich zuströmenden musikalischen Ideen in edle, schöne Form zu kleiden“ verstand, und dass seine Kirchenwerke, „denen im Allgemeinen ein weicher, auf schöne Klangwirkung gerichteter Charakter innewohnt“, eine „würdige Haltung“ zeigten und dazu ein „tüchtiges contrapunktisches Können“ aufwiesen (Dietz, S. 394). Rotters Ehrengrab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nr. 15).
Werke
- 6 Messen, 2 Requien
- Gradualien, Offertorien, Salve Regina, Te Deum
- Bühnenmusik zum Zauberspiel Der Genius der Genügsamkeit, oder Mode, Luxus und Verschwendung (1837 im Theater in der Leopoldstadt aufgeführt)
- Ouvertüren
- Kammermusik
- Klavierstücke
Schriften
- Harmonologie. Vollständige theoretisch-practische Generalbaß- und Harmonielehre in systematischer Ordnung und leichtfaßlicher Darstellungsweise, zum Gebrauche angehender Tonkünstler […]. Wien 1849
Literatur
- Art. „Rotter, Ludwig“, in: WurzbachConstantin von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 60. Bde. Wien 1856–1891. Online abrufbar unter: Bd. 27 (1874), S. 166–169
- Max Dietz, Art. „Rotter, Ludwig“, in: ADBAllgemeine deutsche Biographie. Hg. v. der Historischen Commission bei der Königl. Akademie der Wissenschaften. 56 Bde. Leipzig 1875–1912 29 (1889), S. 392ff.
- Hans Jancik, Art. „Rotter, Ludwig“, in: MGG¹Friedrich Blume (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 17 Bde. Kassel u. a. 1949–1986 11 (1963), Sp. 996f.
- Bruno Jahn (Bearb.), Deutsche Biographische Enzyklopädie der Musik. 2 Bde. München 2003
- Manfred Wagner, Die Harmonielehren der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Studien zur Musikgeschichte des 19. Jahrhunderts 38). Regensburg 1974
- HofmusikkapelleTheophil Antonicek, Anton Bruckner und die Wiener Hofmusikkapelle (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 1). Graz 1979
- Richard Steurer, Das Repertoire der Wiener HofmusikkapelleTheophil Antonicek, Anton Bruckner und die Wiener Hofmusikkapelle (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 1). Graz 1979 im neunzehnten Jahrhundert (Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation 22). Tutzing 1998
- M. Kreuz, Art. „Rotter, Ludwig“, in: www.biographien.ac.at [7.12.2018]
- Alexander Rausch/Christian Fastl, Art. „Rotter, Ludwig“, in: www.musiklexikon.ac.at [7.12.2018]