Bibl, Rudolf

* 6.1.1832 Wien/A, † 2.8.1902 Wien. Organist und Komponist.

Sein Vater war der Organist Andreas Bibl (* 8.4.1797 Wien, † 30.9.1878 Wien), der seine musikalische Ausbildung als Hofsängerknabe bei Johann Georg Albrechtsberger und Joseph Preindl erhalten hatte. Ab 1816 wirkte Vater Bibl als Organist in der Wiener Leopoldstadt (2. Bezirk), ab 1818 an St. Stephan und St. Peter. Andreas Bibl war Mitschüler und Freund von Franz Schubert. Er hinterließ Kirchen- und Orgelmusik.

Rudolf Bibl studierte bei seinem Vater und bei Simon Sechter, wurde 1850 Organist an St. Peter, 1859 an St. Stephan, 1863 Hoforganist (16.2.1863 Exspektant, definitive Anstellung 1.6.1875), Vizearchivar sowie zweiter Singlehrer der Sängerknaben (seit 18.9.1863 bis zur Definitivanstellung) und 1897 Titular-Hofkapellmeister (Hofmusikkapelle). Ab 1891 unterrichtete er zusätzlich an der Lehrerbildungsanstalt und an der Horak‘schen Musikschule.

Er versah, wöchentlich abwechselnd mit Pius Richter und Bruckner, den Orgeldienst in der Hofkapelle und erteilte im Löwenburg‘schen Konvikt den Sängerknaben Klavierunterricht. Eine sehenswerte Situationsschilderung zeigt Leopold Columban Welleba (1878–1953) in einem Aquarell in seinem Album „Erinnerungen aus meiner Hofsängerknabenzeit 1888–1892“, in dem auch Bruckner mehrmals dargestellt ist (IKO 29–31, Ikonografie). Bibl war auch als erster zur Einweihung der neuen Orgel nach Nancy eingeladen worden. Erst nach seiner Absage wandte man sich an Bruckner. Häufig vertraten einander Bruckner, Richter und Bibl bei den Hofkapelldiensten, ein Usus, mit dem man sich die Einstellung von Substituten ersparte. Über Bibls Spiel soll Joseph Hellmesberger bissig geurteilt haben: Bibl „spielt wia a Schualeder“ (Göll.-A. 4/1, S. 485). Von großzügiger und neidloser Gesinnung zeugt Bibls Ausspruch, Bruckner sei ein großer Mann und seine Messen Meisterwerke, besser als die, die er selber komponiere (Göll.-A. 4/2, S. 374). Dabei waren Bibls Kirchenwerke außerordentlich beliebt; gemessen an der Zahl der Aufführungen zwischen 1867 und 1896 stand er (nach Ludwig Rotter, Gottfried Preyer und Johann Herbeck) mit 160 Aufführungen (8,54 %) an 4. Stelle, während Bruckner im Vergleichszeitraum nur auf 40 Aufführungen (2,13 %) kam.

Stilistisch schloss Bibl an die Klassik an; besonders beliebt waren seine Kompositionen und Arrangements für Harmonium.

Werke
  • Vokalwerke: 4 Instrumental-Messen (u. a. Missa in hon. S. Caeciliae op. 55, Messe in F‑Dur op. 67, Requiem in c‑Moll op. 79), Gradualien und Offertorien, 3 Lieder op. 16, Trost für Männerchor a cappella op. 75
  • Orgelwerke: 4 Fugen für die Orgel op. 25, 6 Charakterstücke op. 64, Konzert für Orgel und Orchester op. 68, Sonate d‑Moll op. 74, 12 Präludien op. 70, Orgelschule op. 81
  • Werke für Harmonium: Harmonium. Sammlung von Tonstücken berühmter Komponisten neuerer Zeit für Harmonium bearbeitet op. 29, Kompositionen und Gesänge aus alter Zeit op. 66, 3 Charakterstücke für Harmonium und Klavier op. 31, Kleine theoretisch-praktische Harmonium-Schule op. 14
  • Klavierwerke: 6 Klavier-Stücke in Romanzenton op. 45 und 51, Sonate für Klavier zu 4 Händen op. 36, 2 Bagatellen op. 76
  • Kammermusik: Sonate für Violine und Klavier op. 42
Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 8.4.2019

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Normdaten (GND)

Bibl, Rudolf: 128580399

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft