Salzburg
Hauptstadt des gleichnamigen österreichischen Bundeslandes und Erzbistums; Verwaltungs-, Kultur- und Handelszentrum; Universitätsstadt; seit 1920 Salzburger Festspiele. 1869: 24.000, 2019: ca. 154.000 EW.
Mit der Säkularisation war 1803 Salzburgs Zeit als geistliches Fürstentum beendet. In der Folge wechselte mehrmals die Regierungsform und Staatszugehörigkeit, 1816 kam Salzburg endgültig zu Österreich. Nach Auflösung der Salzburger Hofkapelle (1806) und Jahren der Stagnation übernahm das Bürgertum das kulturelle Geschehen in der Stadt und organisierte sich im Museumsverein. 1841 kam es über Initiative des Sekretärs dieser Gesellschaft, des Advokaten Franz von Hilleprandt (1796–1871), durch Erzbischof Friedrich Fürst zu Schwarzenberg (1809–1885) zur Gründung des Dom-Musik-Vereins und Mozarteum. Dieser sollte ein festes Ensemble von Sängern und Instrumentalisten unter der Leitung eines Kapellmeisters erhalten, um in der Lage zu sein, in Kirche und Konzert würdige Musik aufzuführen und an der Musikschule Mozarteum die Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses zu übernehmen. Entsprechend diesen Erfordernissen wurde das Mozarteum als „Singschule“, „Instrumental- und Übungsanstalt“ im Kapellhaus eingerichtet, der Dom-Musik-Verein konstituierte sich unter der Administration von Hilleprandt und der künstlerischen Leitung von Domkapellmeister Alois Taux (1817–1861). Bereits im ersten Vereinsjahr betrug der Personalstand 48 Mitglieder. Sie übernahmen am Dom und an 14 Kirchen der Stadt die Musik und hatten jährlich sechs Vereinskonzerte zu absolvieren.
1847 gelang Taux mit dem Zusammenschluss der lokalen Singvereine die Gründung der Salzburger Liedertafel, die zum Ausgangspunkt der Entwicklung des Chorwesens in Stadt und Land Salzburg wurde. Zur Mozart-Zentenarfeier 1856 wurden alle Salzburger Ensembles aufgeboten. Am Sängerfest nahmen mehr als 500 Mitglieder benachbarter Liedertafeln teil, unter ihnen auch Bruckner mit der Liedertafel „Frohsinn“. Bei dieser Gelegenheit spielte Bruckner die Orgel im Dom und maß sich mit Robert Führer – als dieser Bruckners Stil kritisierte – im Wettspiel. Auch 1869 und 1870 spielte Bruckner an den Orgeln im Dom und in der Universitätskirche. 1869 trug Bruckner bei einem der „Schachner-Abende“ in St. Peter, die im Anschluss an die Aufführung von Rudolph Schachners (1816–1896) Oratorium Israels Heimkehr aus Babylon stattfanden, einige Klavierwerke vor.
Bereits 1861, nach dem Tod von Taux, hatte sich Bruckner um dessen Stelle als Direktor der (bis 1881 vereinigten) Körperschaften Dom-Musik-Verein und Mozarteum beworben (Bewerbungen). Obwohl sein siebenstimmiges Ave Maria (WAB 6), das Bruckner vor der Kommission dirigierte, vorzügliche Wirkung hinterließ (Walterskirchen 1979, S. 15), erhielt die Stelle Bruckners ehemaliger St. Florianer Kollege Hans Schläger. Auch Bruckners neuerliche Bewerbung im Jahr 1868 fand trotz des nachdrücklichen Hinweises auf die bisherige Kompositions- und Lehrtätigkeit und die damit verbundene Erfahrung im Dirigieren keine Berücksichtigung, trug Bruckner jedoch die Ehrenmitgliedschaft des Dom-Musik-Vereins und Mozarteums ein. Bruckner hatte als Referenz seine Messe in d-Moll eingereicht, zur Aufführung kam sie allerdings erst 1870 im Dom. Sie bot, wie die Salzburger Zeitung berichtete, „den Kennern und Freunden der Kirchenmusik einen hohen Genuß dar“ (Salzburger Zeitung 12.9.1870, S. 2).
Um die frühe Rezeption des symphonischen Schaffens Bruckners machte sich besonders Mozarteum-Direktor Joseph Friedrich Hummel (1841–1919) verdient: 1891 leitete er die Salzburger Erstaufführung der Dritten Symphonie, von der das Publikum „überwältigt“ (zit. n. Walterskirchen 1979, S. 17) war, und 1897 jene der Vierten Symphonie mit dem Orchester des Dom-Musik-Vereins. Hummel hatte das Vereinsorchester nach zahlreichen Proben mit „unsäglicher Mühe zu dieser Leistung gebracht“ (zit. n. Walterskirchen 1979, S. 17). 1921 folgte die Siebente Symphonie mit dem Mozarteum-Orchester unter Franz Ledwinka (1883–1972), 1923 die Fünfte Symphonie unter der Leitung von Bernhard Paumgartner (1887–1971). Seit 1925 stehen regelmäßig Werke von Bruckner auf dem Programm der Salzburger Festspiele. Herbert von Karajan führte im Rahmen der Osterfestspiele Salzburg Bruckner-Symphonien zyklisch auf, ebenso die Salzburger Kulturvereinigung in ihren Abonnement-Konzerten im Großen Festspielhaus. „Der Weg von Oberösterreich nach Salzburg war für Bruckner weit“, wie der Rezensent der Salzburger Wacht wegen der späten Rezeption der Werke Bruckners nach der Aufführung der Messe in f-Moll bemerkte (Salzburger Wacht 12.7.1920, S. 7).
Literatur
- Tagesneuigkeiten, in: Salzburger Zeitung 12.9.1870, S. 2
- Bruckners große Messe in F-Moll. Im Mozarthaus und im Dom, in: Salzburger Wacht 12.7.1920, S. 7
- Constantin Schneider, Geschichte der Musik in Salzburg von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart. Salzburg 1935
- Ernst Hintermaier, Anton Bruckner und der „Dommusikverein und Mozarteum“ in Salzburg, in: IBG-MitteilungsblattMitteilungsblatt der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Studien & Berichte. Hg. v. der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1971ff. Nr. 16 (Dezember 1979), S. 4–13
- Gerhard Walterskirchen, Bruckner in Salzburg – Bruckner-Erstaufführungen in Salzburg, IBG-MitteilungsblattMitteilungsblatt der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Studien & Berichte. Hg. v. der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1971ff. Nr. 16 (Dezember 1979), S. 14–20
- Gerhard Walterskirchen, Art. „Bruckner, Anton“, in: Adolf Haslinger/Peter Mittermayr (Hg.), Salzburger Kulturlexikon. Salzburg 2001, S. 99
- Jürg Stenzl u. a. (Hg.), Salzburger Musikgeschichte. Vom Mittelalter bis ins 21. Jahrhundert. Salzburg u. a. 2005
- Johanna Senigl, Art. „Dom-Musik-Verein und Mozarteum Salzburg“, in: www.musiklexikon.ac.at [7.9.2020]
- Gerhard Walterskirchen, Art. „Salzburg (Stadt)“, in: www.musiklexikon.ac.at [7.9.2020]