Taschen-Notizkalender

Obwohl Bruckner in dem sehr brief- und tagebuchfreudigen 19. Jahrhundert lebte, geben nur die wenigsten seiner Briefe tatsächlich Einblick in sein Inneres, da er sich nur selten freigab und sich hinter der Formelsprache seiner Zeit und Umwelt verschanzte. Ein umso größerer Stellenwert kommt demnach seinen einzigen wirklich privaten Aufzeichnungen zu: seinen Taschen-Notizkalendern.

Trotz der unglücklichen Umstände, die zur Zerteilung seines Nachlasses führten, sind insgesamt 23 Kalender zur Gänze oder zumindest teilweise erhalten. Die Eintragungen reichen – zunächst mit mehrere Jahre umfassenden Lücken – vom Jahr 1860 bis unmittelbar zum Tod Bruckners.

Bruckner benützte seine Notizbücher in verschiedenen zeitlichen Phasen: War der Kalender neu, so diente er dem Festhalten von Terminen, Unterrichtsstunden, Adressen, Haushaltsnotizen und ‑rechnungen, von musikalischen Notizen, beeindruckenden persönlichen Begegnungen etc. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden eventuell freigebliebene Seiten für weitere Notizen genutzt – meist parallel zu einem neuen, aktuellen Kalender. Im Fall von Urlaubsreisen und der für Bruckner so charakteristischen Gebetsaufzeichnungen (Persönlichkeit) schließlich verwendete er die restlichen freien Seiten, wodurch sich eine dritte zeitliche Schicht ergibt.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind folgende Kalender bekannt: Brieftaschen-Kalender für das Jahr 1860; Krippen-Kalender für das Jahr 1872; Oesterreichischer Volks- und Wirtschafts-Kalender für das Schaltjahr 1876; Reise-Notizbüchlein, beschrieben 1876–1889; Neuer Krakauer Schreib-Kalender für das Jahr 1877; ebenso für das Jahr 1878; Akademischer Kalender der Österreichischen Hochschulen für das Studienjahr 1879; ebenso für die Studienjahre 1880 und 1882; Neuer Krakauer Schreib-Kalender für das Jahr 1883; Fromme‘s neuer Auskunfts-Kalender für Geschäft und Haus 1884; Notizbuch 1884/85 mit den in Leipzig gemachten Aufzeichnungen; Fromme‘s Oesterreichischer Hochschulen-Kalender für Professoren und Studirende für das Studienjahr 1884/85; ebenso für das Studienjahr 1885/86; Notizbuch, beschrieben um 1885/86; Fromme‘s Oesterreichischer Professoren- und Lehrer-Kalender für das Studienjahr 1886/87; ebenso für die Studienjahre 1887/88, 1888/89, 1889/90, 1890/91 und 1894/95; ebenso für das Jahr 1893/94 (verschollen, Inhalt jedoch zum Großteil bekannt); undatiertes Notizbuch; undatierte Gebetsaufzeichnungen.

Die meisten der Notizkalender befinden sich in der Musiksammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, seit einigen Jahren auch der lange in Schweizer Privatbesitz befindliche Kalender für das Studienjahr 1880 mit Bruckners Aufzeichnungen zu seiner einzigen großen Urlaubsreise in die Schweiz (Schweizerreise). Vereinzelt finden sich auch heute noch im Autografenhandel einzelne Blätter aus den Kalendern, die von Anton Meißner verschenkt wurden.

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.9.2017

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft