Winbeck, Heinz

* 11.2.1946 Piflas, Bayern/D, † 26.3.2019 Regensburg/D. Komponist.

1964–1967 erfuhr Heinz Winbeck seine Ausbildung am Richard-Strauss-Konservatorium in München in Klavier von Magda Rusy (1906–1975) und im Dirigieren von Fritz Rieger (1910–1978). Danach wechselte er an die Staatliche Hochschule für Musik nach München, wo er in Komposition zunächst von Harald Genzmer (1909–2007) und später von Günter Bialas (1907–1995) und im Dirigieren von Jan Koetsier (1911–2006) unterrichtet wurde. Das Fach Komposition beendete er 1973 mit dem Staatsexamen. 1974–1978 war Winbeck zunächst als Schauspielkapellmeister und Schauspielkomponist in Ingolstadt tätig und wirkte bei den Luisenburg-Festspielen in Wunsiedel mit. Ab 1980 unterrichtete er an der Staatlichen Hochschule für Musik in München, 1987 wurde er hauptamtlicher Dozent für Musiktheorie und Gehörbildung. Durch ein Stipendium des Freistaates Bayern erhielt er die Möglichkeit eines halbjährigen Aufenthalts (1981/1982) an der Cité Internationale des Arts in Paris. 1988–2011 arbeitete er als Professor für Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik in Würzburg. Nach mehrjähriger Pause widmete er sich 2001 erneut seinem kompositorischen Schaffen. Winbeck erhielt mehrere Auszeichnungen und Ehrungen, wie 1981 den Förderpreis der Stadt München und 2004 den Gerda-und-Günter-Bialas-Preis. Neben seinen fünf Symphonien umfasst sein Œuvre auch eine Reihe kammermusikalischer Kompositionen – darunter drei Streichquartette – sowie Vertonungen bekannter lyrischer Vorlagen von Georg Trakl (1887–1914), Nelly Sachs (1891–1970) oder Nikolaus Lenau (1802–1850).

Bereits die orchestrale Anlage seiner ersten vier Symphonien, die sämtlich zwischen 1983 und 1993 entstanden, legten Vergleiche zu Bruckner und Gustav Mahler nahe, da Winbeck diese Deutungsweise selbst durch Äußerungen bzw. mit dem Hinweis der Beschäftigung mit beiden Komponisten, aber auch durch kompositorische Zitate untermauerte. Einen weiteren Bezugspunkt zu Bruckner bilden die von Winbeck häufig in den Untertiteln seiner Werke oder Werkteile aufscheinenden Referenzen auf religiös-geistliche Inhalte oder Musiktraditionen (siehe Persönlichkeit). Die Fortsetzung seines kompositorischen Schaffens erfolgte 2001 durch einen Kompositionsauftrag von Dennis Russell Davies, mit der Bitte zur Komplettierung des Finalsatzes der Neunten Symphonie. Die darauffolgende sechsjährige Beschäftigung mit dem Quellenmaterial der Neunten Symphonie mündete letztlich in Winbecks 5. Symphonie mit dem Titel „Jetzt und in der Stunde des Todes“ Nach Motiven insbesondere des Finales der IX. Symphonie von Anton Bruckner für Orchester. Im Unterschied zu den zahlreichen Komplettierungen des Finalsatzes im 20. Jahrhundert lässt Winbeck die Idee einer philologisch fundierten Vervollständigung der Symphonie mit zunehmender Beschäftigung mit dem Quellenmaterial fallen, um kontrastierend dazu den fragmentarischen Charakter als ästhetisches Prinzip hervorzuheben und mit einer psychologischen Perspektive zu erweitern. Dazu greift Winbeck die Vorstellung auf, Bruckners letzten Lebensabschnitt und damit die Arbeit an der Neunten Symphonie psychologisch nachzuzeichnen, nicht ohne gängige Topoi wie den der letzten großen Kraftanstrengung zu bedienen. Die Satztitel der Symphonie (1. Satz: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneiget“, 2. Satz: „Komm, heiliger Geist und entzünde …“, 3. Satz: „Jetzt und in der Stunde des Todes“) nehmen wiederum Bezug auf Bruckners Religiosität und „markieren [als] religiöse Textbausteine ähnlich Bojen über den Wellenbergen und -tälern der Musikflut die Wegrichtung“ (Winbeck, S. 11f.). Trotz der programmatisch gewissermaßen von Bruckner durchdrungenen Anlage der Komposition enthält Winbecks 5. Symphonie lediglich 4 Takte, die als direktes Zitat aus Bruckners Neunter Symphonie stammen. Weitere Motivzitate aus Richard Wagners Götterdämmerung finden sich wiederum im letzten Satz und nehmen Bezug auf Bruckners Wagner-Verehrung.

Die für den 25.9.2009 in der Stiftsbasilika St. Florian geplante Uraufführung fand entgegen den Ankündigungen nicht statt und wurde am 9.3.2010 durch das Linzer Bruckner-Orchester unter Dennis Russell Davies nachgeholt. Die Erstaufführung des Werkes in Deutschland fand im Rahmen des Festivals Ultraschall Berlin am 22.1.2017 ebenfalls unter der Leitung von Dennis Russell Davies zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin statt.

Werke
  • 5 Symphonien
  • Orchesterwerke
  • Kammermusik
  • Vokalmusik
Schriften
  • Antworten auf Fragen an junge Komponisten, in: Musica 37 (1983), S. 423
  • Über Franz Hummel, in: Jahrbuch der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 2. München 1988, S. 481–487
  • Über die Bedeutung der Neuen Musik/Kunst in unserer Gesellschaft. Was kann Kunst verändern, fördern, anregen?, in: Renate Ulm (Hg.), Eine Sprache der Gegenwart. Musica viva 1945 – 1995, Mainz 1995, S. 367–372.
Literatur
  • Heinz Winbeck, „Jetzt und in der Stunde des Todes“ Drei Fragmente unter Verwendung von Motiven insbesondere des Finales der IX. Symphonie von Anton Bruckner, in: ABIL-Mitteilungen Nr. 3 (Dezember 2009), S. 11–12
  • ABCD
  • Michael Töpel, Art. „Winbeck, Heinz“, in: MGG Online [27.7.2021]
  • http://www.heinzwinbeck.de [27.7.2021]
  • Eckhard Weber, Heinz Winbeck: Fünfte Sinfonie „Jetzt und in der Stunde des Todes”, in: https://ultraschallberlin.de [27.7.2021]

CLEMENS GUBSCH, EVELYN SZABO

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 27.7.2021

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Normdaten (GND)

Winbeck, Heinz: 123084873

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft