Enns

Älteste Stadt Österreichs (römisches Stadtrecht unter Kaiser Caracalla 212; Stadtrechtsurkunde verliehen durch Leopold VI. 1212) am gleichnamigen Fluss mit kontinuierlicher bedeutender Geschichte seit der Besiedlung durch die Römer. Schon 205 war für die zweite Italische Legion das Militärlager Lauriacum (Lorch) zur Grenzsicherung errichtet worden, südwestlich davon lag die Zivilstadt mit damals ca. 30.000 EW. Am 4.5.304, während der Regierungszeit Kaiser Diokletians, erlitt hier der römische Beamte Florianus (St. Florian) als Christ das Martyrium durch Ertränken in der Enns. Bereits um das Jahr 370 wurde auf den Resten eines Tempels eine christliche Kirche erbaut; auf ihren Fundamenten steht die heutige Basilika von Lorch.

Enns ist seit dem 12. Jahrhundert ein bedeutendes Handelszentrum; Teile der mittelalterlichen Stadtummauerung sind noch erhalten. Das Wahrzeichen der Stadt, der 60 m hohe Stadtturm, wurde 1564–1568 als Wach- und Uhrturm erbaut. Um 1900: 4.200, 2019: ca. 12.000 EW.

Nach wechselvollen Jahrhunderten (Reformation und Gegenreformation im 16. Jahrhundert, Belagerung durch die Türken 1532, Pest 1625, Bauernkrieg 1626, Erbfolgekrieg 1741, Napoleonische Kriege 1805–1809) folgten Zeiten der Erholung. Enns erlebte eine Hochblüte der Kultur, insbesondere der Musik, im Biedermeier, und pflegte ein intensives, gesellschaftliches Leben (Chorwesen, Konzerte, Tanzveranstaltungen) sowie gediegene Kirchenmusik besonders zur Zeit Leopold von Zenettis, der nicht nur 1843–1855 Bruckners Lehrer, sondern ein wahrer Motor des kulturellen Lebens seiner Heimatstadt war. Dieses wurde nicht von einer kirchlichen oder weltlichen Hofhaltung, sondern vom Bürgertum getragen. Eine eigenständige lokale Musikpraxis bildete sich unter der Leitung des jeweiligen Regens chori und Thurnermeisters aus. Die Musikliebhaber konstituierten sich in verschiedenen Verbänden (1819–1824 Ennser Dilettanten-Gesellschaft, 1838–1845 Vereinte Musikfreunde von Enns und St. Florian, bis 1857 Geselligkeits-Verein, ab 1870 Feuerwehr-Musikkapelle). Insbesondere durch die Person Zenettis waren intensive musikalische Kontakte zum Stift St. Florian gegeben.

Bruckner suchte Enns in den Jahren 1843–1845 mehrmals wöchentlich auf, um Zenettis Unterweisung einzuholen; in den Jahren bis 1855 dauerte der Unterricht, wenngleich in gelockerter Form, noch an. Auch in späteren Jahren suchte Bruckner Zenetti des Öfteren auf. Eines der Wohnhäuser Zenettis ist auf dem Ennser Kirchenplatz (Nr. 5) erhalten; eine Gedenktafel erinnert an Zenettis berühmtesten Schüler. Auf dem Friedhof Enns-Lorch befindet sich das Grab der Familie Zenetti; im Museum Lauriacum sind zahlreiche Zenetti-Manuskripte aufbewahrt. Während der Jahre bei Zenetti traf Bruckner auch den ihm vermutlich seit seiner Kronstorfer Zeit bekannten Friedrich Schiffner (1824–1886), der gemeinsam mit seinem Vater Alois (1787–1852, Thurnermeister) viel zum musikalischen Leben in Enns beitrug und später Regens chori und Chormeister in Waidhofen an der Ybbs wurde.

Am 19.9.1843 erklang in der Pfarrkirche, wahrscheinlich vom Geselligkeits-Verein gesungen, als Uraufführung das dem Stadtpfarrer Josef Ritter von Peßler (Geistliche, Widmungsträger) gewidmete erste weltliche Chorwerk Bruckners An dem Feste (Männerchöre).

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.7.2020

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