Thanner (verehel. Krenn), Emma Maria

* 13.5.1845 Linz, Oberösterreich/A, † 23.02.1927 Linz. Privatière.

Erhielt 1857–1863 Klavierunterricht bei Bruckner. Im Jahr 1866 heiratete die uneheliche Tochter von Susanna Thanner Franz Krenn (1837–?, nicht verwandt mit gleichnamigem Komponisten), der als Anwalt in Linz bis ca. 1891 tätig war. Wann der Umzug nach Graz bzw. Judendorf stattfand, war bisher nicht zu eruieren.

Krenn schilderte den von Bruckner erhaltenen Unterricht vermutlich in mündlicher Form an August Göllerich oder Max Auer. Laut Krenn verkürzte Bruckner den wöchentlichen Unterricht – für den er 70 Kreuzer erhielt – gelegentlich, um mit Krenns Mutter Susanna Nöbauer (geb. Thanner, 1813–1894) ins Gespräch zu kommen (Göll.-A. 3/1, S. 215f.). Neben dem Narrativ des strengen Klavierlehrers zeichnen sich Krenns Schilderungen durch die anekdotische Wiedergabe von teils alltäglichen Begebenheiten aus. Unter anderem wird wiederum auf Bruckners Verhalten gegenüber Frauen und im Besonderen gegenüber seinen Schülerinnen eingegangen, die Krenn mit der Bemerkung schließt, dass Bruckner „in alle seine Schülerinnen, sofern sie das 16. Lebensjahr überschritten hatten, verliebt war […]“ und weiter, dass „alle seine Liebesgeschichten höchst ideal und unschuldig waren […]“, was auf seinen „sittlichen Charakter“ zurückzuführen sei (Göll.-A. 3/1, S. 217). Ferner berichtet Krenn, dass sie Bruckner, auf dessen Bitte hin, Tanzunterricht gab. Aus Dankbarkeit, so Krenn weiter, widmet Bruckner ihr das auf den 10.10.1863 datierte Klavierstück Stille Betrachtung an einem Herbstabend . Die von Krenn angedeutete programmatische Grundidee, dass das Charakterstück das vergebliche Warten Krenns auf ihren Liebhaber (ihren späteren Ehemann) ausdrückt, mag grundsätzlich eher als nachträgliche Verklärung interpretiert werden. Neben der fraglichen Überlieferung der Programmatik rückt auch die Überlieferung des Autografs (ÖNB-MS, Mus.Hs. 3161) in den Vordergrund, da Bruckner sowohl den als Herbstseufzer titulierten Entwurf als auch die umbenannte 1. Niederschrift des Werkes untypischerweise aufbewahrte. Da Krenn anmerkt, dass sie das Stück nicht habe spielen können, wäre eine gegenteilige Deutung einer Vereinfachung des Stückes hin zum Herbstseufzer zumindest denkbar. Das Unterrichtsrepertoire erstreckte sich laut Krenn hauptsächlich auf Sonaten von Ludwig van Beethoven und Wolfgang Amadeus Mozart sowie die Lieder ohne Worte von Felix Mendelssohn Bartholdy (Göll.-A. 3/1, S. 219). Das für die weniger begabte Schülerin ausgewählte Repertoire spiegelt scheinbar genau jenen Klassikerkanon wieder, der Bruckner in seinem zeitgleich stattfindenden Unterricht von Otto Kitzler formanalytisch nähergebracht wurde.

Literatur

CLEMENS GUBSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 22.10.2020

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