Themen mit Variationen für Klavier (WAB 223/1-5)

In diesem Abschnitt im Unterricht bei Otto Kitzler veränderte Bruckner wie auch viele seiner Vorbilder (z. B. Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach oder Diabelli-Variationen von Ludwig van Beethoven) ein Thema hinsichtlich Melodie, Harmonie oder Rhythmus. Oft sind die Variationen nur angedeutet, manchmal wurden sie auskomponiert. Sowohl Entwürfe als auch fertiggestellte Variationen finden sich außerdem beim Thema mit Variationen für Streichquartett in Es‑Dur (Kitzler-Studienbuch, S. 92–104).

Thema mit Variationen für Klavier in G‑Dur (WAB 223/1)

Kompositionsübung für Klavier

EZ: Frühjahr 1862 in Linz
Aut.: ÖNB‑MS (Mus.Hs.44706, Kitzler-Studienbuch)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Band XXV (Paul Hawkshaw/Erich Wolfgang Partsch, 2014; Faksimile)

Im Kitzler-Studienbuch auf S. 81 schrieb Bruckner ein Thema in G‑Dur im Alla breve-Takt mit zwei jeweils zu wiederholenden achttaktigen Perioden sowie sechs Entwürfe für mögliche Variationen. In Variation I versuchte sich Bruckner in der Imitation. In Variation II führt die rechte Hand Sechzehntelläufe aus, während die linke die Basstöne des Themas wiedergibt. In Variation III spielt die linke Hand das eingangs vorgestellte Thema, allerdings in g‑Moll. Variation IV stellt das Thema wieder in der Ausgangstonart in synkopierter Form dar; die linke Hand ergänzt das um eine Achtel verschobene Thema mit kreisender Sechzehntelbewegung im Sinne einer Akkordbrechung. In Variation V bringt Bruckner durch Akzidenzien weitere Harmonien ins Spiel. In Variation VI übernimmt wiederum die linke Hand das Thema, das von beiden Händen in Sechzehntelnoten umspielt wird.

Thema mit Variationen für Klavier in A‑Dur (WAB 223/2)

Kompositionsübung für Klavier

EZ: Frühjahr 1862 in Linz
Aut.: ÖNB‑MS (Mus.Hs.44706, Kitzler-Studienbuch)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Band XXV (Paul Hawkshaw/Erich Wolfgang Partsch, 2014; Faksimile)

Bruckner überschrieb dieses Thema in A‑Dur (S. 82) mit „Thüringer Volkslied“. Die Komposition erstreckt sich über 16 Takte, wobei nach acht Takten der Halbschluss auf der Dominante E‑Dur eintritt, welcher im 7. Takt mit der erhöhten Terz (Leitton dis) vorbereitet wurde. Der Ganzschluss erfolgt lege artis im 16. Takt auf A‑Dur. Den Basstönen wurden in wenigen Fällen die Generalbassziffern hinzugefügt.

Es folgen 16 Variationsvorschläge (S. 82f.), die jeweils aus nur wenigen Anfangstakten bestehen. Sie variieren im Sinne von Durchgängen in Sechzehntel- bzw. Zweiunddreißigstelnoten, unterschiedlich ausgeführten punktierten Rhythmen, Synkopen und Trillerverzierungen bzw. zeigen gegenläufige Triolen in beiden Stimmen.

Bruckner hält auf S. 82 am unteren Rand schriftlich fest, dass die musiktheoretischen Termini und ihre Inhalte differieren. „Lobe nennt 2 tactiges Tonbildchen Abschnitt. (Bei uns 4 o[der] 8 tactig.) 4 tactiges einen Satz.“ Auf S. 83 beginnen Bruckners Ausführungen mit dem Merksatz: „Bei Variationen soll möglichst die Harmonie des Thema beibehalten werden. (Beethoven hat selbe wohl öfter verändert)“.

Thema mit Variationen für Klavier in G‑Dur (WAB 223/4)

Kompositionsübung für Klavier

EZ: Frühjahr 1862 in Linz
Aut.: ÖNB‑MS (Mus.Hs.44706, Kitzler-Studienbuch)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Band XXV (Paul Hawkshaw/Erich Wolfgang Partsch, 2014; Faksimile)

Ab dem 3. System auf S. 84 des Kitzler-Studienbuches komponierte Bruckner ein Thema in G‑Dur im 3/4‑Takt, bestehend aus zwei jeweils zu wiederholenden achttaktigen Perioden. Es wurden lediglich die Außenstimmen dieses menuettartigen Satzes notiert, Generalbassziffern vervollständigen den Satz. Es folgen zehn, jeweils nur wenige Takte umfassende Variationsvorschläge. Die mit Bleistift angegebenen arabischen Ziffern reihen diese Vorschläge in einer anderen Abfolge. Bruckner übertrug sein Thema nicht in eine andere Taktart, jedoch wurde Variation VII in g‑Moll notiert. Das rhythmische Material der einzelnen Variationen ähnelt den vorangegangenen Kompositionsübungen. Auch hier wurden Imitation (II), Gegenbewegung der Hände (IV), Synkopen (VIII), rhythmische Variation mit Triolen (III) und Sextolen (VI) oder auch die Verlegung des Themas in die Bassstimme (X) geübt.

Thema mit Variationen für Klavier in A‑Dur (WAB 223/3)

Kompositionsübung für Klavier

EZ: Frühjahr 1862 in Linz
Aut.: ÖNB‑MS (Mus.Hs.44706, Kitzler-Studienbuch)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Band XXV (Paul Hawkshaw/Erich Wolfgang Partsch, 2014; Faksimile)

Zehn Variationsvorschläge auf S. 86 des Kitzler-Studienbuches beziehen sich auf das Thema in A‑Dur im 2/4‑Takt, das auf S. 84 in den ersten zwei Systemen notiert ist. Diskant und Bass wurden mit Generalbassziffern ergänzt. Neben den üblichen rhythmischen Mustern bewies Bruckner seinen Studienfortschritt, indem er bei Variation VII (in a‑Moll, „Adagio“) nach dem 4. Takt anmerkt, diese, „nicht aber“ eine andere Tonfolge gewählt zu haben, „weils nicht eigtl im Thema liegt“. Sein Lehrer Otto Kitzler befand diese Anmerkung für „gut“.

Literatur

ANDREA SINGER

Thema mit Variationen für Klavier in G‑Dur (WAB 223/5)

Kompositionsübung für Klavier

EZ: Frühjahr 1862 in Linz
Aut.: ÖNB‑MS (Mus.Hs.44706, Kitzler-Studienbuch)
ED: s. NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet)
NGA: Band XXV (Paul Hawkshaw/Erich Wolfgang Partsch, 2014; Faksimile)

Diese Kompositionsübung befindet sich im Studienbuch auf S. 87–90. Bruckner komponierte hier fünf Variationen zu einem eigenen oder von Otto Kitzler gestellten Thema. Dieses besteht aus zwei achttaktigen Perioden, die jeweils wiederholt werden. Die 1. Variation ist, wie Bruckner als „NB“ anmerkt, dreistimmig und umspielt das Thema in einer ruhig fließenden Achtelbewegung. Die 2. Variation bringt synkopierte Terzen in beiden Händen („NB Auch beide Hände sincopiren“). Die 3. Variation ist virtuos-imitatorisch mit Sechzehntelläufen angelegt, die 4. Variation steht in der Mollvariante g‑Moll und hat melodisch-elegischen Charakter. Variation 5 bringt über raschen Sprüngen (Oktaven, Dezimen usw.) der linken Hand eine Variante des Themas in ebenfalls bewegten Sprungfiguren, wobei Achtelnoten und trillerartige Sechzehnteltriolen abwechseln. In den ersten vier Takten des 2. Teils werden diese Bewegungen der jeweils anderen Hand zugeteilt. Der 2. Teil dieser abschließenden Variation ist auf 16 Takte erweitert.

Literatur

PAUL HAWKSHAW, ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 8.6.2017

Medien

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