Tappert, Wilhelm

* 19.2.1830 Ober-Thomaswaldau/Schlesien (Tomaszów Bolesławiecki/PL), † 27.10.1907 Berlin/D. Musiktheoretiker, Komponist, Kritiker, Pädagoge.

Am Schullehrerseminar in Bunzlau (Bolesławiec/PL) ausgebildet, setzte er seine Studien 1856–1858 in Berlin beim Musiktheoretiker Siegfried Wilhelm Dehn (1799–1858) sowie beim Pianisten und Musiklehrer Theodor Kullak (1818–1882) fort. Anschließend war er mehrere Jahre als Lehrer und Musikkritiker in Groß-Glogau (Głogów/PL) tätig. Ab 1866 lebte er als Musiklehrer (u. a. an der Königlichen Hochschule für Musik) und ‑schriftsteller in Berlin. 1876–1881 war er Redakteur (1878–1881 zudem Schriftleiter) der Allgemeinen Deutschen Musikzeitung, lange Zeit auch Mitarbeiter des Musikalischen Wochenblatts und anderer Zeitschriften (Das kleine Journal. Zeitung für alle Gesellschaftsklassen, Neue Zeitschrift für Musik). Von den zahlreichen Publikationen des anerkannten Lauten-Forschers, Anhängers der Neudeutschen Schule und vor allem Verehrers von Richard Wagner ist sein originelles Werk Ein Wagner-Lexikon. Wörterbuch der Unhöflichkeit [] Zur Gemüths-Ergötzung in müßigen Stunden (Leipzig 1877) noch heute in weiten Kreisen bekannt. Tappert beschäftigte sich auch 1868 als Erster mit dem sogenannten Tristan-Akkord.

Bruckner lernte den begeisterten Wagner-Vorkämpfer während eines gemeinsamen Aufenthaltes in Bayreuth anlässlich der ersten Bayreuther Festspiele (1876) bei einer Soirée in der Villa „Wahnfried“ kennen und kontaktierte ihn in der Folge mehrfach brieflich. Noch im selben Jahr schickte er dem zur Unterstützung bereiten Tappert – zusammen mit einer autobiografischen Skizze – eine Abschrift der später im Nachlass Franz Schalks gefundenen „Urfassung“ der Vierten Symphonie (1874), die Tappert dem anfangs interessierten Berliner Musikdirektor Benjamin Bilse vorlegte. Im sich daraufhin entwickelnden Briefwechsel (die Briefe Tapperts sind leider nicht erhalten) machte Bruckner noch Änderungsvorschläge. Tappert dürfte sich auch im Namen Bilses intensiv für die letztendlich nicht zustande gekommene (Ur-)Aufführung der Vierten im Frühjahr 1877 eingesetzt haben. Auch aus Bruckners Angebot an Tappert, 1878 die „ganz neu u[nd] kurz“ (Briefe I, 781009) bearbeitete Fassung in Berlin aufführen zu lassen, wurde nichts; die Berliner Erstaufführung der Vierten fand erst 1895 statt. Versuche, durch die Vermittlung Tapperts die Zweite oder Dritte Symphonie in Berlin zur Aufführung zu bringen, schlugen ebenso fehl. Tappert, der 1882 und 1883 wieder in Bayreuth auf Bruckner traf – der ihn u. a. um Artikel und Kritiken über seine Werke bat –, übernahm auf dessen mehrfaches Drängen die Partitur und das Stimmenmaterial der „Urfassung“ der Vierten von Bilse 1886 zur Rücksendung und verwahrte sie bis 1902 in Berlin. Tapperts umfangreiche Musikaliensammlung ist seit 1908 dokumentiert und befindet sich heute in der Staatsbibliothek zu Berlin.

Werke
  • Klavierstücke
  • Lieder
  • Bearbeitungen von Tasteninstrument- und Lautentabulaturen altdeutscher Lieder (Sang und Klang aus alter Zeit. Berlin 1906)
  • Fünfzig Übungen für die linke Hand allein. Berlin 1867 (Neuausgabe von Paul Wittgenstein. Berlin 1920)
Schriften
  • Musik und musikalische Erziehung. Berlin 1867
  • Musikalische Studien. Berlin 1868
  • Übermäßige Sexten-Accorde. Berlin 1868
  • Das Verbot der Quinten-Parallelen. Leipzig 1869
  • Ein Wagner-Lexicon. Wörterbuch der Unhöflichkeit etc. Leipzig 1877, 2. Aufl. u. d. T. Richard Wagner im Spiegel der zeitgenössischen Kritik etc. Leipzig 1903 (Reprint München 1983), 3. Aufl. Leipzig 1915, Neuausgabe München 1967
  • Richard Wagner, sein Leben und seine Werke. Elberfeld 1883
  • Wandernde Melodien. 2. Aufl., Berlin 1890
Literatur

UWE HARTEN

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 18.12.2018

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Abbildungen

Abbildung 1: Neue Zeitschrift für Musik 50 (1883) H. 22, S. 264

Normdaten (GND)

Tappert, Wilhelm: 117201731

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft