Bayreuth

Hauptstadt des Regierungsbezirkes Oberfranken in Bayern, am Roten Main zwischen Fränkischer Alb und Fichtelgebirge gelegen. Erstmals im Jahre 1194 genannt und 1231 zur Stadt erhoben, erlebte Bayreuth unter Markgraf Friedrich (1711–1763, Regierungszeit 1735–1763) und seiner Frau Wilhelmine (1709–1758), der Schwester Friedrichs des Großen (1712–1786), eine Glanzzeit. Nach dem Ende der Markgrafenzeit 1792 fiel Bayreuth zunächst an Preußen und 1810 an das Königreich Bayern. Berühmte Bürger waren Jean Paul Friedrich Richter (1763–1825), Franz Liszt und Richard Wagner. Letzterer hatte zunächst das 1748 eingeweihte Markgräfliche Opernhaus besichtigt, das sich für seine Zwecke als zu klein erwies. 1872 ließ er sich mit seiner Familie in Bayreuth nieder, um dort für seine Werke ein Festspielhaus bauen zu lassen. Seit 1876 finden die Bayreuther Festspiele statt, die aus der abgelegenen Kleinstadt einen Ort von internationalem Interesse machten. 1864: ca. 14.800, 1882: ca. 22.000, 2019: ca. 74.000 EW.

Bruckner kam erstmals im September 1873 nach Bayreuth, um Wagner seine Zweite und Dritte Symphonie zur Widmung vorzulegen (Widmungsträger). Von Marienbad kommend, stieg er im heute noch bestehenden Hotel „Goldener Anker“ in der Operngasse ab und besuchte Wagner in dessen damaliger Wohnung in der Dammallee 7. Bruckner besichtigte auch die Baustelle des Festspielhauses und war anschließend in der sich noch in Bau befindlichen Villa „Wahnfried“ am Rennweg (heute Richard-Wagner-Straße) zu Gast. Der Bildhauer Gustav Adolph Kietz war Zeuge dieser Begegnung, über die zahlreiche Berichte sowie ein Doppel-Autograf Bruckners und Wagners (Wienbibliothek) überliefert sind. Nach seiner Rückkehr nach Wien trat Bruckner dem Wiener Akademischen Wagner-Verein bei.

Ende August 1876 wohnte Bruckner auf Einladung Wagners der 3. Aufführung des Ring des Nibelungen bei (Brief Wagners an Friedrich Feustel [1824–1891], 30.4.1876). Er wohnte diesmal in einem Privatquartier, unternahm Ausflüge und war zu Soireen in „Wahnfried“ geladen, wo er mit der Familie Wagner zusammentraf und u. a. den Berliner Musikkritiker Wilhelm Tappert kennenlernte. Am 30.7.1882 erlebte Bruckner eine Aufführung des Parsifal. Er wohnte, wie auch in den späteren Jahren, bei Johann Gurt in der Ludwigstraße und war in Gesellschaft von Tappert, Friedrich Eckstein, Josef Schalk, August Göllerich, Carl Bernhard Oehn (1858–1923), August Stradal und lernte Friedrich Klose kennen.

1883 war Bruckner abermals in Bayreuth, wo nach Wagners Tod wieder Parsifal aufgeführt wurde. Wagners Grab, von dem er Efeublätter mit nach Wien nahm (heute ist nur mehr das von Bruckner beschriftete Kuvert erhalten), war seitdem die erste Pilgerstätte für Bruckner. Am 20.7.1884 reiste er mit dem Wiener Akademischen Wagner-Verein nach Bayreuth, wo er laut Göllerich u. a. nach dem Grundstein des Festspielhauses suchte. Die Rückreise führte Bruckner über München. Am 24.7.1886 kam Bruckner erneut mit dem Wiener Akademischen Wagner-Verein nach Bayreuth und wohnte der 1. Aufführung von Tristan und Isolde bei. Nach Liszts Tod am 31.7.1886 wurde Bruckner von Cosima Wagner eingeladen, beim Requiem in der Schlosskirche am 4.8. die Orgel zu spielen. 1888 erlebte Bruckner die Erstaufführung der Meistersinger von Nürnberg, 1889 reiste er mit Göllerich und dem Wiener Akademischen Wagner-Verein nach Bayreuth, 1891 hörte er die Erstaufführung des Tannhäuser. Bei seinem letzten Aufenthalt in Bayreuth im Jahre 1892 erkrankte Bruckner und musste von Alfons von Rosthorn (Ärzte im Bruckner-Umkreis) aus Prag behandelt werden.

Während seiner Aufenthalte in Bayreuth besuchte Bruckner die Sehenswürdigkeiten der Stadt und der Umgebung: die Stadtpfarrkirche (deren Turm er bestieg und deren Bild Christus am Ölberg von August Riedel [1799–1883] ihn faszinierte), die Rollwenzelei (mit der Dichterstube Jean Pauls), die Eremitage (eine historische Parkanlage außerhalb der Stadt) sowie das Schloss Fantaisie in Donndorf. Er verkehrte in den verschiedensten Lokalen, wie im Angermann und im Café Sammet (wo er Henriette Sammet verehrte). Seine Aufenthalte lassen sich nicht immer exakt datieren und zahlreiche in der Literatur überlieferte Hinweise nicht verifizieren. Äußerungen von Bruckner selbst über den Eindruck, den die Aufführungen auf ihn machten, existieren nicht. Otto Böhler hat in einigen Schattenrissen auf seine Art die Begegnung Bruckners mit Wagner festgehalten.

Das Nationalarchiv der Richard Wagner-Stiftung verwahrt das Widmungsexemplar der Dritten Symphonie, Bruckners Brief vom 20.5.1878, sein Telegramm vom 21.5.1882 an Wagner sowie eine Kopie des Kaulbach-Gemäldes (Hermann Kaulbach) von Rudolf Wernicke (1898–1963) aus dem Jahr 1955. In Bruckners Besitz fand sich das Bayreuth-Album 1884 (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv). 1994 fanden in Bayreuth Anton Bruckner-Tage mit Konzerten und einer Ausstellung statt. Auch wurde an der Außenwand der Schlosskirche eine Gedenktafel für Bruckner, gestaltet vom Regensburger Bildhauer Rudolf Koller (* 1943), enthüllt (IKO 546; Ikonografie). 1996 folgten die 2. Anton Bruckner-Tage.

Literatur

ANDREA HARRANDT

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.7.2020

Medien

Kategorien

Abbildungen

Abbildung 1: Illustrirte Zeitung 29.4.1876, S. 328

Abbildung 2: Musikalisches Wochenblatt 19 (1888) H. 31/32, S. 353

Abbildung 3: Musikalisches Wochenblatt 19 (1888) H. 31/32, S. 377

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft