Léon (eigentl. Hirschfeld), Victor

* 4.1.1858 Szenitz/Ungarn (Senica/SK), † 3.2.1940 Wien/A. Schriftsteller, Librettist, Dramaturg.

Der Sohn des Rabbiners Jakob Heinrich Hirschfeld (1819–1902) und Bruder des Schriftstellers Leo Hirschfeld (Pseud. Leo Feld, 1869–1924) studierte Philosophie in Augsburg, Seesen und an der Universität Wien, ein Besuch des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ist in den Jahresberichten nicht nachweisbar. 1877–1884 Herausgeber der Zeitschrift Die Hausfrau. Blätter für Haus und Wirthschaft. Sein erstes Theaterstück (Falsche Fährte) wurde 1878 am Wiener Sulkowsky-Schultheater aufgeführt. Er wirkte zunächst als Dramaturg, später als Regisseur an verschiedenen Wiener Theatern, 1897 verfasste er sein Regie-Handbuch mit grundsätzlichen Überlegungen zur Theaterpraxis. Mit seinen Libretti für Richard Heuberger, Johann Strauss (Sohn), Franz Lehár (1870–1948), Oscar Straus (1870–1954), Leo Fall (1873–1925), Robert Stolz (1880–1975) und anderen mehr, die u. a. in Kooperation mit Leo Stein (eigentl. Rosenstein, 1861–1921), Ferdinand Gross (1848–1900), Ludwig Held (1837–1900) sowie mit seinem Bruder entstanden, etablierte er sich als herausragende Persönlichkeit der Wiener Theaterszene.

Im Dritten Reich verschwand Léons Name von den Theaterzetteln, jedoch wurden seine – auch bei Adolf Hitler – beliebten Operetten weiterhin aufgeführt. Seine von jüdischen Komponisten vertonten Textbücher waren hingegen verboten (Nationalsozialismus).

Gemeinsam mit dem Bruckner-Schüler Ernst Decsey verfasste Léon das Theaterstück Der Musikant Gottes (Literatur). Laut Decseys Bericht (Neues Wiener Tagblatt, Wochenausgabe 26.1.1924, S. 3f.) wurde er nach Erscheinen seines Buches über Johann Strauss (Stuttgart 1922) vom Direktor des Theaters an der Wien, Wilhelm Karczag (1857–1923), um ein Strauss-Libretto gebeten, was Decsey jedoch ablehnte. Zu Ostern 1923 wurde im Hause Léon, nachdem Léons Ehefrau, Ottilie, geb. Popper (1869–1942), das Gespräch auf Decseys von Bruckner handelndem Feuilleton Der verworrene Bräutigam (Neues Wiener Tagblatt 1.4.1923, S. 2ff.) gelenkt hatte, der Entschluss gefasst, ein Bruckner-Stück zu schreiben. Die Lebensereignisse sowie Topoi und Leitbilder, „allen voran das verkitschte romantische Künstlerbild“ (Partsch 1988, S. 13), wurden in wenigen Wochen unter Nichteinhaltung der korrekten Chronologie der historischen Fakten in ein Bühnenstück gepresst. Nach erfolgreichen Aufführungen Ende 1924 in Reichenberg (Liberec/CZ), Klagenfurt und Salzburg (vgl. Denscher 2017, S. 438) berichtete im Jänner 1925 der Musikschriftsteller und Komponist Robert Hernried (1883–1951) das Stück betreffend von einer Bruckner-Schändung, für die nicht der „bühnentechnisch sehr geschickte[ ] Librettist[ ] bekannter Volksopern und Operetten Victor Léon“, sondern allein der Bruckner-Biograf Decsey Verantwortung trage (Signale für die musikalische Welt 83 [1925] H. 4, S. 125).

Schriften
  • Schauspiele
  • Opern- und Operetten-Libretti (Der Husar, Die letzte Nacht, Simplicius, Der Opernball, Wiener Blut, Die lustige Witwe, Das Land des Lächelns etc.)
  • Regie. Notizen zu einem Handbuch. Mit einem Geleitwort von Hermann Bahr. München 1897
  • (gem. mit Ernst Decsey), Der Musikant Gottes. Vier volkstümliche Bilder aus dem Leben Anton Bruckners. Die zur Handlung gehörige Musik aus Kompositionen von Anton Bruckner (Tagblatt Bibliothek 107/108). Wien 1924
Literatur

ANDREA SINGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 27.7.2020

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Léon (eigentl. Hirschfeld), Victor: 115460608

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