Demar (verehel. Blaschek), Maria (Marie) Amalia Eleonora
* 10.12.1864 Komorn/Ungarn (Komárom/H), † vor 4.7.1946 Wien/A. Sängerin.
Tochter des Offiziers Franz Demar und dessen Frau Anna. Nach der Übersiedlung der Familie nach Wien (4. Bezirk, Waaggasse 9) Schülerin des Konservatoriums der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien (Gesang bei Louise Dustmann [1831–1899], 1886/87 Klavier bei Ferdinand Löwe).
Im Frühjahr 1885, als Bruckner an seiner Achten Symphonie arbeitete, machte er die Bekanntschaft Maries. Als glühende Verehrerin der Opern Richard Wagners traf sie bei Besuchen der Wiener Hofoper oft mit Bruckner auf der „4. Galerie“ zusammen, wo die billigsten Plätze und die fachkundigsten Hörer waren. Zwischen dem damals schon sehr gealterten Komponisten und der 20‑jährigen entwickelte sich eine intensive Freundschaft, die von der gemeinsamen Musikbegeisterung genährt wurde. Bruckner widmete Marie eine Fotografie (2.3.1885) und bedankte sich für die von Marie übersandte mit einem Brief: „Liebenswürdigste, edelste Freundin, Fräulein Marie! Herzlichsten Dank für Ihr herrliches Bild. Die treuherzigen, schönen Augen! Wie trösten sie mich oft!“ (Briefe I, 850511/1). Bruckner war in das attraktive junge Mädchen richtig verliebt und soll ihr sogar die Widmung seiner Achten Symphonie angetragen haben (Göll.-A. 4/2, S. 323–326; Frauen). Marie lehnte diese Widmung jedoch ebenso wie Bruckners Heiratsantrag ab, da sie in ihm nur den Künstler verehrte, auf dessen Bekanntschaft sie stolz gewesen war. Das Freundschaftsverhältnis wurde dadurch jäh beendet.
Sie heiratete am 17.2.1890 den späteren Ministerial-Rechnungsrat im Ackerbau-Ministerium, Wilhelm Anton August Blaschek (Blažek, * 8.2.1862 Klosterneuburg, Niederösterreich/A, † 7.4.1914 Wien [Suizid]). Sie betätigte sich als Sängerin und trat u. a. als Elisabeth in Wagners Tannhäuser auf.
Laut Franz Gräflinger soll sie später die Abweisung Bruckners bereut haben. 1913 ließ sie sich von dem Grafiker und Medailleur Eduard Naumann (1877–1941), der 1921 auch das Relief (IKO 139) an Bruckners Sterbehaus im Belvedere (Wohnungen) schuf, ein Exlibris (IKO 129) anfertigen: „Eine zart gezeichnete Frauengestalt im Hintergrund betritt einen Weg durch Dornen und Disteln. Im Vordergrund sitzt Bruckner auf einem Stein, der an seinem Sockel die Inschrift ,in memoriam‘ trägt. In der Ferne ist eine Orgel angedeutet, rechts im Hintergrund die Walhalla, davor eine Walküre. Zu Bruckners Füßen liegt ein Lorbeerzweig auf einem halb verdeckten Briefblatt, mit den Schlußworten eines Briefes an Frl. Demar.“ (OÖN 4.7.1946, S. 2). In ihrer Wohnung in der Sieveringer Straße 52 (19. Bezirk), die sie (laut Adolph Lehmann’s allgemeinen Wohnungs-Anzeiger verwitwet und als „Private“) bis zuletzt bewohnte, soll sie Erinnerungsstücke an Johannes Brahms und Anton Rubinstein (1829–1894) sowie einen (gerahmten) Brief Bruckners bewahrt haben (OÖN 4.7.1946, S. 2).
Literatur
- Selbstmord eines Oberrechnungsrates [Wilhelm Blaschek], in: Neues Wiener Tagblatt, Tages-Ausgabe 7.4.1914, S. 5
- Käthe Braun-Prager, Ein Liebesbrief Anton Bruckners, in: Unterhaltungs-Beilage der Magdeburgischen Zeitung 24.3.1929, S. 21
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 4/2, S. 323–326
- Franz Gräflinger, Die liebste Freundin Anton Bruckners gestorben, in: OÖNOberösterreichische Nachrichten. Linz 1945ff. 4.7.1946, S. 2
- Franz Gräflinger, Liebes und Heiteres um Anton Bruckner. Wien 1948, S. 116–119
- Bruckner-Ikonographie IRenate Grasberger, Bruckner-Ikonographie. Teil 1: Um 1854 bis 1924 (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 7). Graz 1990
- Briefe IAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. I. 1852–1886 (NGA XXIV/1). 2., rev. und verbesserte Aufl. Wien 2009
- ABCD
- Taufbuch 1849–1865 der Stiftspfarre Klosterneuburg, fol. 215
- Trauungsbuch 1890–1895 der Alservorstadtpfarre (Wien VIII), fol. 13