Aequale (WAB 114 und 149)
Aequale (auch Equale, vom lateinischen aequalis = gleich) sind Begräbnisstücke für Bläser, bes. für Posaunen. Als stilisierte Gattung erstmals im Umfeld des Linzer Thurnermeisters Franz Xaver Glöggl (1764–1839) nachweisbar. Gattungsspezifische Anklänge finden sich in den ebenfalls für die Totenfeier bestimmten Libera‑ und Miserere-Vertonungen in den Archiven der oberösterreichischen Stifte. Die Posaune besitzt in der Trauermusik eine lange Tradition. Neben ihren klanglichen Besonderheiten ist sie v. a. durch die Assoziation mit der biblischen Grablegungsszene für solche Musik prädestiniert, dazu kommen die Möglichkeiten eines chromatischen Tonraums. Am Friedhof wechseln die Aequale-Sätze häufig mit Chorgesängen.
Die Begräbnismusiken wurden meist von den Thurnern gestaltet, ein Umstand, dem zwei vierstimmige Aequale von Ludwig van Beethoven (WoO 30) Rechnung tragen, die während dessen Aufenthalt in Linz im Herbst 1812 auf Anregung Glöggls entstanden. In derselben Tradition stehen mehrere um 1844 komponierte Werke des Linzer Dom- und Stadtpfarrtenoristen Wenzel Lambel (1788–1861).
Bruckner verfasste die beiden Aequale in c‑Moll für drei Posaunen in St. Florian anlässlich des Ablebens seiner Großtante und Taufpatin Rosalia Mayrhofer (* 24.10.1770 Neuzeug, Oberösterreich/A, † 25.1.1847 Sierning, Oberösterreich/A; Bruckner, Familie). Die 27 bzw. 32 Takte umfassenden Kompositionen dürften die lokale Tradition spiegeln. Charakteristisch sind der in Einzelabschnitte gegliederte choralartige Satz und in WAB 114 die volkstümlich geprägte Sextenmelodik. Die musikalische Aussage beschwört Assoziationen um die Begriffe Vergänglichkeit, Trauer und Hoffnung. Anklänge an die Aequale finden sich in den choralartigen (Choral) Abschnitten der Symphonien Bruckners, die über diese Assoziation eine zusätzliche Aussagekraft erhalten, sowie in den Credo-Sätzen der Messe in d‑Moll und Messe in f‑Moll nach der Stelle „passus et sepultus est“.
Literatur
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 2/1, S. 63
- Othmar Wessely, Zur Geschichte des Equals, in: Beethoven-Studien. Festgabe der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zum 200. Geburtstag von Ludwig van Beethoven (Veröffentlichungen der Kommission für Musikforschung / Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse 11). Wien 1970, S. 341–360
- Bruckner‑Symposion 1985Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Anton Bruckner und die Kirchenmusik. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1985. 19.–22. September 1985. Bericht. Linz 1988
- Franz Zamazal, Familie Bruckner: Biographische Konturen aufgrund von Pfarrmatrikeln, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1997–2000, S. 103–210
- Johannes Leopold Mayer, Zum Phänomen des Aequale-Blasens, in: ABIL-MitteilungenABIL-Mitteilungen. Hg. v. Anton Bruckner Institut Linz. Linz 2008ff. Nr. 23/24 (Dezember 2019), S. 5ff.
- Stiftsarchive St. Florian und Kremsmünster