Libera (WAB 21 und 22) „Libera me, Domine, de morte aeterna“
„Responsorium ad absolutionem“ als Abschluss eines Requiem. Der Text ist eine Bitte um Rettung aus den Schrecken des Jüngsten Gerichtes; Bruckner vertonte ihn zweimal.
Libera (WAB 21)
Vierstimmiger gemischter Chor mit Orgel in F‑Dur, „Andante“
EZ: | zwischen 1843 und 1845 in Kronstorf |
UA: | vermutlich zur Entstehungszeit in Kronstorf |
Aut.: | verschollen; ÖNB‑MS (Mus.Hs.33195, As. von Max Auer am 15.7.1903); Stift St. Florian, Bruckner‑Archiv (20/56, As. von fremder Hand für August Göllerich) |
ED: | Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 1, S. 243–248 (1922); Böhm & Sohn, Augsburg–Wien 1929 (Bearbeitung für gemischten Chor a cappella von Alfred Zehelein) |
NGA: | Band XXI (Hans Bauernfeind/Leopold Nowak, 1984) und Revisionsbericht (1984) |
Das auf die bescheidenen Möglichkeiten (Chor und Generalbass) einer Aufführung in Kronstorf zugeschnittene, gegenüber dem liturgischen Text etwas verkürzte Werk ist ganz unter dem Blickwinkel des an der Wiener Klassik (Einflüsse und Vorbilder) orientierten Unterrichtes bei Leopold von Zenetti zu sehen. Im Vordergrund steht weniger die Ausdeutung des dramatischen Textes als die zügige Deklamation; der vorherrschende Stimmungscharakter ist weit mehr Zuversicht als Angst.
Literatur
Libera (WAB 22)
Fünfstimmiger gemischter Chor (2 S, A, T, B), 3 Pos. und Generalbass (Vc., Kb., Orgel) in f‑Moll, „Adagio“
EZ: | 24.–28.3.1854 in St. Florian |
W: | Michael Arneth |
UA: | 28.3.1854 in St. Florian, Stiftskirche |
Aut.: | Stift St. Florian, Bruckner‑Archiv (20/34, Stimmen; 20/58, unvollständige Partitur-As. von Ignaz Traumihler und Karl Aigner) |
ED: | Universal Edition, Wien 1922 (Vinzenz Goller) |
NGA: | Band XXI (Hans Bauernfeind/Leopold Nowak, 1984) und Revisionsbericht (1984) |
Im Unterschied zum Libera (WAB 21) entspricht diese Vertonung weit mehr dem Inhalt des Textes. Zwar verwendet Bruckner hier nur sehr sparsam die musikalisch-rhetorischen Figuren, wie sie ihm damals durchaus schon geläufig waren (z. B. Oktavabsturz bei „discussio“), doch setzt er in der Dynamik scharfe Kontraste und unterstreicht manche Textstellen durch Kontrapunktik (z. B. bei „Tremens factus sum ego“). In diesem Libera (WAB 22) zeigen sich nicht nur Bruckners zu diesem Zeitpunkt schon beträchtliche Kenntnisse; es ist mit Sicherheit auch aus der persönlichen Betroffenheit über den Verlust eines großen Gönners geschrieben, für dessen Beisetzung Bruckner auch den Männerchor Vor Arneths Grab komponierte.
Im Juli 1896 fertigte Aigner, wohl in Vorahnung von Bruckners nahendem Ende, eine Bearbeitung an, bei der die zwei Soprane durch zwei Tenöre ersetzt wurden. Vermutlich in dieser Fassung wurde das Libera beim Begräbnis Bruckners am 15.10.1896 vom Stiftschor „mit Blechharmonie weihevollst vorgetragen“ (Linzer Zeitung 17.10.1896, S. 1144).