Klemperer, Otto (Nossan)
* 14.5.1885 Breslau/Schlesien (Wrocław/PL), † 6.7.1973 Zürich/CH. Dirigent.
Nach Ausbildung in Frankfurt und Berlin begann er 1906 seine Dirigentenlaufbahn. Durch Gustav Mahler, der das herausragende Talent früh erkannte, gelangte er 1907 an das Deutsche Theater in Prag, 1910–1912 wiederum auf Veranlassung Mahlers nach Hamburg. Mahler wurde für ihn zur künstlerischen Leitfigur, zeitlebens hat er sich für dessen Werk eingesetzt. 1917–1924 wirkte er als Generalmusikdirektor der Oper in Köln, 1924–1927 in gleicher Funktion in Wiesbaden. Großes Aufsehen erregte er durch seine Direktion der Krolloper Berlin, wo er sich 1927–1931 energisch für das zeitgenössische Musikschaffen und zugleich auch für szenisch neuartige Wiedergaben einsetzte. Nach der Vertreibung durch das nationalsozialistische Regime wirkte er in den USA (Nordamerika), wo er die Leitung des Los Angeles Philharmonic Orchestra übernahm. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er 1947–1950 Musikdirektor der Budapester Oper, kehrte aber nach drei Jahren wieder in die USA zurück. 1959 wurde er auf Lebenszeit zum Chefdirigenten des London Philharmonic Orchestra and Chorus ernannt, selbige Position bekleidete er ab 1964 beim New Philharmonic Orchestra and Chorus London. Aus dieser Periode stammen zahlreiche integrale Plattenaufnahmen von Opern und symphonischen Werken.
Bereits seit seinen frühen Wirkungsjahren widmete sich Klemperer neben der Opernpraxis auch der Wiedergabe symphonischer Werke. In seinem Konzertrepertoire nahmen die Symphonien Bruckners einen bevorzugten Raum ein. Seine zwar mitunter (aufgrund von Kürzungen) unorthodoxen Wiedergaben waren stets von Betonung der großen Form, von höchster emotioneller Spannung und orchestraler Leuchtkraft erfüllt. Wie bei den Orchesterwerken von Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms u. a. erfuhren auch bei seiner Bruckner-Interpretation die Blasinstrumente besondere Hervorhebung, was dem Klangbild viele neue und ungewohnte Nuancen verlieh. Jede seiner Wiedergaben zeichnete sich durch Prägnanz und scharfe Konturierung aus. Seine Bruckner-Interpretationen sind in zahlreichen Tonaufnahmen dokumentiert.
Werke
- 4 Opern
- 6 Symphonien
- 7 Streichquartette
- Chorwerke, Lieder
Schriften
- Meine Erinnerungen an Gustav Mahler und andere autobiographische Skizzen. Freiburg im Breisgau 1960
- Über Musik und Theater. Erinnerungen, Gespräche, Skizzen. Hg. v. Stephan Stompor. Berlin 1982
Literatur
- Jack Diether, Klemperer’s Bruckner: Two Views, in: American Record Guide 29 (1963) H. 2, S. 446f.
- Peter Heyworth, Gespräche mit Klemperer. Frankfurt am Main 1974
- Peter Heyworth, Otto Klemperer – his life and times 1885–1933. Berlin 1988
- Peter Heyworth/John Lucas, Art. „Klemperer, Otto“, in: NGroveD²Stanley Sadie (Hg.), The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 29 Bde. 2. Ausgabe. London 2001 13 (2001), S. 668ff.
- Werner Unger, Art. „Klemperer, Otto“, in: MGG²Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 29 Bde. (Sach- und Personenteil). 2. neubearb. Ausgabe. Kassel u. a. 1994–2008 10 (2003), Sp. 260–263
- Eva Weissweiler, Otto Klemperer. Ein deutsch-jüdisches Künstlerleben. Köln 2010
- www.zeit.de/1973/29/nie-eine-blosse-legende/seite-2 [21.1.2019]