Chicago
Stadt am Südwestufer des Michigansees im Bundestaat Illinois und drittgrößte Stadt der Vereinigten Staaten von Amerika. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige Handelsstadt. 2014: ca. 2,7 Mio. EW.
Bruckners Siebente Symphonie erklang erstmals am 29.7.1886 unter der Leitung von Theodore Thomas (1835–1905), der 1891 das Chicago Symphony Orchestra gegründet hatte. Der gebürtige Erfurter Bernhard Ziehn (1845–1912) lebte ab 1868 in Chicago, wirkte dort ab 1871 als Musiklehrer und hatte die Aufführung miterlebt; am 24.7.1895 sandte er Genesungswünsche an Bruckner (Briefe II, 950724). Das Chicago Symphony Orchestra wirkte in den Jahren 1893–1896 auch bei zwei Symphonieaufführungen in Konzerten des Kaun‘schen Männerchores in Milwaukee mit (Kaun, S. 57).
Am 15.12.1895 fand eine Aufführung des Germanenzugs unter (wahrscheinlich Ewald) Barginde in Chicago statt (Göll.-A. 4/4, S. 259). 1896 leitete Th. Thomas eine Aufführung der Achten Symphonie (Zwol, S. 158). Der Chicago Daily Tribune berichtete am 18.10.1896 über Bruckners Tod (Chicago Daily Tribune 18.10.1896, S. 35, vgl. Betz, S. 168).
Am 22./23.1.1897 (bei Russell, S. 325, 28.1.1897) dirigierte Th. Thomas die Vierte Symphonie. Am 24.1.1899 folgten das Streichquintett in F-Dur mit dem Spiering-Quartet sowie das Te Deum (Göll.-A. 4/4, S. 257).
Wilhelm Middelschulte (1863–1943), der bei Ziehn studiert hatte, führte am 25.12.1900 die Messe in d‑Moll (Göll.-A. 4/4, S. 254) und am 2.6.1901 das Te Deum in der St. James Kirche auf. Im Winter 1903 soll Thomas die Zweite aufgeführt haben, am 19./20.2.1904 leitete er die amerikanische Erstaufführung der Neunten Symphonie.
Das Chicago Symphony Orchestra führte die Bruckner-Tradition im 20. Jahrhundert fort. So liegen Aufnahmen mit Sir Georg Solti (Gesamtaufnahme aller Symphonien), Daniel Barenboim und Riccardo Muti (* 1941) vor. An der University of Chicago dissertierten Mariana E. Sonntag (1987) und Miguel J. Ramirez (2009) über Bruckner.
Literatur
- Chicago Daily Tribune 18.10.1896, S. 35
- Charles Edward Russell, The American Orchestra and Theodore Thomas. New York 1927, S. 320, 325
- Hugo Kaun, Aus meinem Leben. Erlebtes und Erlauschtes. Berlin 1932
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 4/4, S. 254, 257
- Hans Joachim Moser, Bernhard Ziehn (1845–1912). Der deutsch-amerikanische Musiktheoretiker, in: Jahrbuch der Musikwelt 1 (1949/50), S. 209–298, bes. S. 253f.
- Cornelis van Zwol, Bruckner-Rezeption in den Niederlanden und im anglo-amerikanischen Raum, in: Bruckner-Symposion 1991Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Bruckner-Rezeption. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1991. 18.–22. September 1991. Bericht. Linz 1994, S. 149–160
- Mariana E. Sonntag, The compositional process of Anton Bruckner: a study of the sketches and drafts for the first movement of the Ninth Symphony. 4 Bde. Diss. Chicago 1987
- Briefe IIAndrea Harrandt/Otto Schneider (Hg.), Briefe von, an und über Anton Bruckner. Bd. II. 1887–1896 (NGA XXIV/2). Wien 2003
- Miguel Javier Ramirez, Analytic approaches to the music of Anton Bruckner: chromatic third-relations in selected late compositions. Diss. Chicago 2009
- Marianne Betz, Beethoven, Brahms, Bruckner – Zur Rezeption europäischer Symphonik in den USA im 19. Jahrhundert, in: Bruckner-Tagung 2009Theophil Antonicek/Andreas Lindner/Klaus Petermayr (Hg.), Bruckner-Tagung Linz 2009. Anton Bruckner und die Wiener Klassik. Brucknerhaus Linz, 24.–26. September 2009. Bericht (Bruckner-Vorträge). Linz 2012, S. 161–172
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