Sauer, Wilhelm

* 23.3.1831 Schönbeck, Mecklenburg-Vorpommern/D, † 9.4.1916 Frankfurt an der Oder, Brandenburg/D. Orgelbauer.
Nach einer Lehre in der Orgelbauwerkstatt seines Vaters Ernst Sauer (1799–1873) bildete er sich 1851–1853 in den Werkstätten von Eberhard Friedrich Walcker in Ludwigsburg und Aristide Cavaillé-Colls in Paris sowie in England und der Schweiz weiter. Anschließend übernahm er zunächst eine Filiale der Werkstatt seines Vaters in Deutsch Krone (Wałcz/PL), eröffnete aber schon 1857 eine eigene Werkstatt in Frankfurt an der Oder und wurde bald darauf zum führenden Orgelbauer in Ostdeutschland. 1860 eröffnete er eine Filiale in Königsberg (Kaliningrad/RUS). 1884 wurde er zum preußischen Hoforgelbauer ernannt. Er lieferte auch nach Russland und Übersee.
In seinen Orgeln verschmolz er als ehemaliger Mitarbeiter Walckers und Cavaillé-Colls die Charakteristika des aktuellen deutschen und französischen Orgelbaus. Mit einem voll ausgebauten Prinzipalchor, Charakterstimmen nach Vorbild Cavaillé-Colls und einem reich besetzten Zungenchor erreichte er in seinen Werken eine außerordentliche Farbigkeit. 1881 erhielt er vom kaiserlichen Patentamt in Berlin das Patent für seine „Combinationsvorrichtung an Registerzügen für Kirchenorgeln“.

Bis zu seinem Ausscheiden aus seinem Betrieb 1910 wurden in jenem über 1.000 Orgeln gebaut, darunter einige Großorgeln mit 50 bis 70 Register auf drei bis vier Manualen.

1884 wurden Bruckner und der Leipziger Universitätsmusikdirektor Hermann Langer (1819–1889) zur Kollaudierung der von Sauer neu errichteten Konzertorgel im Rudolfinum (III/50) in Prag eingeladen. Am 9.4.1884 begutachteten Bruckner und Langer gemeinsam mit dem Prager Konservatoriumsprofessor Josef Förster (1833–1907) die Sauer-Orgel. Beim am selben Tag stattfindenden Einweihungskonzert improvisierten Förster, Bruckner und auch Sauer selbst auf der Orgel, anschließend spielte der Schüler der örtlichen Orgelschule Robert Feix (ca. 1867–1891) Präludium und Fuge in g-Moll (BWV ?) von Johann Sebastian Bach. Laut den Erinnerungen von Bruckners Schüler Franz Ludwig Marschner spielte Bruckner bei diesem Anlass auch Passagen aus dem langsamen Satz seines Streichquintetts in F-Dur.

In den darauffolgenden Tagen improvisierte Bruckner im Beisein des Prager Domorganisten und Regens chori des Kloster Strahov nochmals auf der Orgel des Rudolfinums. Auf dessen Einladung besuchte er außerdem das Kloster Strahov und improvisierte in der Klosterkirche auf der in den Jahren 1765–1780 von Johann Lohelius Oelschlegel (1724–1788) erweiterten Orgel. Am Ostersonntag (13.4.1884) spielte er im Veitsdom beim Hochamt die 1762–1765 von Johann Anton Gartner (1707–1771) erbaute Orgel.

Schriften
  • Combinationsvorrichtung an Registerzügen für Kirchenorgeln, in: Orgelbau-Zeitung 1881, S. 118
Literatur

MIRJAM KLUGER, KARL MITTERSCHIFFTHALER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 17.7.2019

Medien

Kategorien

Abbildungen

Abbildung 1: Wilhelm Sauer, in: Deutsche Kunst- und Musik-Zeitung 11 (1884) H. 25, S. 347

Normdaten (GND)

Sauer, Wilhelm: 11879468X

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft