Eybler, Joseph Leopold (Edler von)
* 8.2.1765 Schwechat, Niederösterreich/A, † 24.7.1846 Wien/A. Hofkapellmeister und Komponist.
Sohn des gleichnamigen Schwechater Schullehrers und Chorregenten, Zögling des Wiener Seminarium musicorum und 1776–1779 Schüler von Johann Georg Albrechtsberger, der ihn 1793 in einem Zeugnis als das größte musikalische Genie Wiens nach Wolfgang Amadeus Mozart bezeichnete. Nach einem abgebrochenen Jus-Studium an der Universität Wien widmete sich Eybler ab 1782 ganz der Musik, wurde von Joseph Haydn gefördert und war ab 1789 mit Mozart befreundet, dessen Requiem er als erster zu vollenden versuchte. Nach Mozarts Tod begann Eyblers Karriere als Kirchenmusiker: 1792–1794 Chorregent an einer Karmeliterkirche (wahrscheinlich Wien, 2. Bezirk), 1794–1824 am Wiener Schottenstift, 1804–1824 Vizehofkapellmeister, 1824–1846 Hofkapellmeister.
Seinem überreichen kirchenmusikalischen Œuvre begegnete Bruckner schon in der Bibliothek Leopold von Zenettis in Enns. Als Stiftsorganist in St. Florian, wo Eyblers Messen zum Repertoire zählten, kopierte (Abschriften) Bruckner für Studienzwecke zumindest fünf Fugen (oder Teile davon) aus Messen Eyblers: Missa Sancti Georgii (WAB 282; Stift St. Florian 20/65a), Missa Sancti Leopoldi (WAB 254; Stift St. Florian 20/8), Missa Sancti Wolfgangi (WAB 288; Stift St. Florian 20/5), Missa Sancti Mauritii (WAB 287; ÖNB-MS Mus.Hs.19790) und Missa Sancti Michaelis (WAB 287; ÖNB-MS Mus.Hs.19790). Als Hoforganist in Wien begegnete Bruckner Eyblers Kirchenmusik fast jeden zweiten Sonntag: durch dessen jahrzehntelange Tätigkeit in der Hofmusikkapelle waren seine Werke, ganz besonders die Messproprien, im Repertoire bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zutiefst verankert. Eybler, der seiner spätklassischen Linie biedermeierliche und frühromantische Elemente hinzufügte, war, neben anderen, für Bruckners Thematik in dessen Kirchenmusik vielleicht speziell dort ein Vorbild, wo dieser ein Thema durch Variierung einer Quartsextakkordzerlegung gewinnt (bei „et vitam venturi“ der Messe in f-Moll, bei „in te Domine speravi“ des Te Deum).
Werke
- Oper (Das Zauberschwert)
- Oratorien (Die vier letzten Dinge, Die Hirten bei der Krippe)
- Kantaten
- Kirchenmusik (Messen, Requiem, Gradualien, Offertorien)
- Symphonien
- Kammermusik (Violin- und Violoncellosonaten, Streichquartette und -quintette)
- Klaviermusik
- Lieder
Literatur
- Franz Oelsinger, Die Kirchenmusikwerke Joseph Eybler’s. Diss. Wien 1932
- Robert Haas, Art. „Eybler, Joseph Leopold Edler von“, in: MGG¹Friedrich Blume (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 17 Bde. Kassel u. a. 1949–1986 3 (1954), Sp. 1676–1679
- Barbara Boisits, Art. „Eybler, Josef Leopold Edler von“, in: MGG²Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 29 Bde. (Sach- und Personenteil). 2. neubearb. Ausgabe. Kassel u. a. 1994–2008 6 (2001), Sp. 602–605
- Robert Wayne Ricks, The published Masses of Joseph Eybler, 1765–1846 (Studies in music/The Catholic Univ. of America 27). Diss. Washington D. C. 1967
- Hildegard Herrmann-Schneider, Thematisches Verzeichnis der Werke von Joseph Eybler (Musikwissenschaftliche Schriften 10). München 1976
- Christian Fastl, Zu Joseph Eyblers Kirchenmusik, in: Andrea Harrandt/Erich Wolfgang Partsch (Hg.), Kirchenmusik im Biedermeier. Institutionen, Formen, Komponisten. Wissenschaftliche Tagung 10. bis 11. Oktober 2008, Ruprechtshofen, NÖ (Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation 35). Tutzing 2010, S. 87–111
- Christian Fastl, Art. „Eybler, Joseph Leopold“, in: Gernot Gruber/Joachim Brügge (Hg.), Das Mozart-Lexikon. Laaber 2005, S. 196f.
- Barbara Boisits, Art. „Eybler, Joseph Leopold (Edler von)“, in: www.musiklexikon.ac.at [11.6.2019]