Haydn, Brüder

(Franz) Joseph: * 31.3.1732 Rohrau, Niederösterreich/A, † 31.5.1809 Wien/A. Komponist.
Schul- und Musikausbildung bei Johann Mathias Franck (1708–1783) in Hainburg, anschließend im Kapellhaus von St. Stephan. Musiktheoretische Grundlagen erwarb er durch Studien von Johann Joseph Fux‘ (1659/60–1741) Gradus ad Parnassum und Johann Matthesons (1681–1764) Vollkommenem Capellmeister. Seinen Lebensunterhalt verdiente er, nach Entlassung aus dem Kapellhaus wegen Stimmbruch, durch Unterricht in Gesang und Klavierspiel, als Sänger bei Gottesdiensten und als Violinist auf Hofbällen. 1760 ehelichte er Maria Anna Keller (1729–1800), die Ehe blieb kinderlos. Nach seiner ersten Anstellung als Musikdirektor bei Karl Joseph Franz Graf Morzin (1717–1783) trat er im Mai 1761 in Eisenstadt in den Dienst der ungarischen Magnaten Esterházy von Galántha. Anton von Esterházy (1738–1794) hatte nach dem Tod seines Vaters Nikolaus I. (1714–1790) jedoch keine Verwendung für Haydn und gewährte ihm Urlaub, sodass dieser einer Einladung nach London folgte – erste Bemühungen, Haydn nach England zu holen, hatte es bereits in den frühen 1780er Jahren gegeben –, wo er von Jänner 1791 bis Juni 1792 und erneut von Februar 1794 bis August 1795 lebte und komponierte, unzählige Konzerte leitete sowie Privatunterricht erteilte. Im September 1795 nahm er seinen aktiven Dienst am Fürstenhof unter Nikolaus II. (1765–1833) wieder auf. Die Leitung der fürstlichen Kapelle übernahmen ab 1804 anstatt des an Altersbeschwerden leidenden Haydn sein Schüler Johann Nepomuk Fuchs (1766–1839) und der Konzertmeister Johann Nepomuk Hummel (1778–1837).

Haydns Werke – vor allem sein spätes Schaffen – fand weite Verbreitung und wurde richtungsweisend für alle jüngeren Komponisten. Abschriften seiner Kompositionen waren in allen Teilen der Monarchie, bis hin in die kleinste Dorfkirche, vorhanden.

Bruckner lernte Haydns Werke spätestens in Hörsching, wenn auch nur flüchtig, kennen. Vertiefend kam er mit dem Schaffen des Wiener Klassikers in St. Florian – hier auch mit den Kammermusikwerken und Symphonien – und an der Präparandie in Linz in Berührung. Auch während seines Studiums bei Leopold von Zenetti spielten die Werke Haydns eine große Rolle. Teils wörtliche Zitate Haydns finden sich in Bruckners Requiem in d-Moll (WAB 39) und seiner Missa solemnis.

Mit den Kirchenmusikalien Haydns hatte Bruckner sowohl am Linzer Dom als auch in der Wiener Hofburgkapelle Kontakt, wobei vor allem dessen letzte großen Messen und das Te Deum (Hob. XXIIIc/2) im Vordergrund standen. Nicht unerwähnt dürfen Bruckners oftmalige Improvisationen über Haydns Gott! erhalte Franz den Kaiser (Hob. XXVIa/43; Volkshymne) bleiben. Auch in Bruckners Vorlesungen an der Universität Wien war Haydn ein Thema, wie aus einer erhalten gebliebenen Mitschrift Karl Heissenbergers hervorgeht. In Bruckners Nachlass fanden sich Partituren der Heiligmesse (Hob. XXII/10) sowie der Nelsonmesse (Hob. XXII/11), das Textbuch zu den Jahreszeiten (Hob. XXI/3) und die f-Moll Variationen für Klavier (Hob. XVII/6). Letztere erhielt er von seinem Cousin Johann Baptist Weiß.

Werke
  • Opern, Singspiele, Bühnenmusiken, Oratorien
  • Symphonien
  • Kammermusik
  • Märsche, Tänze
  • Kirchenmusik
  • Klavierwerke
  • Lieder

(Johann) Michael: * 14.9.1737 Rohrau, Niederösterreich/A, † 10.8.1806 Salzburg, Salzburg/A. Komponist, Organist.
Schulbesuch in Hainburg, um 1745 Studien bei Georg Reutter d. J. (1708–1772) am Kapellhaus von St. Stephan, mit 20 Jahren Kapellmeister des Bischofs von Großwardein (Oradea/RO). 1763 Verpflichtung an den Salzburger Hof, wo Haydn neben bzw. nach Wolfgang Amadeus Mozart eine vielseitige Tätigkeit als Künstler, Komponist und Lehrer entwickelte. 1768 ehelichte er die Tochter eines Hofmusik-Kollegen, Maria Magdalena Lipp (* 10.2.1747 Laufen an der Salzach, Salzburg/A [Bayern/D], † 10.6.1827 Salzburg), die bis 1803 als Hofsängerin tätig war. Nach dem Tod Anton Cajetan Adlgassers (1729–1777) wurde Haydn zum Organisten an der Dreifaltigkeitskirche ernannt und 1782 zum Hoforganisten bestellt. Bereits für seine Zeitgenossen galt er als Meister auf dem Gebiet der Kirchenmusik. Seine Werke fanden durch Abschriften, im 19. Jahrhundert auch im Druck durch Haydns Schüler Anton Diabelli (1781–1858) weite Verbreitung. Die von Fürst Nikolaus II. von Esterházy (1765–1833) angebotene Kapellmeisterstelle schlug er aus; auch nach politisch unruhigen Zeiten und dem Verlust der territorialen Selbständigkeit seiner Wahlheimat blieb Haydn in Salzburg und hegte vor allem Kontakt zu seinen Schülern und dem Freundeskreis außerhalb des Hofes.

Bruckner kannte Werke von Haydn seit dem Unterricht bei J. B. Weiß und konnte diese Kenntnis 1837–1840 in St. Florian intensivieren, wo regelmäßig Propriumsvertonungen, an Hochfesten auch solenne Messen von M. Haydn aufgeführt wurden. Von Haydns deutschem Messlied Hier liegt vor deiner Majestät, das seit 1800 in Fassungen für vier Singstimmen und Orgel bzw. für Streicher- oder Harmoniemusik-Begleitung im Druck vorlag, legte er für seinen Linzer Schulkollegen Johann Ditlbacher eine Abschrift an. Im Bruckner-Archiv des Stiftes St. Florian finden sich weitere (taktweise) Abschriften aus Haydn-Kompositionen (u. a. Messen, Te Deum, kleinere Kirchenwerke, vgl. Werkverzeichnis Anton Bruckner auf bruckner-online bzw. Bruckner-Bestände des Stiftes St. Florian II).

Bruckners frühe kirchenmusikalische Werke, vor allem Pange lingua (WAB 31), Libera (WAB 21), Messe für den Gründonnerstag in F-Dur, 4 Tantum ergo (WAB 41/1–4), Messe in C-Dur und das Requiem in d-Moll (WAB 39), lassen in Typus und Harmonik, Besetzung und Satzanlage Haydns Vorbild erkennen. Beim Hauptthema der Sechsten Symphonie erkennen August Göllerich bzw. Max Auer eine Verwandtschaft mit österreichischen Militärsignalen (Göll.-A. 4/1, S. 674f.), die lange Zeit M. Haydn zugeschrieben wurden, wofür es jedoch keinen Beleg gibt.

Werke
  • Bühnenwerke
  • Symphonien
  • Märsche, Tänze
  • Kammermusik
  • Kirchenmusik
  • Chorwerke
  • Lieder
Literatur

KLAUS PETERMAYR, GERHARD WALTERSKIRCHEN

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 11.3.2020

Medien

Kategorien

Normdaten (GND)

Haydn, (Franz) Joseph: 118547356

Haydn, (Johann) Michael: 118639528

Haydn, Maria Magdalena Lipp: 132113953

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft