Gasthäuser
Gasthäuser spielten im Leben des Junggesellen Bruckner eine wichtige Rolle. So aß er häufig am Abend auswärts; das Mittagessen kochte in Wien seine Haushälterin Katharina Kachelmaier. Zugleich bedeuteten diese Gaststättenbesuche aber auch eine „Öffnung zur Welt“. Nach einem langen Arbeitstag fand er häufig erst spätabends Zeit zum Essen. „Da dem Meister bei seinem Eingesponnensein in die Arbeit das Gefühl für Raum und Zeit immer mehr abhandenkam, hatte er mich gebeten, ihn auch abends zur bestimmten Stunde in seiner Wohnung aufzusuchen und ins Gasthaus abzuholen.“ (Eckstein, S. 146), erinnerte sich Friedrich Eckstein.
War er zuvor der isolierte Künstler bzw. konzentrierte Lehrer (Lehrtätigkeit), hielt er sich dann gerne, von Studenten (Schüler) und Freunden begleitet, in geselligen Runden auf. Hier wurde über das Tagesgeschehen diskutiert, aber ebenso über verschiedenste Fachgebiete. So nahm Bruckner beispielsweise im Wiener „Riedhof“ (Wickenburggasse 15, 8. Bezirk) regen Anteil an den Gesprächen einer Runde von Ärzten: „Bruckner bekundete aber nicht nur für unsere medizinischen Gespräche – auch dann, wenn sie streng wissenschaftlicher Art waren – lebhaftestes Interesse und suchte auf diesem Gebiet in unserem Kreis Aufklärung, sondern war für alle Zweige des Wissens von größter Aufnahmsfähigkeit“ (Alexander Fraenkel, zit. n. Göll.-A. 4/2, S. 20f.). In Wien war er auch öfters im berühmten Café Griensteidl (Michaelerplatz 2, 1. Bezirk) anzutreffen.
In Oberösterreich wurde Bruckner immer wieder zum Essen eingeladen. Erinnerungsliteratur und Anekdoten haben häufig diese gesellschaftlichen Kontakte zum Thema.
Zu den Lieblingsspeisen Bruckners zählten vor allem Geselchtes mit Grießknödeln und Kraut, aber auch Beinfleisch, Schweinsbraten, gefüllte Kalbsbrust, Gulasch und „Eierfisch“ (pochierte Eier). Überhaupt schätzte Bruckner bodenständige Hausmannskost sehr. Daneben sind Nudel- und Schokoladensuppe als bei ihm beliebte Gerichte überliefert. Bei Süßspeisen griff Bruckner auch gern zu „Apfelschlangerln“ (eine Art Nockerlspeise mit gedünsteten, gesüßten Äpfeln) bzw. „Apfelzweckerln“ (kleine Apfelstrudel), „Kirschenschober“ (eine Art Guglhupf mit eingebackenen Kirschen), Milchnudeln („Reg‘nwürmer“) und Zwetschkenknödeln.
In Oberösterreich trank Bruckner mit Vorliebe Apfel- oder Birnenmost, sonst (schwarzen) Kaffee, viel Bier und zuweilen Schnaps. Das von ihm bevorzugte Pilsner Bier bestellte er in „Seideln“ (0,3 Liter) mit recht viel Schaum. Häufig hielt er sich in der sogenannten „Schwemme“ (Schank) von Gasthäusern auf, wo er – abgesehen vom billigeren Preis – beim Zapfen zusehen konnte (Oberleithner, S. 31f.).
Bruckners Ess- und Trinkgewohnheiten sind vielfach anekdotisch überliefert. Er aß und trank sicher nicht wenig (zehn Seidel Bier sind wohl gesichert), manche Berichte über zwei- oder dreifache Portionen von Hauptspeisen müssen hingegen als Übertreibung aufgefasst werden.
Auswahl an von Bruckner aufgesuchten Gasthäusern
Bad Ischl: | Weinhaus Attwenger |
Enns: | Zum Schwarzen Adler |
St. Florian: | Sperl Zur goldenen Kugel |
Steyr: | Fochtmann/Dreher Sinzinger Forsthof (Sierning) Derfler (Ternberg) |
Linz: | Casino Zum roten Krebs/Zeilberger Zum Goldenen Kreuz Zum goldenen Löwen/Zaininger Zur Goldenen Kanone Schwarzer Bock Grüner Baum Jäger am Kürnberg |
Wien: | Gause Riedhof Zur Stadt Frankfurt Zum Schwarzen Bock Schweizerhaus Zur Goldenen Sonne Zum Kühfuß Zum roten Igel Zum grünen Anker |
Literatur
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974
- Max von Oberleithner, Meine Erinnerungen an Anton Bruckner (Von deutscher Musik 38). Regensburg 1933, bes. S. 30ff.
- Friedrich Eckstein, „Alte unnennbare Tage“ Erinnerungen aus siebzig Lehr- und Wanderjahren. Wien–Leipzig–Zürich 1936
- Bruckner – skizziertRenate Grasberger/Erich Wolfgang Partsch, Bruckner – skizziert. Ein Porträt in ausgewählten Erinnerungen und Anekdoten (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 8). 2., verbesserte Aufl. Wien 1996, S. 13–59