Botstein, Leon

* 14.12.1946 Zürich, Zürich/CH. Dirigent und Musikhistoriker.

Er studierte Geschichte und Philosophie an der University of Chicago und in Harvard. In diesen Jahren war er u. a. als Dirigent in verschiedenen Universitätsorchestern in Chicago und Harvard aktiv und verbrachte 1967 einen Studienaufenthalt in Tanglewood. 1964–1975 war er Präsident des Franconia College in New Hampshire und gründete in diesen Jahren das White Mountain Music Festival. Seit 1975 ist er Präsident des Bard College in New York, wo er Mitorganisator der von ihm 1990 bzw. 2003 gegründeten Festivals The Bard Music Festival und Bard SummerScape sowie Musikdirektor des von ihm 2015 gegründeten berufsvorbereitenden Orchesters und zugleich Studiengangs The Orchestra Now ist. Seit 1992 ist er zudem Musikdirektor und 1. Dirigent des American Symphony Orchestra und war 2003–2011 Musikdirektor des Jerusalem Symphony Orchestra, zu dessen Ehrendirigent er ernannt wurde. Seit 2018 ist er künstlerischer Leiter des Campus Grafenegg und der Grafenegg Academy. Als Gastdirigent arbeitete er mit vielen internationalen Orchestern, u. a. mit dem Orchester des Mariinsky Theaters in St. Petersburg und dem Los Angeles Philharmonic, zusammen. Er ist außerdem Autor zahlreicher Bücher und Artikel und seit 1992 Herausgeber der Zeitschrift The Musical Quarterly.

Botsteins Schwerpunkte liegen auf der Musik des späten 19. Jahrhunderts und den Werken zeitgenössischer Komponisten. Für ihn ist nicht nur in seinen Publikationen, sondern auch in seinen Aufführungen von Bedeutung, durch die Einordnung in einen historischen Kontext und die Vernetzung mit anderen Disziplinen Zugang zu den musikalischen Werken zu vermitteln. Er hat sich wiederholt mit Bruckners Œuvre auseinandergesetzt, wobei er bei den Symphonien zum Teil fremdbearbeitete Fassungen (Bearbeitungen) favorisierte. Es liegen von ihm Aufnahmen der Fünften Symphonie (in der von Franz Schalk bearbeiteten Fassung des Erstdrucks) mit dem London Philharmonic Orchestra von 1998 und der Ersten (2. Fassung, nach der Neuen Gesamtausgabe [NGA]),Dritten (1. Fassung, nach der NGA),Vierten (3. Fassung, nach der von Ferdinand Löwe instrumentierten Fassung des Erstdrucks),Siebenten (in der Fassung des Erstdrucks) und Achten Symphonie (1. Fassung, nach der NGA), der Messe in f-Moll und des Psalms 150 mit dem American Symphony Orchestra vor. Für seine Interpretationen der Werke Bruckners wurde er von der Bruckner Society of America mit der Kilenyi-Medaille ausgezeichnet.

Schriften

• Music and its public. Habits of listening and the crisis of musical modernism in Vienna, 1870–1914. Diss. Harvard 1985
• Music and Ideology. Thoughts on Bruckner, in: The Musical Quarterly 80 (1996), H. 1, S. 1–12
• Music and Ideology. Thoughts on Bruckner, in: The Bruckner Journal 5 (2001) H. 2, S. 24–31
• History and Performance Practices, in: The Musical Quarterly 88 (2005), H. 1, S. 1–6 [Siebente Symphonie]

LITERATUR

• Richard Wilson, Art. „Botstein, Leon“, in: NGroveD²Stanley Sadie (Hg.), The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 29 Bde. 2. Ausgabe. London 2001 4 (2001), S. 79
• www.leonbotstein.com/#conductor [18.2.2019]
• http://americansymphony.org/about/music-director/ [18.2.2019]
• http://theorchestranow.org [18.2.2019]
• www.abruckner.com/sitesearch/searchdiscographyd/default.htm?search=botstein [18.2.2019]