Denkmalprojekte

Die Geschichte der geplanten, jedoch nicht realisierten Gedenkstätten für Bruckner ist noch nicht systematisch erforscht. Einigermaßen gut nachvollziehbar sind aufgrund zeitgenössischer Zeitungsartikel bislang jedoch die langjährigen Pläne für ein Bruckner-Denkmal in Linz, von denen bis heute keiner realisiert wurde.

Der Linzer Gemeinderat beschloss bereits am 10.3.1897 u. a. die Errichtung eines Bruckner-Denkmals (Bruckner-Stiftungen), allerdings kam es nie zur tatsächlichen Umsetzung des Vorhabens. Aus den folgenden Jahren datieren mehrere erfolglose Versuche, das Projekt, für das auch Sammlungen und Wohltätigkeitskonzerte veranstaltet wurden, in die Tat umzusetzen (s. Lit.). Die letzten Initiativen dazu datieren aus dem Jahr 1914, an denen sich auch wieder – wie schon in den Jahren davor – August Göllerich beteiligte, der bereits 1897 die Denkmalidee (mit)initiiert hatte. Federführend war der Linzer Musikverein, der einen Denkmalfonds ins Leben rief. Jetzt war ein Denkmal am Platz beim Neuen Dom vorgesehen, Erzherzogin Marie Valerie übernahm das Protektorat über das Vorhaben, der oberösterreichische Landtag unterstützte es. Im Rahmen seines 50‑jährigen Gründungsfestes am 28.6.1914 überreichte der Oberösterreichisch-Salzburgische Sängerbund eine „Bundesstiftung“ für das zu errichtende Bruckner-Denkmal an den Obmann des Denkmalausschusses. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs machte jedoch alle weiteren Bemühungen zunichte.

1921 hob Franz Gräflinger zwar den Umstand, dass Linz mit der Bruckner-Stiftung von 1897 ein „tönendes Denkmal“ gesetzt hatte, positiv hervor, prangerte aber gleichzeitig das Fehlen eines Bruckner-Denkmals als „Unterlassungssünde“ (Linzer Tages-Post 8.10.1921, S. 4) an. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Linz bereits Denkmäler für Adalbert Stifter und Franz Xaver Stelzhamer (1802–1874). Durch Gräflingers Artikel kam nochmals Bewegung in die Angelegenheit, es gingen auch neue Spenden in den noch bestehenden Denkmalfonds des Linzer Musikvereins ein, der damals mit rund 10.000 Kronen dotiert war. Bald war jedoch klar, dass es bei den herrschenden „derzeitigen Verhältnissen“ nicht möglich sein würde, ein Denkmal beim Neuen Dom zu realisieren. Stattdessen wurden Gedenktafeln in der Stiftskirche zu St. Florian und in Linz (an mehreren Orten angedacht, schließlich am Alten Dom) angeregt. Beide Pläne konnten durch ihre Verwirklichung mit den Enthüllungsfeierlichkeiten am 29.4.1922 (St. Florian, Gedenkstein unter der Orgel, über dem Sarg Bruckners) bzw. 21.5.1922 (Linz, Alter Dom) zu einem positiven Abschluss gebracht werden.

1932 entwarf der Wiener Bildhauer italienischer Abstammung Mario Petrucci (1893–1972) ein monumentales Bruckner-Denkmal, „das er sich in St. Florian bei Linz in freier Natur errichtet denkt“ (Bilder-Woche 15.4.1932, S. 4). Das Denkmal war dreiteilig geplant: eine ebenerdig gelegene marmorne „Figuralkomposition“, bestehend aus einer zweiteiligen Statuengruppe (Bruckner zu Füssen eines zum Himmel zeigenden Genius) in einem Halbkreis aus Orgelpfeifen; eine auf einen Hügel führende gerade Steinstraße, gesäumt von Pappeln; ein auf dem Hügel thronender „Tempel der Andacht“. Petrucci wollte damit „eine marmorne Allegorie der Brucknerschen Musik schaffen“. Auch diese Anlage wurde nie realisiert, findet aber 1936 in Zusammenhang mit Petrucci nochmals Erwähnung.

Adolf Hitler skizzierte in der Nacht vom 7. auf den 8.11.1942 im Sonderzug von Rastenburg (Kętrzyn/PL) nach München in Albert Speers (1905–1981) Gegenwart ein Denkmal, an dem eine Gedenkplatte für Bruckner angebracht werden sollte (IKO 292). Das Denkmal wäre acht bis zehn Meter hoch gewesen und sollte in Linz aufgestellt werden. Es wurde nie ausgeführt.

Literatur
  • Linzer Volksblatt 21.10.1898, S. 4
  • Linzer Volksblatt 9.5.1900, S. 4
  • Linzer Volksblatt 13.6.1900, S. 5
  • [Linzer] Tages-Post 13.3.1902, S. 5
  • [Linzer] Tages-Post 25.5.1902, S. 7
  • [Linzer] Tages-Post 16.5.1909, S. 9
  • Salzburger Volksblatt 21.3.1913, S. 6
  • Linzer Volksblatt 30.4.1913, S. 3
  • [Linzer] Tages-Post 2.12.1913, S. 5
  • Linzer Volksblatt 12.3.1914, S. 2
  • Linzer Volksblatt 20.3.1914, S. 3
  • Linzer Volksblatt 28.6.1914, S. 7
  • Linzer Volksblatt 15.1.1918, S. 3
  • [Linzer] Tages-Post, 8.10.1921, S. 4
  • [Linzer] Tages-Post, 20.10.1921, S. 5
  • [Linzer] Tagblatt 25.10.1921, S. 5
  • [Linzer] Tages-Post 23.12.1921, S. 3
  • [Linzer] Tages-Post 2.5.1922, S. 5
  • [Linzer] Tages-Post 18.1.1922, S. 4
  • [Linzer] Tages-Post 8.12.1929, S. 13
  • [Linzer] Tages-Post 14.5.1932, Sonntagsbeilage „Bilder-Woche“ Nr. 20 v. 15.5.1932, S. 3f.
  • Gisela Göllerich, Errichtung eines Bruckner-Denkmales [1906], in: Zeitschrift für Musik 100 (1933) H. 6, S. 619ff.
  • Der Morgen. Wiener Montagblatt 13.7.1936, S. 12
  • Harry Slapnicka, Hitlers Neubaupläne und der Wettlauf der Architekten, in: Kunstjahrbuch der Stadt Linz (1987), S. 94–106
  • Bruckner-Ikonographie IIRenate Grasberger, Bruckner-Ikonographie. Teil 2: 1925 bis 1946. Nachträge zu Teil 1: Um 1854 bis 1924 (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 14). Wien 2004

CHRISTIAN K. FASTL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 11.5.2018

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Abbildungen

Abbildung 1: Bilder-Woche 15.4.1932, S. 3

Abbildung 2: Bilder-Woche 15.4.1932, S. 4

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft