Alter Dom, Linz

Domgasse 3 in Linz. Die Jesuiten kamen um 1600 nach Linz und wirkten zunächst an der (heute nicht mehr existierenden) Dreifaltigkeitskapelle, später an der Minoritenkirche. Als die Minoriten ihre Kirche zurückverlangten, wurde der Bau eines eigenen Gotteshauses notwendig. Den Grundstein legte Propst David Fuhrmann (1621–1689, Propst 1667–1689) von St. Florian am 31.7.1669, dem Fest des hl. Ignatius. Der Bau erfolgte 1669–1678 nach vermutlich von Pietro Francesco Carlone (∼1607–∼1681) stammenden Entwürfen. Am 4.9.1678 wurde die Kirche vom Passauer Fürstbischof Sebastian Graf von Pötting (1628–1689) feierlich konsekriert und dem Gründer der Jesuiten, Ignatius von Loyola (1491–1556), geweiht. Die Kirche war zu diesem Zeitpunkt noch unvollendet und erfuhr in den folgenden Jahren durch die Adelsgeschlechter Weißenwolff, Starhemberg und Kuefstein wesentliche Förderungen. 1773 wurde der Jesuitenorden durch Papst Clemens XIV. (1705–1774, Papst 1769–1774) aufgehoben. Die ehemalige Linzer Jesuitenkirche wurde 1785 anlässlich der Gründung der Diözese Linz durch Kaiser Joseph II. (1741–1790) zum Bischofssitz des damaligen Linzer Bischofs Ernst Johann Nepomuk Herberstein (1731–1788) erhoben. Als der Neue Dom den Alten Dom als Bischofskirche ablöste, erhielten die Jesuiten 1909 ihre Kirche zurück und sind seitdem dort als Seelsorger tätig.

Von besonderer kunsthistorischer Bedeutung sind in der Ignatiuskirche der Hochaltar, das Chorgestühl, das Fastengemälde, die Kanzel und die sogenannte Bruckner-Orgel. Der marmorne Hochaltar wurde in den Jahren 1681–1683 errichtet und stammt vom Architekten Giovanni Battista Colomba (1638–1693) und vom Stukkateur Giovanni Battista Barberini (∼1625–∼1691). Das Hochaltarbild stellte ursprünglich den hl. Ignatius mit Allegorien der vier (damals bekannten) Kontinente dar und stammte vermutlich von Andrea Celesti (1637–1712), der u. a. für die Stiftskirche St. Florian sieben qualitätsvolle Bilder, darunter das Hochaltargemälde, geschaffen hatte. Der Altar wird von einer Scheinarchitektur, einem von 16 Engeln gerafften Vorhang, umrahmt und von vier Heiligen (Franz Xaver, Josef, Leopold und Franz Borja) flankiert. Bei der Errichtung der Diözese Linz 1785 wurde ein anderes Gemälde für den Hochaltar ausgewählt, und zwar das aus der von Kaiser Joseph II. 1782 aufgelassenen Klosterkirche des Nikolaiklosters (Ecke Singerstraße/Grünangergasse, 1. Bezirk, Wien) stammende Bild Aufnahme Mariens in den Himmel von Antonio Bellucci (1654–1726). Das ursprüngliche Hochaltarbild von Celesti gilt heute als verschollen.

Das reich geschnitzte Chorgestühl wurde 1633 für die Stiftskirche Garsten vom Benediktinerbruder Michael Obermüller geschaffen. Das Stift wurde von Kaiser Joseph II. jedoch 1787 aufgehoben. Auf Veranlassung des Bischofs Franz Joseph Rudigier kam das Chorgestühl im Zuge der Renovierung des Domes 1856 nach Linz. Im rechten Altarraum der Kirche befindet sich ein sogenanntes „Fastengemälde“ (eine Kreuzigungsszene) eines anonymen Malers von um 1700, das durch seine besondere Qualität auffällt. Die mit prächtigem Schnitzwerk verzierte Kanzel ist – ebenso wie die Kirchenbänke und die Beichtstühle – das Werk von nicht namentlich überlieferten Jesuitenbrüdern. Die Orgel stammt aus dem 1786 von Kaiser Joseph II. aufgehobenen Zisterzienserkloster Engelszell (heute Trappistenabtei), wurde 1789 nach Linz gebracht und von Franz Xaver Chrismann, der sie ursprünglich gebaut hatte, für den Dom adaptiert.

Das musikalische Repertoire sowohl des Alten Domes als auch der Stadtpfarrkirche ist bedauerlicherweise nur lückenhaft überliefert, und nur wenige der erhaltenen Kompositionen tragen Aufführungsvermerke. So ist man bei der Frage nach den unter Mitwirkung Bruckners aufgeführten Werken vorwiegend auf andere Quellen, wie etwa Zeitungs- und Erinnerungsberichte, angewiesen. Zur Zeit Bruckners wurden die in der Kirchenmusik tätigen Musiker meist je nach den Erfordernissen der aufzuführenden Kompositionen aktuell zusammengestellt. So wirkten bei großen Kirchenmusikaufführungen Kräfte des Theaters mit, bei Bedarf wurden die Bläser der Militärkapelle beigezogen und auch Mitglieder der Liedertafel „Frohsinn“ stellten sich für Aufführungen in der Kirche zur Verfügung. Insgesamt muss die Qualität der Aufführungen beachtlich gewesen sein. So ist uns eine Tagebuchaufzeichnung des Schülers Simon Sechters, Johann Beranek (1813–1875), überliefert, der der Musikpflege am Alten Dom ein recht gutes Zeugnis ausstellte: „Die Kirchenmusik, unter der Leitung des äußerst thätigen und geschickten Domkapellmeisters [= Karl Zappe, 1812–1871], der von seinen Kindern auf dem Chore kräftigst unterstützt wird, und unter der Mitwirkung des theoretisch und praktisch gebildeten, vortrefflichen Organisten Herrn Bruckner, ist weit gediegener als in mancher Pfarrkirche zu Wien.“ (Pfannhauser, S. 13).

Bruckner begann seinen Dienst am Dom mit der Christmette des Jahres 1855. Am Umbau der Orgel in den Jahren 1856–1867 durch Josef Breinbauer nahm er lebhaften Anteil und konnte manche seiner Wünsche einfließen lassen. So wurde diese Orgel – neben der in St. Florian – jenes Instrument, das seinen Vorstellungen am meisten entsprach, und dasjenige, an dem er als Improvisator von europäischem Rang seinen Ausgang nahm. Er liebte diese Orgel so, dass er sich bei seinem Weggang aus Linz mit einem mit Bleistift unterhalb der Kante des Spieltisches geschriebenen „lebe wohl“ verabschiedete. Bruckner brachte im Dom am 12.5.1861 sein Ave Maria (WAB 6) und am 20.11.1864 seine Messe in d‑Moll (Wiederaufführung am 6.1.1868) zur Aufführung.

Im Jahr 2011 konnte ein bereits vom seinerzeitigen Domorganisten August Humer (1947–2007) geplantes Projekt, die Einrichtung eines kleinen Bruckner-Museums im Stiegenaufgang zur Orgel, durch eine großzügige Subvention des Brucknerbundes für Oberösterreich von Humers Schüler Bernhard Prammer (* 1968) und einem Team aus Mitarbeiterinnen der Arbeitsstelle „Anton Bruckner“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (Renate Grasberger, Elisabeth Maier) und zwei Grafikern und Ausstellungsarchitekten (Gerhard Katzlberger, Manuel Schilcher) realisiert werden (Gedenkstätten).

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.7.2020

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Abbildungen

Abbildung 1: Gedenktafel am Alten Dom, Linz (© Christian K. Fastl)

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft