Bruckner-Stiftungen

Beide hier behandelten Stiftungen dienen bzw. dienten, obwohl mit gänzlich unterschiedlichen Zielsetzungen ins Leben gerufen, der Förderung von Bruckners Werk nach seinem Ableben.

Bruckner-Stiftung der Stadt Linz (1897)

Initiator der vom Linzer Gemeinderat geschaffenen Stiftung war August Göllerich, der selbst hierüber berichtete: „Kaum war ich in Linz angelangt, schied der Meister. Sogleich erhoben sich hiernach die üblichen Rufe nach einem Denkmal des Verklärten. Ich schlug statt dessen dem Gemeinderate der Landeshauptstadt vor, zu tun, was mir zunächst wichtiger erschien: eine Stiftung zu gründen, aus welcher die regelmäßige Aufführung aller großen Werke des Meisters in volkstümlichen Festkonzerten des Musikvereins sichergestellt werden sollte. Der Gedanke fand rasch begeisterte Zustimmung und in elf großen ‚Bruckner-Stiftungs-Konzerten‘ war es mir gegönnt, ihn zunächst mit den heimischen Kräften, bei den Wiederholungen der Symphonien teilweise mit dem Orchester des ‚Wiener Konzert-Vereins‘ durchzuführen und dabei auch der bedeutenden ungedruckten Werke in ungekürzten Darbietungen zu gedenken.“ (Göll.-A. 1, S. 37f.).

Tatsächlich scheint die Sache jedoch etwas kompliziert gewesen zu sein. Zunächst brachte der Linzer Musikverein im oberösterreichischen Landtag einen Antrag ein, Bruckners Ehrenpension in der Höhe von 400 fl. nach seinem Tod als „Dr. Anton Bruckner-Stiftung“ selbst zu beziehen. Der Landtag lehnte das Ansinnen jedoch am 17.2.1897 ab. Der Musikverein wandte sich daher an den Gemeinderat von Linz. Dieser beschloss auf Antrag von Oberst i. R. Gustav Bancalari (1841–1900) am 10.3.1897 u. a. die Errichtung eines Bruckner-Denkmals in Linz (die Details dazu blieben zunächst vage) und die Subventionierung von 13 Konzerten („Volksconcerte“) mit jeweils 300 fl. Der Gemeinderat bezog sich hierbei ausdrücklich auf eine Idee von „Musikdirector Göllerich“ und bestimmte weiters: „Diese Bruckner-Concerte haben im Zeitraume von 25 Jahren, also durchschnittlich jedes zweite Jahr, stattzufinden. Sie sind vom Musikvereine ins Werk zu setzen und gelten für außerordentliche Concerte desselben. […] Die musikalischen Vereine ,Sängerbund‘, ,Frohsinn‘ und ,Gutenbergbund‘, welche […] dieser Idee zugestimmt haben, sind jeweilig vom Musikvereine zur Betheiligung einzuladen.“ (Linzer Volksblatt 12.3.1897, S. 4).

Am 20.3.1898 fand im Volksgartensaal das erste Konzert statt, Göllerich dirigierte ein 87 Mann starkes Orchesters und 150 Sänger. Aufgeführt wurden die Erste Symphonie, das Ave Maria (WAB 6) und das Credo aus der Messe in f‑Moll. Bis 1920 folgten noch weitere neun Konzerte (8.4.1900, 23.3.1902, 27.3.1904, 1.4.1906, 20.12.1908, 29.3.1911, 27.4.1913, 25.3.1916, 28.3.1920), insgesamt gab es also drei Konzerte weniger als ursprünglich geplant. Am Pult stand jeweils Göllerich selbst, die Konzerte fanden im Volksgartensaal, im Redoutensaal sowie im Festsaal des Kaufmännischen Vereinshauses statt. Aufgeführt wurden die Erste, Dritte, Fünfte bis Neunte Symphonie, das Intermezzo in d‑Moll, das Adagio zum Streichquintett in F‑Dur, die drei großen Messen (Messe in d‑Moll,Messe in e‑Moll, Messe in f‑Moll), die Missa solemnis, das Te Deum, der Psalm 114, der Psalm 150, Trösterin Musik, das Ave Maria (WAB 6) und das Locus iste. Das einzige zur Aufführung gebrachte Werk, das nicht von Bruckner stammte, waren die Variationen aus dem Kaiserquartett (Hob. III:77) von Joseph Haydn (im Dezember 1908 anlässlich des 60‑jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I.). Die Bedeutung der Stiftung und Göllerichs Verdienste um dieselbe waren noch 1926 in Erinnerung, die im November 1924 in Linz durchgeführte Bruckner-Woche wurde als Fortführung der Stiftung gesehen.

Literatur

CHRISTIAN K. FASTL

Bertil Östbo-Bruckner-Stiftung (1974)

Ziel der Stiftung ist die Förderung der Bruckner-Pflege. Sie verleiht Preise für Verdienste um die Pflege und die Interpretation der Werke Bruckners sowie für weitere künstlerische und wissenschaftliche Leistungen, die mit Bruckner in Verbindung stehen. Die Stiftung wurde von dem schwedischen Großindustriellen Bertil Östbo (* 8.6.1916 Trollhättan/S, † 18.9.2007 [Ort?]/S), einem Bruckner- und Linz-Verehrer, 1974 anlässlich der Eröffnung des Brucknerhauses Linz ins Leben gerufen. Östbo bot der Stadt Linz eine VÖEST-Anleihe in der Höhe von 250.000,- öS (ca. EUR 18.000,-) als Stiftungskapital an. Das Kuratorium der Stiftung, bestehend aus dem Landeshauptmann von Oberösterreich, dem Bürgermeister von Linz und dem Propst des Stiftes St. Florian, wählt die zu ehrenden Persönlichkeiten aus. Die Verwaltung obliegt der Kulturdirektion der Stadt Linz. Die Auszeichnung erhielten bisher u. a. Augustinus Franz Kropfreiter, Herbert Blomstedt, Kurt Wöss, Theodor Guschlbauer, Ernst Balluf (1921–2008), Leopold Nowak, Franz Welser-Möst, Manfred Mayrhofer und Cornelis van Zwol.

Die von Gerhard (* 1959 Graz, Steiermark/A) und Karl Werner (* 1953 Graz) geschaffene Bertil Östbo-Bruckner-Medaille wurde u. a. an den früheren österreichischen Bundespräsidenten Rudolf Kirchschläger (1915–2000), Wilhelm Rausch (* 1927, Direktor des Archivs der Stadt Linz), Adolf Öhler (Kunstvermittler, Ehrenpräsident der Künstlervereinigung Zülow Gruppe) und das Brucknerhaus Linz vergeben. Außerdem wurden die St. Florianer Sängerknaben mit einem Teil der Dotation durch Reisestipendien gefördert.

Literatur

RENATE GRASBERGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 12.2.2018

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