Cherubini, (Maria) Luigi (Carlo Zenobio Salvatore)

* 14.9.1760 Florenz/I, † 15.3.1842 Paris/F. Komponist, Theoretiker, Musikerzieher.

Sohn von Verdiana Bosi (Bozi; ca. 1725–1765) und Bartolomméo Cherubini (1726–1792), der als Cembalist (maestro al cymbalo) am Florentiner Teatro della Pergola wirkte und Cherubini ab 1766 den ersten elementaren Musikunterricht erteilte. Weitere musikalische Ausbildung (Kontrapunkt, Komposition, Klavier, Orgel und Gesang) erhielt Cherubini in Florenz von Bartolomeo Felici (1695–1776) und dessen Sohn Alessandro  Felici (1742–1772) sowie 1776–1778 von Pietro Bizzarri und Giuseppe Castrucci. Nach der Aufführung seiner Kantate La pubblica felicità vor dem Großherzog der Toskana Leopold II. (1747–1792), im Dom zu Florenz 1774, wurde Cherubini von ca. März 1778 bis Februar 1781 ein Stipendium zum Studium bei Guiseppe Sarti (1729–1802) gewährt.

Um internationalen Erfolg zu erlangen, reiste Cherubini im Herbst 1784 nach London und Paris. Für die Theatersaisonen 1785 und 1786 schrieb er diverse Einlagearien für Bühnenwerke anderer Komponisten. Für die Uraufführung der Oper Ifigenia in Aulide in Turin kehrte Cherubini 1787/88 ein letztes Mal nach Italien zurück, ehe er 1788 endgültig nach Paris übersiedelte.

Mit der Gründung des Théâtre de Monsieur 1789 wurde Cherubini als musikalischer Leiter bestellt. Der künstlerische Durchbruch in Paris gelang Cherubini mit der Uraufführung von Lodoïska am 18.7.1791 im Théâtre Feydeau. Den Umwälzungen der Französischen Revolution, dazu zählte die Auflösung des Théâtre de Monsieur, entging Cherubini durch Aufenthalte in der Normandie. In diese Zeit fiel auch die Verlobung (1792) und Hochzeit (1794) mit Anne Cécile Tourette (1773–1864), ehe er im Juni 1794 als Triangelspieler dem von Bernard  Sarrette (1765–1858) geleiteten Musikkorps am neu gegründeten Institut national de musique beitrat.

Dem daraus hervorgehenden Conservatoire National de Musique de Paris (heute Conservatoire national supérieur de musique et de danse de Paris) stand Cherubini 1795 als einer von fünf Inspektoren vor. Im Zuge seiner Stellung war Cherubini zwischen 1794 und 1799 zur Komposition mehrerer republikanischer Hymnen angewiesen worden, darunter die Hymne à la victoire oder die Hymne du Panthéon – ebenso entstanden weitere Bühnenwerke, darunter die dramatischen Opern Médée (1797) und Les Deux Journées (1800), die mit übersetzten Libretti Cherubini auch dem deutschsprachigen Publikum bekannt machten.

Die abermaligen politischen Umwälzungen, der Aufstieg Napoleons (1769–1821) – der Cherubini ablehnend gegenüberstand – die Schließung des Théâtre Feydeau und Misserfolge mit verschiedenen Werken führten Cherubini in menschliche, künstlerische und materielle Unzufriedenheit. Zwischen 1808 und 1810 verbrachte Cherubini mehrere Erholungsaufenthalte auf dem Schloss Chimay. Der Untergang des napoleonischen Kaiserreiches und die Rekonstitution der bourbonischen Monarchie wirkten sich wiederum auf Cherubinis Reputation und Anstellung aus. So folgte der Ernennung zum Ritter der Ehrenlegion und der Aufnahme in die Akademie der Schönen Künste am Institut de France 1814, die Berufung zum Professor für Komposition am Conservatoire und als Nachfolger von Jean-Paul-Égide Martini (1741–1816) die Ernennung zum Surintendant de la musique du Roi. Neben Jean-François Le Sueur (1760–1837) war Cherubini damit für die Kirchenmusik der Chapelle royale zuständig. Ab 1822 trat Cherubini die Nachfolge von François-Louis Perne (1772–1832) an und wurde Direktor des Pariser Konservatoriums; diese Position behielt Cherubini bis kurz vor seinem Tod 1842.

Die Rezeption der Werke Cherubinis im 19. Jahrhundert gründete sich ebenso aus der Popularität seiner Opern wie aus seinen kirchenmusikalischen Werken. Seine Kirchenwerke fanden rasche Verbreitung, nicht zuletzt auch durch die Drucklegung der Partituren; besonders in Wien sind seine Messen im Repertoire fast durchgängig nachweisbar (vgl. Steurer).

Der erste Kontakt Bruckners mit der Musik Cherubinis ist durch die Abschrift der Orgelstimme des Offertoriums Ecce panis angelorum (Stift St. Florian, Bruckner-Archiv 20/76, WAB 280) belegbar. Titulatur und lediglich das Abschreiben des Bassverlaufes des Stückes samt Generalbassbezifferung deuten jedoch auf eine weniger kompositionsspezifische als vielmehr spiel- bzw. aufführungspraktische Beschäftigung Bruckners mit dem Cherubini’schen Werk. Aufführungen des Offertoriums sind in St. Florian für den 22.6.1848, 19.6.1851, 10.6.1852 (jeweils Fronleichnam) und den 2.7.1854 nachweisbar (Hawkshaw, S. 175.).

Auch als Linzer Dom- und Stadtpfarrorganist war Bruckner an der Aufführung von Werken Cherubinis beteiligt – so vermutlich als Organist bei der Aufführung der Messe à trois voix in F-Dur am 22.11.1865 (Christliche Kunstblätter [1865] H. 12, S. 50).

Zudem ist eine Partiturabschrift Bruckners zur Cherubini’schen Messe in C-Dur (1816) überliefert (ÖNB‑MS, Mus.Hs.3172). Diese Partiturabschrift als vermutlich spätestes Zeugnis des Bruckner’schen Kopierens fremder Werke könnte als Ausgangspunkt für die Rezeption des Werkes gedient haben. Die metrischen Ziffern in Bruckners Abschrift lassen auf eine Entstehung ab 1876/77 schließen und treffen damit genau den Zeitraum, in dem das Werk in der Hofmusikkapelle erstmals (14.5.1876) erklang, bevor es in das jährliche Repertoire (ca. 21 Aufführungen von 1880–1896) selbiger überging (Steurer, S. 504, 528–617). Cherubini zählte zu den wenigen ausländischen bzw. nicht ortsansässigen Komponisten, die überhaupt im Repertoire der Hofmusikkapelle vertreten waren. Weitere seiner Werke wurden jährlich aufgeführt, darunter die große Messe in d-Moll (teilweise gekürzt), das Requiem in c-Moll und verschiedene kleinere Werke. Ob Bruckner Cherubinis kompositorischem Schaffen Wertschätzung entgegenbrachte oder nicht, bleibt unklar. Gesichert ist, dass Bruckner zu Cherubinis Messe in A in seinem Taschen-Notizkalender aus dem Jahr 1890/91 zur Aufführung vom 26.4.1891 in der Hofmusikkapelle notierte: „26. April in der Hofk[apelle] Messe in A v[on] Cherubini angehört, Comp[osition] schrecklich!!! Aufführung!!!“ (Verborgene Persönlichkeit, Bd. 1, S. 429).

Stilistisch hat Bruckner mit dem Spätklassiker Cherubini bei aller Verschiedenheit der Tonsprache in der Kirchenmusik eine feste Formgebundenheit (Form) gemeinsam.

Werke
  • Bühnenwerke
  • Oratorien
  • Messen
  • Kammermusik
  • Klavier- und Orgelwerke
  • Geistliche und weltliche Chorwerke
  • Lieder
Schriften
  • Solfège contenant des leçons sur toutes les clefs et à changement de clefs avec accompagnement de Basse chiffrée. Paris nach 1805
  • Cours de contrepoint et de fugue. Paris 1832 [Theorie des Kontrapunkts und der Fuge. Leipzig 1836]
  • Marches d’harmonie, pratiquées dans la composition produisant des suites régulières de consonnances et de dissonances. Paris o. J.
Literatur

CLEMENS GUBSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 20.5.2020

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Normdaten (GND)

Cherubini, (Maria) Luigi (Carlo Zenobio Salvatore): 118520377

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