Am Grabe (WAB 2) „Brüder, trocknet eure Zähren“
Vierstimmiger Männerchor a cappella in f‑Moll, „Langsam“
Text: | Ernst Marinelli |
EZ: | Februar 1861 in Linz |
W: | Josefine Hafferl |
UA: | 11.2.1861 in Linz (Liedertafel „Frohsinn“; Bruckner) |
Aut.: | ÖNB‑MS (Mus.Hs.37287) |
ED: | Universal Edition, Wien 1923 (Josef Venantius von Wöss; hier ist fälschlich Heinrich Wallmann als Textdichter genannt) |
NGA: | Band XXIII/2 (Angela Pachovsky/Anton Reinthaler, 2001) |
Die aus Anlass des Ablebens der Kaufmannswitwe Josefine Hafferl, der Mutter des Vorstandes der Liedertafel „Frohsinn“, entstandene Komposition ist dem Typus nach ein deutsches Totenlied (wie auch Totenlied in Es‑Dur [WAB 47/1] und Totenlied in F‑Dur [WAB 47/2]). Bruckner griff hier ein zweites Mal auf einen 1854 anlässlich des Todes von Propst Michael Arneth von St. Florian gedichteten Text von Ernst Marinelli zurück, der er bereits in Vor Arneths Grab vertont hatte. Bei Am Grabe ließ er von dem Text nur die letzte Strophe weg, ansonsten ist es mit Vor Arneths Grab textgleich. Obwohl beide Kompositionen in f‑Moll stehen, weitgehend dem gleichen rhythmischen Muster folgen und auch hinsichtlich des Tonmaterials lose Gemeinsamkeiten erkennen lassen, ist Am Grabe von dem mit Männerchor und drei Posaunen besetzten Vor Arneths Grab musikalisch sehr verschieden.
Bruckner trat mit Am Grabe zum ersten Mal in Linz als Komponist an die Öffentlichkeit, was auch in der Linzer Zeitung positive Beachtung fand: „Durch die ganze Composition weht der Hauch zarter Empfindung und frommen Gottvertrauens“ (12.2.1861, S. 143). Gottvertrauen, Hoffnung und Trost werden in der 3. Strophe vornehmlich harmonisch durch C‑Dur („Drum laßt uns den Herren preisen“ in ff) bzw. F‑Dur („den Himmel offen hält“) ausgedrückt.
Der Komponist schenkte ein Manuskript Friedrich Eckstein, der es in seinen Erinnerungen an Anton Bruckner (Wien 1923) in Druckfassung der Universal Edition erstmals veröffentlichte.
1924 wurde Am Grabe vom Wiener Männergesang-Verein unter Karl Luze in St. Florian, 1993 vom Hilliard Ensemble in Wilhering aufgeführt.
Literatur
- Kronlandsnachrichten [Begräbnis Josefine Hafferl], in: Linzer Zeitung 12.2.1861, S. 143
- Franz Gräflinger, Die Bruckner-Fahrt des Wiener Männergesangvereines. Empfang in St. Florian, in: [Linzer] Tages-Post 29.6.1924, S. 4
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 2/1, S. 350f., und 3/1, S. 92ff.
- Andrea Harrandt, Brucknerpflege im Brucknerhaus. Rückschau auf die Konzertsaison 1990/91, 1991/92, 1992/93 und die Internationalen Brucknerfeste 1991, 1992 und 1993, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1991/92/93, S. 209–221