Universal Edition (Verlag)
1901 gegründeter und bis heute bestehender Musikverlag in Wien mit Zweigstellen in London und New York. Von einem Konsortium einiger Wiener Musikverleger (Josef Weinberger, Adolf Robitschek und Bernhard Herzmansky [* 6.12.1852 Sternberg/Mähren [Šternberk/CZ], † 18.5.1921 Bad Goisern, Oberösterreich/A]), unterstützt vom k. k. Ministerium für Cultus und Unterricht und mehreren Banken, sollte ein international verankerter und qualitativ (sowohl im Programm als auch in der Produktion) hochwertiger Verlag gegründet werden, der Österreich‑Ungarn von den deutschen Großverlagen und v. a. vom „Gesamtausgaben-Monopolisten“ Breitkopf & Härtel in Leipzig unabhängig machen sollte, da das Ministerium den Druck von Gesamtausgaben österreichischer bzw. in Österreich lebender Komponisten auch im eigenen Land sehen wollte. Als Druckerei stand Waldheim & Eberle bereit. Zunächst dominierten Klassikerausgaben und Werke für den Unterricht das Verlagsprogramm; durch den Erwerb anderer Verlagsrechte kamen Komponisten wie Richard Strauss, Franz von Suppé (1819–1895) oder Max Reger (1873–1916) hinzu. Erst ab 1907 unter der Leitung von Direktor Emil Hertzka (* 3.8.1869 Budapest/H, † 9.5.1932 Wien/A) wurde die Universal Edition (UE) zu einem führenden Verlag für Neue Musik und gewann damit ihr bis heute charakteristisches Profil. Nach Emil Hertzkas Tod leitete seine Witwe Yella (* 4.2.1873 Wien, † 13.11.1948 Wien) den Verlag gemeinsam mit bewährten Mitarbeitern. 1936 gründete der Mitarbeiter Alfred Kalmus (* 16.5.1889 Wien, † 25.9.1972 London/GB) die Londoner Zweigstelle. 1938 wurde der Wiener Verlag arisiert und musste mehrfache Eigentümerwechsel überstehen; Alfred Schlee (1901–1999) und Gottfried von Einem (1918–1996) gelang es jedoch, zumindest die Manuskripte vor der Beschlagnahmung zu retten und den Kontakt mit den Komponisten aufrechtzuerhalten. 1945–1951 stand die UE unter öffentlicher Verwaltung, konnte aber ab 1951 wieder als Aktiengesellschaft errichtet werden. Neben den eigenen Verlagsprodukten vertritt die UE in Österreich heute auch große internationale Verlage.
Obwohl Bruckner gleichsam von Beginn an mit der Druckerei „miteingekauft“ worden war (vgl. Neues Wiener Tagblatt 9.8.1901, S. 6), wurde die UE, die in den 1930er Jahren schon andere Interessen verfolgte, nicht Herausgeberin der Bruckner-Gesamtausgabe, sondern Filser in Augsburg. Dennoch erschienen aufgrund des Vertrages zwischen Waldheim & Eberle und Bruckner bis ca. 1930 zahlreiche Werke in der UE bzw. bei Doblinger (viele davon als Erstdrucke) in Kooperation mit der UE (wie z. B. August Stradals Klavierauszug der Fünften Symphonie für Klavier zu zwei Händen, der bei Doblinger die Nr. 2607 trägt, aber durch die UE unter der Nr. 427 veröffentlich wurde). Die Herausgabe von Klavierauszügen der Symphonien Bruckners (zu zwei und vier Händen) bzw. des Te Deum stellen auch die ersten Bruckner-Drucke der UE dar (420–422, 424–429, 787, 843, 844 und 944). Mit den Nummern 2878–2929 und 2987–2990 wurde um ca. 1911 eine „Rumpf-Gesamtausgabe“ gedruckt (Erste, Zweite, Vierte bis Siebente und Neunte Symphonie, Te Deum, Messe in e‑Moll und Messe in f‑Moll, Psalm 150, diverse Chorwerke und das Streichquintett in F‑Dur, jeweils in Partitur, Stimmen und Klavierauszug). Mit der Drucklegung der Bruckner-Werke Ecce sacerdos, Abendzauber, Das deutsche Lied (Der deutsche Gesang), Sängerbund, Trösterin Musik, Um Mitternacht (WAB 89) und Um Mitternacht (WAB 90) wurden in diese Druckserie (mit Ausnahme von Ecce sacerdos) ausschließlich Werke der weltlichen Vokalmusik ediert, alle zudem Erstdrucke (auch Um Mitternacht [WAB 90], 1886 in fotografischer Reproduktion des Autografs im Straßburger Sängerhaus gedruckt, erfuhr in diesem Rahmen seinen Erstdruck). Unter den Nummern 3291–3301 folgten noch weitere Chorwerke (jeweils in Partitur und Stimmen). Einen vorläufigen Abschluss dieser rudimentären Gesamtausgabe stellen Taschenpartituren zur Ersten bis Siebenten Symphonie (3593–3599) dar, denen noch unter 3601 das Benedictus aus der Messe in f‑Moll für Klavier zu zwei Händen folgte. Mit gewissem Abstand wurden einige geistliche Chöre (wie Tantum ergo [WAB 32], Am Grabe, Ecce sacerdos) im Rahmen einer größeren Kirchenmusikserie (u. a. mit Werken von Johann Joseph Fux [1659/60–1741], Antonio Lotti [1666–1740], Josef Gabriel Rheinberger [1839–1901], Johann Stadlmayr [1580–1648] und Franz Liszt) ediert – bis 1926 erschienen weitere 14 Werke Bruckners bei der UE (bzw. in von ihr herausgegebenen Zeitschriften). Ab den Nummern 5000ff. gab es keine größeren „Bruckner-Serien“ in der UE mehr – ausgenommen dreier Bände mit Geistlichen Gesängen für Chor (10001–10006), in denen die gedruckten geistlichen Werke Bruckners nochmals zusammengefasst erschienen. Die Verlagsinteressen der UE hatten sich schon geraume Zeit hin zu Editionen der Moderne bzw. der zeitgenössischen Produktion verlagert – Bruckners Werke waren in der Verlagspolitik der UE auch nie als „Speerspitze“ vorgesehen gewesen, sondern einer zufälligen Kooperation entsprungen; es finden sich bis 1938/45 noch vereinzelt Drucke (v. a. Neuauflagen der diversen Klavierauszüge der Orchesterwerke). Bruckner wurde ab 1945 endgültig aus dem Verlagsprogramm der UE genommen.
Abgesehen von Veröffentlichungen im Rahmen von Kooperationen wurden folgende Werke
Bruckners durch die UE erstveröffentlicht:
Afferentur (WAB 1) 1922
Am Grabe
(WAB 2) 1923
Ave Regina
(WAB 8) 1921
Ecce sacerdos (WAB 13) 1911
Libera (WAB 22) 1922
Tantum ergo
(WAB 32) 1914
Psalm 112 (WAB 35) 1926
Zur Vermählungsfeier (WAB 54) 1921
Abendzauber (WAB 57) 1911
Das deutsche Lied (Der
deutsche Gesang) (WAB 63) 1911
Herbstlied (WAB 73) 1911
Sängerbund
(WAB 82) 1911
Trösterin Musik (WAB 81b)
1911
Um Mitternacht (WAB 89) 1911
[Um Mitternacht (WAB 90) 1911]
Ouvertüre in g‑Moll
(WAB 98) 1921
Symphonie in
f‑Moll (WAB 99, „Studiensymphonie“) 1913 [nur Andante]
Symphonie in d‑Moll (WAB 100, „Annullierte“) 1924
Intermezzo in
d‑Moll (WAB 113) 1913
Drei kleine Stücke
(WAB 124/1‑3) 1925
Fuge in d‑Moll
(WAB 125) 1926
Präludium für Harmonium in C‑Dur (WAB 129) 1926
Als
Herausgeber fungierten Josef
Venantius von Wöss, Viktor
Keldorfer, Vinzenz Goller, Alfred Orel
und Josef Lorenz Wenzl (1883–1955).
In den zur UE gehörigen Philharmonia-Taschenpartituren erschienen alle neun Symphonien (einzeln und in einer dreibändigen Gesamtausgabe), das Streichquartett in c‑Moll, die Messe in d‑Moll und die Messe in e‑Moll, der Psalm 150 und das Streichquintett in F‑Dur.
Als Fußnote sei angeführt, dass auch die Bühnenmusik (aus Werken Bruckners) zu Der Musikant Gottes bei der UE (Nr. 8570) erschien.
Literatur
- Ein neuer Musikverlag., in: Neues Wiener Tagblatt 9.8.1901, S. 6
- Nummernverzeichnis [Verzeichnis aller bis 1971 bei der UE und ihrer Zweigverlage erschienenen Nummern]. Hg. v. Universal Edition. Wien 1971
- WABRenate Grasberger, Werkverzeichnis Anton Bruckner (WAB) (Publikationen des Instituts für Österreichische Musikdokumentation 7). Tutzing 1977
- ABCD
- Barbara Boisits, Art. „Universal Edition (UE)“, in: www.musiklexikon.ac.at [31.1.2017]