Wilhering

Marktgemeinde in Oberösterreich, an der Donau ca. 10 km westlich von Linz gelegen. Um 1880: ca. 380, 2019: ca. 5.900 EW. Zisterzienserstift 1146 von Ulrich und Cholo von Wilhering gestiftet, bekannt durch seine nach 1733 erbaute Barockkirche. Musikarchiv (seit ca. 1750) mit ca. 1.400 Nummern. Erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte im Zuge der katholischen Restauration die Musikpflege wieder aufleben, die vorwiegend in der Hand der Volksschullehrer lag. Das Sängerknabeninstitut bestand seit Anfang des 17. Jahrhunderts und überdauerte die josephinische Zeit mit vier bis fünf Sängerknaben.

Die mit Bruckner verwandte Familie Weiß aus Hörsching hatte schon länger Kontakte zum Stift, da ein Onkel des Johann Baptist Weiß, Anton Weiß (1777–1822), dort Gerichtsschreiber und Stiftsorganist gewesen war. Daher dürften auch die ersten Kontakte Bruckners zu Wilhering bereits in die Jahre seines Aufenthaltes in Hörsching fallen. Ungeklärt ist, ob noch ein Josef oder Johann Weiß vor 1848 Stiftsorganist in Wilhering war.

Mit dem Wilheringer Stiftsorganisten und Komponisten Adolf Festl wanderte Bruckner gerne durch den zwischen Linz und dem Kloster liegenden Kürnberger Wald. Die für Bruckner sehr bedeutende „Freisprechung“ durch seinen Lehrer Otto Kitzler feierte er am 10.7.1863 beim „Jäger in Kürnberg“ (Gasthäuser). Der Kürnberger Wald, in dem sich auch das Hainzenbachtal befindet, war ein beliebtes Ausflugsziel der Linzer Bevölkerung. Bekannt sind mehrere Ausflüge der Linzer Chöre, an denen sich auch Bruckner beteiligte.

Gewiss hat Festl seinem Freund Bruckner auch die Orgeln seines Wirkungsortes vorgestellt und ihn spielen lassen. Einen engeren Kontakt zum Stift fand Bruckner durch P. Robert Riepl (Textdichter), Professor für alte Sprachen am Gymnasium in Linz, der in Anlehnung an die Hymnen des kanonischen Stundengebets den Hymnus „Iam lucis orto sidere“ dichtete; Bruckner vertonte um 1868 diesen Text (In Sanctum Angelum custodem hymnus). Dieser Hymnus wurde mit bischöflicher Approbation für den Gebrauch im Gottesdienst (Liturgie) 1868 gedruckt und dem Abt Alois Dorfer als Präses der Wilheringer Schutzengelbruderschaft gewidmet (Widmungsträger). Der Abt sah es als besondere Ehre, Bruckner als Gast in seinem Stift beherbergen zu dürfen. Anfang der 1880er Jahre verbrachte Bruckner mehrmals Sommermonate in Wilhering (Urlaube), wo er auch einige Werke, u. a. die Messe in e‑Moll, überarbeitete (Arbeitsweise). Gerne spielte er hier auch die beiden Orgeln: die Hauptorgel, die von Johann Ignaz Egedacher um 1740 erbaut worden sein dürfte, besonders jedoch die von Nikolaus Rummel 1746 gebaute Chororgel. An der Neukonzeption der Hauptorgel, die durch Leopold Breinbauer 1883 ausgeführt worden ist, war auch Karl Waldeck, Bruckners Freund und Nachfolger als Domorganist, beteiligt.

Oft trafen einander Bruckner, sein ehemaliger Schüler und Freund Friedrich Arnleitner (* 19.2.1845 Hofkirchen im Traunkreis, Oberösterreich/A, † 9.10.1903 Linz, Oberösterreich/A) und dessen Schwester Luise (eigentl. Aloisia, * 27.11.1839 Hofkirchen im Traunkreis, † ?) bei deren Brüdern, den Patres Ambros (eigentl. Eduard, * 30.11.1842 Hofkirchen im Traunkreis, † 26.10.1911 Theras, Niederösterreich/A) und Ignaz Arnleitner (eigentl. Julius Anton, * 4.3.1844 Hofkirchen im Traunkreis, † 6.10.1897 Krems, Niederösterreich/A), in Wilhering (Soukup, S. 7). Auch die Stiftsorganisten Matthäus Obermüller († 1882) und Franz Preßl († 1903) sowie der häufig als Tenorsolist mitwirkende Alois Weißgärber (I) waren mit Bruckner eng befreundet.

Die Beziehung Bruckners zum Stift kam auch durch die Mitwirkung des Abtes an den Begräbnisfeierlichkeiten in St. Florian zum Ausdruck. Als man in der Stadtpfarrkirche Steyr zum Gedenken an Bruckner ein Votivfenster gestalten wollte (später wurde das Bruckner-Denkmal außerhalb der Kirche errichtet), beteiligte sich auch das Stift mit einer Geldspende.

Literatur

KARL MITTERSCHIFFTHALER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.7.2020

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