Locus iste (WAB 23) „Locus iste a Deo factus est“

Graduale für vierstimmigen gemischten Chor a cappella in C‑Dur, „Allegro moderato“

EZ: 11.8.1869 in Linz
W: P. Oddo Loidol
UA: 29.10.1869 in Linz, Votivkapelle des Neuen Doms (Johann Baptist Burgstaller)
Aut.: Paul Sacher Stiftung, Basel, Schweiz (Sammlung Arthur Wilhelm o. Sign., früher im Besitz von Bruckners Schüler Carl Führich); ÖNB‑MS (Mus.Hs.28268, As. von Franz Schimatschek mit autografen Korrekturen Bruckners; Mus.Hs.37283, As. von fremder Hand, Stichvorlage)
ED: Vier Graduale. Rättig, Wien 1886 (zusammen mit Christus factus est [WAB 11], Os justi und Virga Jesse)
NGA: Band XXI (Hans Bauernfeind/Leopold Nowak, 1984) und Revisionsbericht (1984)

Bruckner komponierte dieses Graduale für die Einweihung der Votivkapelle des Neuen Doms in Linz, die am 29.9.1869 mit der Messe in e‑Moll feierlich begangen wurde. Als Einlagen waren das phrygische Pange lingua (WAB 33) von 1868 und dieses Locus iste gedacht; beide Werke wurden jedoch nicht aufgeführt. Das Locus iste erlebte allerdings schon wenige Wochen später (am 29.10.1869) seine Uraufführung.

Der Text stammt aus dem Graduale der Missa in anniversario dedicationis ecclesiae und bezieht sich auf den im Buch Genesis (28,16f.) geschilderten Ausspruch Jakobs nach seinem Erwachen aus dem Traum von der „Himmelsleiter“: „Wirklich, der Herr ist an diesem Ort, und ich wusste es nicht […] Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels.“

Der Satz dieser kurzen, nur aus 48 Takten bestehenden Motette (in der Form A‑B‑A‘) ist überwiegend homophon mit einigen imitatorischen Stimmeinsätzen gestaltet, wobei die Bassstimme eine gewisse dominierende Funktion innehat. Der musikalische Höhepunkt liegt auf den Worten „inaestimabile sacramentum“ („unschätzbares Geheimnis“), zu denen Bruckner von C über g und d nach A und in Wiederholung von a über e nach H moduliert. Zur Textstelle „irreprehensibilis est“ („es ist untadelig, vollkommen“) setzt Bruckner sehr erweiterte Terzverwandtschaften ein, was dem Abschnitt – verstärkt durch das Betonen der höheren Stimmen bei schweigendem Bass und das vorgeschriebene pp – eine eigentümlich schwebende Stimmung verleiht.

Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 7.2.2019

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Erstdruck

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft