Loidol, P. Oddo OSB (Rafael)

* 30.12.1858 Alberndorf im Mühlviertel, Oberösterreich/A, † 31.1.1893 Kremsmünster, Oberösterreich/A. Geistlicher, Organist und Komponist.

Rafael war das fünfte und jüngste Kind des Alberndorfer Schullehrers Amand Loidol und seiner Ehefrau Maria, geb. Stingeder. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf, besuchte ab 1865 die Pfarrschule Alberndorf und dürfte dort den ersten Musikunterricht (vermutlich durch seinen Vater) genossen haben. Am 28.9.1871 beendete er die Volksschule mit ausgezeichnetem Erfolg und besuchte anschließend mit finanzieller Hilfe eines 1869 gegründeten Unterstützungsvereins für Studierende das k. k. Staatsgymnasium (heute Akademisches Gymnasium) in Linz. Schon bald zeigte sich seine musikalische Begabung, wohl auch gefördert durch Alois Weinwurm, der als Musiklehrer am Gymnasium wirkte und mit dem Schulchor bei zahlreichen festlichen Gelegenheiten auftrat. Rafael spielte gut Klavier und versuchte sich als Komponist. In der letzten Klasse dirigierte er den Chor des Gymnasiums und führte u. a. ein Kyrie aus seiner Missa in G auf. Bei der „Aussegnung“ (= Verabschiedung des Toten im Trauerhaus) A. Weinwurms, der am 19.5.1879 verstorben war, dirigierte Loidol den Sängerchor des Staatsgymnasiums und der Realschule. Am 26.6.1879 absolvierte er die Matura mit Auszeichnung.

Im Herbst 1879 ging Loidol nach Wien und begann ein Studium an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, wo er im Wintersemester 1879/80 Mineralogie und Zoologie inskribierte. Im Sommersemester 1880 studierte er Philologie und besuchte bei Bruckner, den er schon als Gymnasiast verehrt hatte, Vorlesungen in Harmonielehre und Kontrapunkt, wovon seine Mitschrift erhalten ist.

Nach einem Jahr schon verließ er Wien und trat, vielleicht angeregt durch seinen Bruder Ignaz Loidol, der ebenfalls Priester wurde, ins Stift Kremsmünster ein, wo er den Ordensnamen Oddo erhielt. Nach beendetem Noviziatsjahr und der Ablegung der „kleinen“ Profess am 18.8.1881 ging er nach St. Florian, wo damals die Fratres aus Kremsmünster ihre theologische Ausbildung erhielten. Auch hier fiel Loidol durch ausgezeichnete Zeugnisse auf. Er wirkte bei zahlreichen Musikaufführungen im Stift mit und betätigte sich auch wieder als Komponist: Aus dem Jahr 1881 ist eine Fantasie für Klavier in fis‑Moll erhalten, die Loidol mit dem Regelspruch der Benediktiner „UIOGD“ („Ut in omnibus glorificetur Deus“) überschrieb. Am 11.9.1884 legte Fr. Oddo die feierliche Profess ab, beendete am 30.6.1885 sein Theologiestudium und empfing am 19.7.1885 die Priesterweihe; an seiner Primiz am 2.8.1885 (bei der sein Bruder Ignaz predigte) nahm Bruckner als Gast teil und übersandte einige Wochen später als Erinnerung ein kostbares Widmungswerk: das Christus factus est (WAB 11). Auch das Locus iste aus dem Jahr 1869 hat Bruckner nachträglich mit einer Widmung an P. Oddo versehen, 1884 hat er ihm die Urfassung des Präludiums für Harmonium in C‑Dur („Perger Präludium“) geschenkt.

Da Loidols Gesundheit schon damals sehr angegriffen war, betraute man ihn nach einigen Wochen der Ruhe mit einem wenig anstrengenden Verwaltungsposten als Adjunkt des Patronatsverwalters der inkorporierten Pfarren. Dieses Amt hatte er 1885–1889 inne, anschließend wurde er Adjunkt des Rentmeisters. Er erholte sich etwas und konnte ab dem Schuljahr 1887/88 die Fächer Religion an der Volksschule und Gesang am Gymnasium von Kremsmünster übernehmen. Für die Einweihung des neuen Gymnasiums in Linz (1891) schrieb er einen Festchor, den Bruckner anlässlich eines Besuches im Stadtpfarrhof in Steyr durchsah und korrigierte. Ein Exemplar des in Druck erschienenen Werkes fand sich in Bruckners Nachlass. Ende Mai 1892 verschlechterte sich Loidols Gesundheitszustand derart, dass er aller Ämter enthoben wurde. Am 31.1.1893 verstarb er in Kremsmünster an Lungentuberkulose. Anton Bruckner kondolierte am 1.2.1893: „Aufs tiefste erschüttert erlaube ich mir, mein innigstes Beileid zu melden zu dem so schmerzlichen Verlustes [sic] dieses ausgezeichneten Priesters, viel verheißenden Künstlers und innigsten meiner Freunde. Gott verleihe ihm die ewige Ruhe!“ (Briefe II, 930201).

Loidol war ein beliebter Organist und Orgelsachverständiger und kollaudierte zahlreiche Orgeln (z. B. 1883 Kollaudierung in Seitenstetten, 1886 Orgelprüfung in Thalheim bei Wels, 1888 Kollaudierung in Bad Hall, 1889 Orgelprüfung in Molln und Kollaudierung in Neuhofen an der Krems, 1891 Kollaudierung in St. Georgen im Schauerthal). In dieser Eigenschaft nahm er 1891 am Ersten Österreichischen Organisten‑ und Orgelbauertag in Wien teil. 1885 war er dem Oberösterreichischen Cäcilien-Verein (Cäcilianismus) beigetreten und schrieb fallweise Artikel in den Christlichen Kunstblättern. Loidol war auch als Rezensent für das Linzer Volksblatt (so z. B. anlässlich von Bruckners Orgelkonzert in Kremsmünster am 21.8.1884) tätig.

Seine engagierten musikalischen Aktivitäten brachten den wegen seiner menschlichen und künstlerischen Qualitäten von vielen geschätzten Loidol in Kontakt mit zahlreichen bekannten Musikern seiner Zeit und Umgebung. Außer Bruckner, mit dem er in Wien, St. Florian, Kremsmünster und Steyr zusammentraf, stand er in Beziehung u. a. zu Johann Baptist Burgstaller, Josef Gruber, Johann Evangelist Habert, Franz Krenn, Engelbert Lanz, Josef Labor und Karl Waldeck.

Aus seinem umfangreichen Bestand an Briefen und Autografen Bruckners sowie biografischen Notizen hatte Loidol Bruckners autorisiertem Biografen August Göllerich ohne Bestätigung und in gutem Glauben zahlreiche Stücke überlassen, die von Göllerich nie mehr nach Kremsmünster zurückgestellt wurden. Manche dieser Dokumente – v. a. Zeitungsausschnitte – haben sich, identifizierbar durch die charakteristische zarte Handschrift Loidols, mit denen er fallweise Daten und Randnotizen angebracht hat, im Bruckner‑Archiv des Stiftes St. Florian erhalten.

Werke
  • Missa in G f. 4 Singstimmen, Instrumentalbegleitung u. Org. (1878); Ave Maria (4‑st. gem. Chor u. Org.), Sternsingerlied f. 3 Männerstimmen, Dem Vaterland (4‑st. gem. Chor, geschrieben zur Grillparzer-Gedächtnisfeier 1891), Festchor (gem. Chor, geschrieben zur Einweihung des neuen Gymnasiums, 1891), Festlied (4‑st. Männerchor, 1878), Streichquartett (1877), Fantasie f. Kl. fis‑Moll (1881). Verschollene Werke: Salve Regina (gem. Chor u. Kl.), Wanderlust (Männerchor?), Sonate f. Kl., Salonwalzer f. Kl.
Literatur

ELISABETH MAIER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 11.2.2019

Medien

Kategorien

Abbildungen

Abbildung 1: © Stift Kremsmünster

Normdaten (GND)

Loidol, P. Oddo OSB (Rafael): 1019588446

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft