Schrötter von Kristelli, Leopold (Anton Dismas Ritter)

* 5.2.1837 Graz, Steiermark/A, † 22.4.1908 Wien/A. Internist und Laryngologe.

Wohl der bedeutendste der Ärzte Bruckners in Wien. Sohn Anton von Schrötters (1802–1875), des späteren Professors der Chemie an der Technischen Hochschule Wien und Entdeckers des ungiftigen roten Phosphors. Medizinstudium an der Universität Wien (Dr. med. 1861). Lernte weiter bei Franz Schuh (1804–1865), entscheidende Assistentenzeit 1863–1869 bei Joseph Skoda (1805–1881), dem Pionier für den Ausbau der physikalischen Untersuchungsmethoden. Die Krankheiten der Brustorgane, das klassische Gebiet der Wiener Interne seit Skoda, waren auch Schrötters Lieblingsgebiet. Neben zahlreichen Detailuntersuchungen stellte er Anatomie und Erkrankungen des Herzens monografisch dar. Er habilitierte sich 1867 für Innere Medizin und Laryngoskopie, worauf er 1870 die erste laryngologische Klinik der Welt übertragen bekam. Seit 1877 betreute er zugleich das internistische Primariat am Rudolfspital bzw. seit 1881 die II. Medizinische Abteilung im Allgemeinen Krankenhaus. 1885 Venia für das Gesamtgebiet der inneren Medizin; 1890 Übernahme der III. Medizinischen Universitäts-Klinik (mit 200 Betten). Schrötter baute das Erbe seines Lehrers Skoda, für den „die Tuberkulose [...] in all ihren Stadien heilbar“ (Lesky, S. 332) war, außerdem nach einer zweiten Richtung hin aus: Da die Tuberkulose auch noch am Ende des 19. Jahrhunderts der „Morbus Viennensis“ geblieben war, mußten Heilstätten für Unbemittelte geschaffen werden; Schrötter stellte sich an die Spitze der Volksheilstätten-Bewegung und gründete einen Verein zur Errichtung und Erhaltung einer klimatischen Heilanstalt für Brustkranke (Tuberkulose), dessen größter Erfolg die 1898 in Alland eröffnete erste Heilanstalt für Lungenkranke in Österreich war.

Schon im November 1888 kündigte Bruckner – in einem „Liebesbrief“ an Martha (gemeint wohl Maria) Rauscher, Erzieherin in Linz – wegen seines Kehlkopfleidens einen geplanten Besuch bei Schrötter an. Vermutlich ist es aber erst seit Jänner 1891 – nachdem er zuvor der ebenfalls verehrten Ludmilla Barwick diesen Arzt wegen ihres Halsleidens empfohlen hatte – und besonders seit Anfang 1893 zu einer intensiven Behandlung seiner nun verstärkt auftretenden Beschwerden (Krankheiten und Tod Bruckners) durch den berühmten Internisten gekommen. Schon Ende November 1892 hatte Bruckner Vorlesungen absagen müssen und mußte auf Anraten Schrötters sich „größte Schonung“ auferlegen und durfte „nur wenig Alkohol“ (Schwanzara, S. 90) konsumieren. Anfang 1894 gestattete dieser allerdings Bruckner, zur Aufführung der Siebenten Symphonie nach Berlin zu reisen. Schrötter erschien bei seinen Visiten – während schwerer gesundheitlicher Krisen Bruckners seit Juli 1896 oft sogar täglich – meist mit zumindest einem seiner Assistenten, die ihn fallweise auch allein vertraten. Berichte über Bruckners Gesundheitszustand (und Äußerungen seines Arztes) wurden sogar in Zeitungen (Pressewesen) in Wien, Linz und Steyr publiziert. Schrötter empfahl schließlich auch die Übersiedlung Bruckners aus dem 4. Stock der Heßgasse in eine tiefer gelegene Wohnung und nahm im Mai 1895 sogar an der Besichtigung der ausgewählten neuen Räume teil.

Schrötter, der unterstützendes Mitglied des Wiener Akademischen Gesangvereins war, angeblich aber kein Verehrer der Musik seines Patienten gewesen sein soll, sich dennoch auch privat dessen Wohlergehens annahm, hat noch vor dem Tod Bruckners (Briefe II, 950500) dessen Harmonium als Geschenk erhalten, das von Schrötters Erben nach St. Florian überstellt wurde und ab 1968 einige Jahre in der Kirche St. Laurenz von Lorch (Enns) die in Bau befindliche Orgel ersetzte. Es steht heute wieder im Stift St. Florian.

Schriften
  • Über die Temperaturverhältnisse bei der croupösen Pneumonie. Wien 1868
  • Beitrag zur Behandlung der Larynx-Stenosen. Wien 1876
  • Das kranke Krankenhaus. Fragmentarische Betrachtungen. Wien 1887
  • Ueber die Lungentuberculose und die Mittel zu ihrer Heilung. Wien 1890
  • Vorlesungen über die Krankheiten des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Nase und des Rachens. Wien 1892–1896
  • Erste Hilfe bei inneren Erkrankungen. Wien 1908
Literatur

UWE HARTEN, MANFRED SKOPEC

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 14.1.2019

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Abbildungen

Abbildung 1: Gedenktafel im Arkadengang der Universität Wien (© Andrea Singer)

Normdaten (GND)

Schrötter von Kristelli, Leopold (Anton Dismas Ritter): 116567570

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ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft