Romantik

Ursprünglich negativ auf die volkssprachliche romantische Dichtung bezogen, wandelte sich das Bedeutungsfeld des Begriffs „romantisch“ im Laufe des 18. Jahrhunderts zu „poetisch, phantastisch“. Von daher wurde Romantik zu einem problematischen Epochenbegriff, der das schillernde 19. Jahrhundert verallgemeinernd bezeichnen soll. Eine besondere Schwierigkeit auf musikalischem Gebiet ergibt sich aus der Tatsache, dass Inhalte und Reflexionen vorrangig an die deutsche Literaturgeschichte (Novalis, Wackenroder, Tieck, Hoffmann), Kunsttheorie und Philosophie gebunden sind. Neben dem Versuch, romantische Merkmale in der Musik festzustellen, wird auch zeitungebunden die Bedeutung der Romantik als Welterfahrung und ‑anschauung hervorgehoben (vgl. Rummenhöller).

Natürlich hängt die Klassifizierung eines Komponisten als „Romantiker“ weitgehend von der eigenen Begriffsdefinition ab. Bruckner wird aufgrund seiner Lebensdaten sowie bestimmter musikalischer Merkmale (kühne Harmonik, Expansion der Form, enger Richard Wagner-Bezug) gerne der „Spätromantik“ zugerechnet. Durch seine Konzentration auf die Instrumentalmusik ist es jedoch praktisch unmöglich, bevorzugte „romantische“ Stoffe bzw. Inhalte nachzuweisen. Abgesehen von den berühmten programmatischen Erklärungen Bruckners zu seiner Vierten Symphonie (mittelalterliche Stadt, Vogelgesang, Jagd, Volksfest) im Sinne romantischer Vorstellungsmuster gibt es keinerlei konkreten Belege für ein spezifisch romantisches Denken oder Empfinden. Im Gegenteil: Der Mensch Bruckner stand häufig außerhalb der aktuellen Zeitströmungen. So haben Bruckners symphonische Monumentalität (Symphonien), sein strenges architektonisches Denken oder die Auseinandersetzung mit alter Musik – wenn auch anachronistisch – ebenso zu Assoziationen mit Barock oder sogar Gotik geführt. Andererseits verweisen die „Metaphysik der Instrumentalmusik“ sowie kunstreligiöse Momente auf zentrale Ideen des 19. Jahrhunderts.

Bei Bruckner, der seinen „Lebensberuf“ als „Symphoniker“ sah und darin an die Traditionen eines Ludwig van Beethoven und Franz Schubert anschloss, sind am ehesten im als Gebrauchsmusik komponierten Frühwerk abseits großer Kirchenmusik und Orchestermusik romantische Bezüge aufzufinden: im intimen Genre des lyrischen Klavierstücks (z. B. Erinnerung, Stille Betrachtung an einem Herbstabende) oder in den Liedern (vgl. Dürr). Ebenso sind in den Männerchören charakteristische Elemente in Text (Bezug zur Natur u. ä.) und Musik (Jodler- und Brummstimmen) enthalten. Allenfalls sind im Rahmen der Symphonik einzelne Klangphänomene als „romantisch“ inspiriert zu diskutieren (vgl. Stoffels).

Literatur

ERICH WOLFGANG PARTSCH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 22.9.2017

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