Gatz (eigentl. Goldner), Felix Maria

* 15.2. [andere: 15.5.] 1892 Berlin/D, † 20.6.1942 Scranton, Pennsylvania/USA. Dirigent.

Studium in Berlin, Heidelberg und Erlangen, Dr. phil. 1918. Arthur Nikisch und Paul Scheinpflug (1875–1937) lehrten ihn das Dirigieren. 1922/23 erhielt er eine Anstellung als Operndirigent in Lübeck, Gastdirigate führten ihn nach Wien. In seiner Geburtsstadt war er bis 1933 Operndirigent und Musiklehrer sowie ab 1928 Dozent für Musikgeschichte an der Handelshochschule. 1925 folgte er zudem der Einladung der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, an der Abteilung für Kirchenmusik Vorlesungen über Musikästhetik zu halten (Reichspost 17.5.1925, S. 14). Im August 1934 emigrierte Gatz in die USA (Nationalsozialismus), er folgte dem Ruf als Professor für Ästhetik an das College of Liberal Arts at Duquesne University in Pittsburgh (1934–1936). Nach einem Jahr an der New York University lehrte er 1937–1942 am St. Thomas College in Scranton und an der St. John’s University in New York.

1919 formierte sich in Berlin unter der Leitung von Harry von Pilgrim (1863–1925) und dem Ehrenvorsitzenden Nikisch eine Bruckner-Vereinigung als Konzertgesellschaft, die künstlerische Leitung übernahm Gatz, der 1923 auch den angeschlossenen Bruckner-Chor ins Leben rief; 1931 trat diese Bruckner-Gesellschaft als Sektion Berlin der Internationalen Bruckner-Gesellschaft bei. Die neue Bruckner-Vereinigung mit dem renommierten Dirigenten Nikisch an der Spitze wurde grundsätzlich begrüßt, Gatz‘ Dirigierleistung von der Musikkritik aber konträr beschrieben. Sein Dirigieren hätte „etwas ausgesprochen Schauspielerhaftes“ (Signale für die musikalische Welt 77 [1919] Nr. 41, S. 647). Auf Hermann Wilhelm Drabers (1878–1942) Anschuldigungen, Gatz wolle mit „seinen öffentlichen Dirigierübungen“ „die Bruckner-Vereinigung als Stufenleiter zu einer Dirigentenlaufbahn benützen“ (Signale für die musikalische Welt 78 [1920] Nr. 9, S. 198), sah sich dieser genötigt, sich öffentlich zu verteidigen (Signale für die musikalische Welt 78 [1920] Nr. 15, S. 351ff.). Jahre später leitete Gatz einige Konzerte des Komitees zur Pflege reichsdeutscher Kunst in Wien „mit gewissen Qualitäten“, aber immer noch „ohne Routine“ (Signale für die musikalische Welt 85 [1927] Nr. 32, S. 1136). Andererseits wurde – im selben Medium – geurteilt, Gatz führe Bruckners Fünfte und Siebente Symphonie „mit dem besten Verständnis ihrer rhythmischen und dynamischen Eigenarten auf“ (Signale für die musikalische Welt 81 [1923] Nr. 27, S. 1018).

Gatz setzte sich nach seiner Emigration auch in Amerika für Bruckner ein, seine zahlreichen Bruckner-Vorträge wurden wöchentlich im Radio gesendet. Er gründete Orchester und Chor sowohl an der Duquesne University als auch in Scranton und brachte Arien aus Werken Richard Wagners, Wolfgang Amadeus Mozarts, Giuseppe Verdis (1813–1901) und Gioachino Rossinis (1792–1868) zur Aufführung; seine spätere Ehefrau Lura Stover (1914–2009) sang die Solopartien.

Von Gatz‘ Bruckner-Arbeit zeugt heute nur noch eine Aufnahme des Te Deum aus dem Jahr 1927 (Diskografie; Odeon 6572a/b) mit den Solisten Emy von Stetten (1898–1980; S), Julia-Lotte Stern (1897–1967; A), Carl Jöken (1893–1971; T) und Theodor Hess van der Wyk (1874–?; B).

Schriften
  • Die Begriffe der Geltung bei Lotze. Diss. Erlangen 1918
  • Musik-Ästhetik in ihren Hauptrichtungen. Ein Quellenbuch der deutschen Musik-Ästhetik von Kant und der Frühromantik bis zur Gegenwart. Stuttgart 1929
Literatur

ANDREA SINGER

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 27.7.2020

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