Internationale Bruckner‑Gesellschaft (IBG)
Am 9.10.1927 kam es im Leipziger Buchgewerbehaus zur Gründung der Bruckner‑Gesellschaft E. V.. Unter den Gründern waren Franz Moißl, Franz Gräflinger, Karl Grunsky, Fritz Grüninger, Walter Braunfels (1882–1954), Felix Maria Gatz, Hellmuth von Hase (1891–1979), Propst Vinzenz Hartl (1872–1944) u. a.; erster Vorsitzender wurde Max Auer (bis 1953). Als Dachgesellschaft sollte sie alle damals bestehenden Brucknerverbände (Bruckner-Gesellschaften) umfassen: „Ohne Rücksicht auf politische oder sprachliche Grenzen will sie in der ganzen Welt der Propagierung Brucknerschen Wesens dienen.“ (Göll.-A. 4/4, S. 87). Am 17.2.1929 erfolgte in Wien eine Statutenänderung und Umbenennung der Gesellschaft in Internationale Bruckner‑Gesellschaft mit Sitz in Wien. Ehrenpräsident war zunächst Franz Schalk, später Karl Muck. Im selben Jahr erschien auch die erste Nummer der Bruckner-Blätter (Publikationsreihen, Periodika).
Hauptaufgabe der IBG war und ist heute noch die Herausgabe der Werke Bruckners gemeinsam mit der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB): „eine peinlich genaue, traditionsgeleitete Textkritik wird das Werk Bruckners von allen fehlerhaften Überbleibseln reinigen und den Urtext liefern, der als Grundlage für künftige praktische Ausgaben zu dienen hat.“ (Göll.-A. 4/4, S. 87). Der 1. Band der Gesamtausgabe erschien 1930 beim Augsburger Verlag Filser, der die Gesamtausgabe bis 1932 betreute. Darauf folgte die Gründung des Musikwissenschaftlichen Verlages mit Sitz in Leipzig; mit Ende des Zweiten Weltkrieges betreute der Bruckner-Verlag Wiesbaden die Bände. 1946 wurden die Reorganisation der IBG und die Weiterführung der Bruckner-Gesamtausgabe im Musikwissenschaftlichen Verlag Wien beschlossen.
In den Jahren 1930–1955 hielt die IBG insgesamt 13 internationale Brucknerfeste in verschiedenen deutschen, österreichischen und schweizerischen Städten ab. Diese Feste trugen wesentlich zur Verbreitung der Werke Bruckners im deutschen Sprachraum bei.
Präsident der IBG war 1971–2004 – in Nachfolge von Prälat Leopold Hager von St. Florian – Horst Haschek, der auch der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien vorstand. Seit 2005 ist Thomas Leibnitz, ehemaliger Direktor der Musiksammlung der ÖNB, Präsident. Auch unter seiner Leitung besteht die Hauptaufgabe der IBG weiterhin darin, die Voraussetzungen zur Durchführung der Gesamtausgabe zu schaffen, Mitglieder im In- und Ausland zu werben und den persönlichen oder schriftlichen Kontakt zu den nationalen Bruckner-Gesellschaften zu pflegen. Das seit 1971 als Forum für Aufsätze, Nachrichten, Aufführungsmeldungen etc. erscheinende IBG‑Mitteilungsblatt (seit 1993 unter dem Haupttitel Studien & Berichte) dient auch als Organ für Berichte über die Gesamtausgabe.
Literatur
- [Linzer] Tages-Post 16.10.1927, S. 6
- Die Gründungsversammlung der Internationalen Brucknergesellschaft in Wien am 17. Februar 1929, in: Bruckner-Blätter 1 (1929) H. 1, S. 2–8
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 4/4, S. 87–95, 130–134 [Satzungen]
- Leopold Nowak, 25 Jahre Internationale Bruckner‑Gesellschaft, in: ÖMZÖsterreichische Musikzeitschrift. Wien 1946ff. 8 (1953) H. 1, S. 29f.
- Leopold Nowak, Die Anton Bruckner-Gesamtausgabe. Ihre Geschichte und Schicksale, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1982/83, S. 33–67
- Andrea Harrandt, Der Brucknerbund für Oberösterreich und die Internationale Bruckner‑Gesellschaft. Ihre Geschichte und Ziele, in: Bruckner‑Symposion Leipzig 1987Steffen Lieberwirth (Hg.), Kongreßbericht zum V. Internationalen Gewandhaus-Symposium. Anton Bruckner – Leben, Werk, Interpretation, Rezeption. Anläßlich der Gewandhaus-Festtage 1987. Leipzig, 9.–11. Oktober 1987. Leipzig 1988, S. 170–173
- Bruckner und die NachweltChrista Brüstle, Anton Bruckner und die Nachwelt. Zur Rezeptionsgeschichte des Komponisten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 1998
- Morten Solvik, The International Bruckner Society and the N.S.D.A.P.: A Case Study of Robert Haas and the Critical Edition, in: The Musical Quarterly 82 (1998) H. 2, S. 362–382
- Andrea Harrandt, Die Internationale Bruckner‑Gesellschaft, in: Bruckner-Tagung 2001Andrea Harrandt/Elisabeth Maier/Erich Wolfgang Partsch (Hg.), Bruckner-Tagung Gmunden 2001. Anton Bruckner zwischen Idolatrie und Ideologie. Zur Geschichte der Bruckner-Forschung. Kammerhofmuseum, 4.–7. Oktober 2001. Bericht (Bruckner-Vorträge). Wien 2004, S. 79–86