Chrismann (Krisman), Franz Xaver
* 22.10.1726 Reifenberg/Görz und Gradisca (Branik/SLO), † 20.5.1795 Rottenmann,
Steiermark/A. Orgelbauer.
Er lernte nach dem Theologiestudium und der
Priesterweihe in Görz (Gorizia/I) vermutlich bei Pietro Nacchini (ca. 1694–1769) in
Venedig den Orgelbau. Ab 1758 war er selbständiger Orgelbauer in Krain, ab 1764 in
Oberösterreich (ohne ortsgebundene
Werkstätte), später in Wien. Er baute Orgeln in den
Stiftskirchen Engelszell, St. Florian, Admont und Rottenmann, im Alten Dom in Linz, in den Stadtpfarrkirchen von Enns,
Steyr und Schottenfeld (Wien, 7. Bezirk). Seine
zukunftsweisenden Klangkonzepte mit mehrchörigen Registern, differenzierten
Streicher- und Flötenstimmen dienten vielen Orgelbauern des frühen 19. Jahrhunderts
als Vorbilder, kamen aber aufgrund der technischen Unzulänglichkeiten des
zeitgenössischen Orgelbaus nicht voll zur Geltung.
Während seiner Zeit als Sängerknabe im Stift. St. Florian lernte Bruckner die große Chrismann-Orgel in der Stiftskirche kennen, die allerdings 1836–1838 von Johann Georg Fischer (1769‒1850) umgebaut wurde und erst durch Matthäus Höfer (1789‒1852) 1839 in einen zufriedenstellenden Zustand gebracht werden konnte. In seiner Funktion als provisorischer Stiftsorganist spielte Bruckner 1850–1855 regelmäßig auf dieser Orgel. 1873–1875 wurde sie von Matthäus Mauracher grundlegend umgebaut; Bruckner spielte bei der Einweihung und auch bei vielen folgenden Aufenthalten in St. Florian.
Als Schulgehilfe in Kronstorf kam Bruckner mehrmals nach Steyr, wo er auf der 1779 fertiggestellten Chrismann-Orgel der Stadtpfarrkirche musizieren durfte. Bei seinen mehrwöchigen Sommeraufenthalten in Steyr in den Jahren 1874–1894 spielte er bei Hochämtern und Konzerten auf der Orgel. Bis zu einem auf Empfehlung Bruckners erfolgten grundlegenden Umbau durch Josef Mauracher in den Jahren 1893–1895 blieb diese im Wesentlichen – für 1824 ist die „Reparation und Stimmung“ (Partsch, S. 86) durch Simon Anton Hötzl belegt – in ihrer ursprünglichen Form bestehen. Bruckner bezeichnete sie lange als seine „Lieblingsorgel“ (Partsch, S. 86).
Im Zuge seiner Studien bei Leopold von Zenetti lernte Bruckner in seiner Kronstorfer Zeit auch die 1779/80 von Chrismann errichtete Orgel der Stadtpfarrkirche in Enns kennen.
Das Stift Admont soll Bruckner angeblich um 1847 und 1864 besucht und bei diesen Gelegenheiten die Chrismann-Orgel in der Stiftskirche – 1815 von Peter Hötzl und 1856 von Ludwig Mooser grundlegend renoviert und 1865 bei einem Brand des Stifts zerstört –, gespielt haben.
Als Bruckner 1855 seinen Dienst als Dom- und Stadtpfarrorganist in Linz antrat, war eine Renovierung der Chrismann-Orgel im Alten Dom – gebaut 1789 „unter Verwendung von Teilen der Orgel des aufgehobenen Klosters Engelszell“ (Busch, S. 1585) – dringend erforderlich. Diese nahm 1856–1867 Josef Breinbauer vor, wobei es zu einer engen Zusammenarbeit mit Bruckner kam, der auf die Umgestaltung der Orgel wesentlichen Einfluss nahm und sie an seine Klangvorstellungen anpassen ließ. Bruckner hatte bis zu seinem Fortgang nach Wien im September 1868 nur mehr etwa ein Jahr Gelegenheit, die wieder instand gesetzte Orgel zu spielen.
Literatur
- Franz Linninger, Orgeln und Organisten im Stift St. Florian. Ein Beitrag zur Musikgeschichte des Stiftes, in: OÖ. HeimatblätterOberösterreichische Heimatblätter. Linz 1947ff. 9 (1955) H. 2/3, S. 171–186
- Richard Schaal, Archivalische Nachrichten über die Krismann-Orgel in der Stiftskirche zu St. Florian, in: Die Musikforschung 9 (1956) H. 4, S. 453–457
- Hermann J. Busch, Anton Bruckners Tätigkeit als Orgelsachverständiger. Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte seines instrumentalen Klangstils zu Bruckners fünfundsiebzigstem Todestag, in: Ars Organi 19 (1971) H. 39, S. 1585–1593
- Adalbert Krause, Orgeln und Orgelspieler im Stifte Admont in seiner 900jährigen Geschichte, in: Singende Kirche 21 (1974) H. 4, S. 173‒176
- Edo Skulj, Francisek Ksaver Krizman (1726‒1795), in: Singende Kirche 42 (1995) H. 3, S. 122‒126
- Bruckner – skizziertRenate Grasberger/Erich Wolfgang Partsch, Bruckner – skizziert. Ein Porträt in ausgewählten Erinnerungen und Anekdoten (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 8). 2., verbesserte Aufl. Wien 1996, S. 133ff., 139
- Karl Schütz, Art. „Chrismann, Fanz Xaver“, in: MGG²Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 29 Bde. (Sach- und Personenteil). 2. neubearb. Ausgabe. Kassel u. a. 1994–2008 4 (2000), Sp. 1031f.
- Guy Oldham, Art. „Chrismann, Franz Xaver“, in: NGroveD²Stanley Sadie (Hg.), The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 29 Bde. 2. Ausgabe. London 2001 5 (2001), S. 791f.
- Renate Grasberger, unter Mitarbeit von Elisabeth Maier, Bruckner-Stätten in Österreich (ABIL-Informationen 5). Wien 2001
- Bruckner und SteyrErich Wolfgang Partsch, Anton Bruckner und Steyr. Mit einem kirchengeschichtlichen Beitrag von Roland Bachleitner (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 13). Wien 2003
- Erich Wolfgang Partsch, „Die Kirchenmusik ist vortrefflich besetzt ...“ Zur Musikpflege in der Steyrer Stadtpfarrkirche zur Zeit des Biedermeier, in: Singende Kirche 51 (2004) H. 2, S. 84–87
- Hermann J. Busch, Art. „Chrismann (Krismann), Franz Xaver“, in: Lexikon der OrgelHermann J. Busch/Matthias Geuting, Lexikon der Orgel. Orgelbau, Orgelspiel, Komponisten und ihre Werke, Interpreten. Mit einem Geleitwort von Ton Koopman. Laaber 2007, S. 150
- Dom- und StadtpfarrorganistElisabeth Maier, Anton Bruckner als Linzer Dom- und Stadtpfarrorganist. Aspekte einer Berufung. Mit einem Beitrag von Ikarus Kaiser (Anton Bruckner. Dokumente und Studien 15). Wien 2009, S. 34–39
- Edo Škulj, Križmanova orglarska delavnica. Ljubljana 2010
- Friedrich Buchmayr, Prälatengang Nr. 5. Anton Bruckner als Gast im Stift St. Florian, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 2011–2014, S. 7–44
- Karl Mitterschiffthaler, Bruckner-Orgeln, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 2011‒2014, S. 157‒226
- Elisabeth Th. Hilscher, Art. „Chrismann (Crisman, Krismann), Franz Xaver“, in: www.musiklexikon.ac.at [17.7.2019]