Nagano, Kent

* 22.11.1951 Berkeley, Kalifornien/USA. Dirigent.

Nach Abschluss eines Rechts‑ und Soziologiestudiums folgte ab 1974 ein Kompositionsstudium, Nagano wechselte allerdings bald zum Dirigieren. Erste Erfahrungen sammelte er an der Boston Opera, an der Kammeroper San Francisco, beim Oakland Ballet Orchestra und dem Berkeley Symphony Orchestra. Seiji Ozawa (* 1935), mit dem Nagano davor schon in Paris zusammengearbeitet hatte, holte ihn 1984 als Assistent zurück nach Boston zum Boston Symphony Orchestra. Anschließend ermöglichte ein Stipendium Nagano Unterricht bei Leonard Bernstein, Pierre Boulez und Olivier Messiaen (1908–1992). 1988 übersiedelte Nagano durch sein Engagement an der Opera de Lyon (bis 1998) erstmals dauerhaft nach Europa, wo er zahlreiche Werke, u. a. von Claude Debussy (1862–1918) und Sergei Prokofjew (1891–1953), zu Erstaufführungen brachte. Ab 1991 leitete er zudem das Hallé Orchestra in Manchester (bis 2000). 2000–2006 stand Nagano dem Deutschen Symphonie-Orchester (DSO) in Berlin vor, 2006 wechselte er an die Bayerische Staatsoper in München, wo er bis 2013 blieb. 2015 übernahm Nagano die Hamburgische Staatsoper, parallel blieb er weiterhin auch Musikdirektor des Orchestre symphonique de Montréal. Als Gastdirigent stand er zudem an den bedeutendsten Pulten der Welt. Im Mai 2018 wurde Nagano von der San Francisco State University mit dem Ehrendoktorat ausgezeichnet.

In seiner Autobiografie Erwarten sie Wunder! (2014) widmete Nagano Bruckner ein ganzes Kapitel. Als Jugendlicher erstmals mit dessen Musik in Berührung gekommen, begleiteten ihn Bruckner und sein Werk, insbesondere die Symphonien, sein bisheriges künstlerisches Leben. Als großer Vermittler fungierte dabei der erfahrene Kollege Günter Wand: „Mein persönliches Verständnis von Bruckner hat vor allem Günter Wand geprägt […]. Während unserer langen Freundschaft lernte ich viel von ihm, vor allem über Bruckner und darüber, was Recherche, Werkerkenntnis und schließlich Werktreue wirklich bedeuten.“ (Erwarten Sie Wunder, S. 246).

Nagano entwickelte früh eine besondere Faszination für die Urfassungen (Fassungen) der Bruckner‘schen Symphonien. Mit dem DSO spielte Nagano die Dritte (2004), die Sechste (2005) und Achte (2006) sowie mit dem Bayerischen Staatsorchester die Vierte (2009), Siebente (2011) und Achte Symphonie (Urfassung, 2013) ein. Mit letzterem Orchester führte er beim Brucknerfest in Linz 2007 die Vierte auf. Das Tonhalle Orchester gab unter Naganos Leitung am 23.4.2015 in Zürich Bruckners Sechste Symphonie.

Schriften
  • (gem. mit Inge Kloepfer), Erwarten Sie Wunder! Expect the Unexpected. Berlin 2014
Literatur

THOMAS HANDSCHUH

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 14.12.2018

Medien

Kategorien

Normdaten (GND)

Nagano, Kent: 124119093

Links

ACDH-CH, Abteilung Musikwissenschaft