Windhaag bei Freistadt

Markt an der Nordgrenze Oberösterreichs, eine dem Stift St. Florian inkorporierte Pfarre. 1869: 228, 2019: 1.500 EW.

Von Oktober 1841 bis Jänner 1843 war Windhaag Bruckners erster Dienstort als Schulgehilfe. Franz Fuchs war seit 1822 Schulmeister in Windhaag, gleichzeitig auch Mesner, Organist, Musiklehrer und Nebenerwerbslandwirt. Sein schwieriger Charakter bereitete auch Pfarrer Franz Seraph von Schwinghaimb (Geistliche), 1831–1843 Pfarrer von Windhaag, Unbehagen. Bruckner hatte in diesem Umfeld die seinerzeit üblichen Hilfsfunktionen in Kirche, Schule und Landwirtschaft auszufüllen. Für seine schulischen Leistungen bekam er bei der Schulinspektion im Juni 1842 in Summe sehr gute Noten.

Der Unterricht von etwa 130 Schülern, aufgeteilt auf Vormittag- und Nachmittagunterricht, erfolgte im rund 44 m2 großen Schulzimmer der „alten“ Schule (heute Windhaag Nr. 7), deren Wohntrakt wegen arger Bauschäden seit Juli 1841 behördlich gesperrt war, sodass Bruckner und Familie Fuchs (diese bis Oktober 1843) vorübergehend im Haus Nr. 24 Unterkunft fanden.

Bruckner erhielt wie seinerzeit üblich beim Schulmeister Quartier und Kost, letztere freilich nicht immer nach seinem Geschmack, dazu monatlich 1 oder 2 fl C.M. Bargeld und vielleicht einen Teil der „kleinen Stola“ („Stolgebühren“, benannt nach der Stola des Priesters, wurden für kleinere und größere liturgische Dienste eingehoben).

Er war kein Kind von Traurigkeit und ließ – einer durchaus anzweifelbaren Überlieferung nach – mit brennenden Kerzen beklebte Krebse im Ortsfriedhof zum Schrecken ängstlicher Leute herumkriechen (Göll.-A. 1, S. 197). Bei der musikalischen Weiterbildung war Bruckner auf Selbststudien angewiesen. Für die Entfaltung der stark ausgeprägten musikalischen Neigungen gab es mehrere Gelegenheiten. Als Geiger war er mit Unterhaltungs- und Tanzmusik bei Gleichgesinnten, geselligen Zusammenkünften und ländlichen Unterhaltungen sowie in Gasthäusern anzutreffen. Besonders wohl fühlte sich Bruckner bei der kinderreichen Weber-Familie Sücka, Haus Nr. 43. Hier musizierte er im Duo bzw. Trio, konnte auf einem Clavichord üben (heute im Bruckner-Geburtshaus in Ansfelden) und bereitete den Sohn Franz Sücka auf den Besuch der Präparandie vor. Musizierpartner waren in Windhaag auch sein Violinschüler Joseph Jobst ([1832–1892], Sohn des Müllers Josef Jobst [II]) aus der gerne besuchten Felbermühle, Haus Nr. 10, und der Flöte spielende Wundarzt und Geburtshelfer Karl Beczey (Beszei, Besei etc., 1810–1862), Haus Nr. 30. Im entfernter gelegenen Leitmannsdorf, Pfarre Leopoldschlag, spielte Bruckner oft mit dem Bauernsohn Anton Preinfalk zusammen. Als Partner beim Landler-Geigen werden auch die Brüder Anton und Johann Mauer (auch Maurer) genannt, die bislang noch nicht identifiziert werden konnten. Aufschlussreiche Einblicke in das Ländler-Repertoire, aus dem Bruckner und seine Freunde schöpften, bieten mehrere in Abschriften und Kopien überlieferte Notensammlungen (heute im OÖ. Volksliedarchiv in Linz).

Auf der Kirchenorgel (Orgel) durfte Bruckner nicht so oft spielen, wie er es gewünscht hätte. Als Komposition ist nur die „Windhaager“ Messe in C-Dur erhalten.

Dass die Versetzung Bruckners in einen anderen Dienstort – nämlich nach Kronstorf – auf eigenes Verlangen erfolgte, ist so gut wie sicher, wenn auch direkte Anhaltspunkte aus amtlichen Quellen fehlen. Hierfür sprechen die empfehlenden Austrittszeugnisse von Pfarrer Schwinghaimb und Schulmeister Fuchs vom 19.1.1843. Noch bis 1878 besuchte Bruckner gelegentlich Windhaag.

In Windhaag erinnern an Bruckner eine vom Männergesangverein Freistadt 1897 gewidmete und 1968 erneuerte Gedenktafel an der alten Schule (Haus Nr. 7), sowie jene von der Brucknerbund-Ortsgruppe Windhaag gestiftete Tafel aus dem Jahr 1951 mit einem Bruckner-Relief, weiters die Beinamen der 1967 eröffneten Schule und der 1974 geweihten Orgel sowie die Bemühungen des 1946 gegründeten örtlichen Brucknerbundes. Am 4.5.1996 fand in Windhaag ein Festakt statt, bei dem u. a. auch Bruckners Zimmer im Haus Nr. 24 präsentiert wurde.

Literatur

FRANZ ZAMAZAL

Zuletzt inhaltlich bearbeitet: 1.7.2020

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