Karlsruhe
Zweitgrößte Stadt des deutschen Bundeslandes Baden-Württemberg. Sitz des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs sowie zahlreicher weiterer Gerichte, des Regierungspräsidiums und vieler sonstiger Behörden; Zentrum von Bildungsinstitutionen (seit 1825 Technische Hochschule, seit 1967 Universitätsstadt) und kulturellen Einrichtungen (z. B. Badisches Staatstheater, Museen usw.). Erst 1715 angelegte, ehemalige Residenzstadt des Großherzogtums Baden (bis 1918) und Landeshauptstadt des früheren Bundeslandes Baden (bis 1952). 1880: ca. 50.000, 2019: ca. 313.000 EW.
Karlsruhe nimmt in der Geschichte der Bruckner-Rezeption einen bedeutenden Rang ein. Wesentlichen Anteil daran hat zunächst der Schüler und Freund Bruckners Felix Mottl, der 1881–1903 als Kapellmeister am Hoftheater in Karlsruhe wirkte und die erste Aufführung einer Bruckner-Symphonie in Deutschland leitete: Er führte am 10.12.1881 in Karlsruhe die Vierte Symphonie auf – es war nach deren Uraufführung am 20.2.1881 in Wien erst die zweite Wiedergabe (zur teils ablehnenden Aufnahme durch die Karlsruher Kritiker vgl. Göll.-A. 4/1, S. 680ff.).
Am 30.5.1885 war in Karlsruhe im Rahmen einer Versammlung des Allgemeinen Deutschen Musikvereins, dem Franz Liszt als Präsident vorstand, unter der Leitung Mottls das Adagio aus der Siebenten Symphonie zu hören (zu den interessanten Begleitumständen vgl. Göll.-A. 4/2, S. 327ff.). 1898 führte Mottl das Te Deum, 1899 die vollständige Siebente und 1904 die Neunte Symphonie auf.
Nach der Gründung des Badischen Bruckner-Bundes (Bruckner-Gesellschaften) durch Fritz Grüninger am 9.6.1928 konnte dieser den damaligen Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Julius Finter (1872–1941), für die Abhaltung des 1. Badischen Bruckner-Festes gewinnen (5.–10.11.1929; Brucknerfeste und -feiern), das mit seinen Veranstaltungen (Konzerte, Vorträge, Ausstellungen usw.) eine große Resonanz erzielte. Grüninger und der Badische Bruckner-Bund erreichten auch, dass der 11.10. (Bruckners Todestag) in Karlsruhe als „Bruckner-Tag“ mit einem Bruckner-Konzert begangen wird. Ab 1926 setzte Josef Krips die Richard Wagner- und Bruckner-Tradition seines Vorgängers Mottl fort.
1940 wurde in Karlsruhe eine Bruckner-Gemeinde, geleitet vom Organisten und Komponisten Franz Philipp (1890–1972), gegründet, 1946 fanden eine Bruckner-Festwoche und 1962 Bruckner-Reger-Tage (mit einer Bruckner-Ausstellung in der Wirtschaftsoberschule) statt.
Literatur
- Göll.-A.August Göllerich/Max Auer, Anton Bruckner. Ein Lebens- und Schaffensbild (Deutsche Musikbücherei 36–39). 4 Bde. (in 9 Teilbänden [1, 2/1–2, 3/1–2, 4/1–4]). Regensburg 1922–1937, unveränd. Nachdruck 1974 4/4, S. 96, 120
- Leopold Nowak, Vorwort, in: NGAAnton Bruckner. Sämtliche Werke. Kritische Gesamtausgabe. Hg. v. der Generaldirektion der Österreichischen Nationalbibliothek und der Internationalen Bruckner-Gesellschaft. Wien 1951ff. (Editionsleitung: Leopold Nowak, auch als Neue Gesamtausgabe bezeichnet) IV/2 (1953)
- Jürgen Sachs, Entstehungs- und Aufführungsdaten der Messen, des Te Deum und der Symphonien Anton Bruckners, in: Bruckner-JahrbuchBruckner-Jahrbuch. (Wechselnde Herausgeber). Linz 1980ff. 1989/90, S. 265–275
- Rolf Keller, Bruckner-Rezeption in Südwestdeutschland, in: Bruckner-Symposion 1991Othmar Wessely (Hg.), Bruckner-Symposion. Bruckner-Rezeption. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1991. 18.–22. September 1991. Bericht. Linz 1994, S. 113–126
- Rolf Keller, Frühe Freunde Bruckners im deutschen Südwesten. Der Beginn der Brucknerpflege in Baden-Württemberg, in: Bruckner-Symposion 1994Othmar Wessely u. a. (Hg.), Bruckner-Symposion. Bruckner-Freunde – Bruckner-Kenner. Im Rahmen des Internationalen Brucknerfestes Linz 1994. 21.–25. September 1994. Bericht. Linz 1997, S. 151–160
- Schriftleitung/Berthold Freudenberger, Art. „Karlsruhe“, in: MGG²Ludwig Finscher (Hg.), Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. 29 Bde. (Sach- und Personenteil). 2. neubearb. Ausgabe. Kassel u. a. 1994–2008 4 (1996), Sp. 1798–1804
- Joachim Draheim, Karlsruher Musikgeschichte. Karlsruhe 2004, S. 32, 49